Die Geheimnisse der Klingenwelt - Seelenspalter (Ju Honisch)

Droemer Knaur (2017)
Klappenbroschur
896 Seiten, 12,99 EUR
ISBN: 978-3-426-51844-1

Genre: High Fantasy


Klappentext

Nur die Starken überleben in den Acht Reichen, die miteinander in einem endlosen Krieg um die Vorherrschaft liegen. Das begreift Maleni sehr schnell, als sie nach einem Massaker, dem ihr ganzes Dorf zum Opfer fällt, Aufnahme beim Orden der Xyi findet. Unerbittlicher Drill und ein geheimnisvolles Elixier lassen einen Teil von Maleni zur Assassinin Taryah werden, die ohne Mitleid zu empfinden oder Fragen zu stellen ihrem blutigen Handwerk nachgeht. Doch weder in den Acht Reichen noch beim Orden der Xyi sind die Dinge so einfach, wie sie scheinen. Und eines Tages muss Maleni erkennen, dass Taryah nicht nur ein Teil von ihr ist – sondern ihr größter Feind


Rezension

Maleni handelt pflichtbewusst und gewissenhaft. Taryah tötet effizient und gewissenlos. Die beiden sind wie Tag und Nacht und doch eins, denn sie teilen sich denselben Körper und damit dasselbe Schicksal. Vom Orden der Xyi zur kaltblütigen Assassinin Taryah ausgebildet, reist Maleni durch die Acht Reiche, die im Krieg miteinander liegen. Als Maleni eine eigenmächtige Entscheidung trifft, ist das Leben, so wie sie es kennt, beendet. Plötzlich ist sie die Gejagte und ihr Vertrauen in die Obrigkeit wird auf eine harte Probe gestellt. Auf der Flucht begegnet sie den Schmieden Umbrecht und Elgor, die eigene Pläne verfolgen. Dann ist da noch dieser geheimnisvolle Fremde, der aus dem Nichts auftaucht, um Maleni in letzter Sekunde zu retten. Maleni, deren Leben durch blinden Gehorsam geprägt ist, muss sich entscheiden, zu wem sie Vertrauen fasst: Den Schmieden, denen sie ihr Leben verdankt, dem Fremden, an den sie eine unerklärliche Vertrautheit fesselt, oder dem Orden der Xyi, dem sie ihre Treue geschworen hat.

Ju Honisch legt mit „Seelenspalter“ den Auftakt einer epischen High-Fantasy-Serie hin, verlangt dabei aber sehr viel Geduld, da die Handlung nur schleppend in Bewegung gerät. Die zahlreichen Charaktere sorgen in ihrer Vielfalt für Abwechslung, helfen allerdings nicht, die Handlung voranzutreiben, da die Autorin sich sehr viel Zeit nimmt, das vielseitige Personal vorzustellen und zu beschreiben. Malens Innenleben wird bis ins Detail geschildert, sodass das eigentliche Geschehen oftmals in den Hintergrund rückt. Dann wird jeder einzelne Gedanke ausgeschlachtet und von Neuem aufgerollt. Obwohl Maleni als verlässlich und besonnen geschildert wird, verstrickt sie sich stellenweise in Widersprüchlichkeiten, dann agiert sie tollpatschig und bedient das Klischee der Mary Sue. Immer wieder tauchen diese kleinen Unstimmigkeiten auf, die für ein schiefes Bild sorgen. Wenn schon so ins Detail gegangen wird, fällt es schnell auf, wenn Figuren wie Maleni plötzlich atypisch handeln.

Generell zelebriert Ju Honisch jeden einzelnen Moment, um das mittelalterliche Setting zu beschreiben. Wer einen gemächlichen Erzählton schätzt, wird sich hier wie zu Hause fühlen und für die Geduld belohnt werden. Die Bewohner und Bewohnerinnen der Klingenwelt stecken voller Abgründe und Geheimnisse, die es zu erforschen gilt. Honisch versteht es, die diversen Erzählstränge miteinander zu verflechten, sodass Vergangenes und Gegenwärtiges harmonisch ineinandergreifen. In einem eigenen Erzählstrang erfahren wir, wie Maleni in den Orden der Xyi aufgenommen wurde und wie ihre Ausbildung zur Assassine aussah. Um jenen Orden ranken sich so unglaubliche Legenden, dass der Geheimbund selbst zu einer Legende in den Köpfen der Bevölkerung geworden ist. Obwohl viel über den Clan der Xyi gesagt wird, tappt man als Leser*in doch im Dunkeln, was die genauen Strukturen und Beweggründe der Mitglieder betrifft. Es ist zu hoffen, dass in der Fortsetzung manche dieser Fragezeichen getilgt werden.

Liebhaber*innen des Assassin-Genres kommen auf ihre Kosten: Der Einsatz von unterschiedlichsten Waffen und durchchoreographierte Kämpfe sorgen für abwechslungsreiche Spannung. Zartbesaitet darf man allerdings nicht sein, denn vor allem was sexuelle Gewalt gegenüber Frauen betrifft, geht die Autorin schonungslos mit ihren Protagonistinnen um und stellt die Nerven ihrer Leser*innen auf eine harte Probe. Es stellt sich die Frage, an welches Publikum sich dieses Buch richtet. Die Charaktere scheinen in ihrer Unbedarftheit der Jugendliteratur entliehen. Auf der anderen Seite wird Gewalt (vor allem gegenüber Frauen) ohne Scheu als Stilmittel eingesetzt. Auch die Handlung gestaltet sich in ihren Wendepunkten vorhersehbar und wird erfahrene Vielleser*innen nicht beeindrucken können.


Fazit

„Seelenspalter“ bietet Eingang in eine mittelalterliche Fantasywelt, die durch Komplexität und vielseitige Charaktere besticht. Wer gerne in fremde Welten abtaucht, um sich vom Alltagsgrau abzulenken, wird hier fündig. Allerdings braucht es Geduld, bis die Handlung an Fahrt aufnimmt und man darf sich von Gewaltakten nicht abschrecken lassen.


Pro & Contra

+ groß angelegtes Universum mit einem vielfältigen Personal
+ dreiteilige Erzählstruktur, die für Spannung sorgt
+ lebensechte, actionreiche Kampfszenen

 o behäbiger Schreibstil mit Hang zum Detail

- extrem brutale Szenen
- Gewalt an Frauen als Stilmittel
- vorhersehbare Handlung

Wertung: sterne3

Charaktere: 3/5
Handlung: 3/5
Lesespaß: 2/5
Preis/Leistung: 5/5


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Tags: Ju Honisch, Assassinen