Verlag: Carlsen; (Mai 2019)
Gebundene Ausgabe: 80 Seiten; 12 €
ISBN-13: 978-3551713513
Genre: Grusel/ Krimi
Klappentext
Die Unheimlichen
In dieser Reihe interpretieren Comiczeichner klassische und moderne Schauergeschichten neu.
Herausgegeben von Isabel Kreitz.
Das Ahnen, Befürchten und Verbergen, das Fontanes Protagonisten quält, verwandelt Birgit Weyhe in Bilder: in den Kaffeesatz, der sich zum Totenschädel sammelt, ins Muster der Stola der besorgten Frau Hradscheck, in eine komplexe Welt der Zeichen des Grauens.
Rezension
Abel Hradscheck hat große Probleme. Der Wirt und Krämer trinkt und spielt zuviel und dadurch hat er beträchtliche Schulden angehäuft. Zudem möchte seine Frau Ursel möglichst gut leben, was sie zu einer Außenseiterin bei der Dorfbevölkerung macht. Eines Tages kommt es, wie es kommen muss. Einer seiner Gläubiger schickt einen Angestellten, Szulski, um das Geld einzutreiben. Hradscheck sieht nur einen Ausweg und der führt ihn auf einen Weg direkt in den Abgrund. Denn die neugierige Mutter Jeschke scheint mehr zu beobachten und zu wissen, wie es dem Ehepaar lieb sein kann.
Armut ist eine Bestie, die einen zerfleischt.
Dies ist mehr oder weniger der zentrale Satz in Unterm Birnbaum, denn er und seine Aussage bringen erst die Geschichte ins Rollen. Theodor Fontane schrieb diese Novelle als eine der wenigen Kriminalgeschichten in seinem Werk. Aber auch hier legte er sehr viel Wert darauf, die Menschen und ihr Umfeld zu charakterisieren. Nun ist eine Comicumsetzung von Birgit Weyhe in der Reihe Die Unheimlichen erschienen.
Eigentlich scheint Unterm Birnbaum nicht so ganz in die Reihe zu passen, denn bisher wurden klassische und moderne Grusel- und Schauergeschichten umgesetzt. Unterm Birnbaum ist jedoch eine Kriminalgeschichte. Allerdings eine, die durchaus Zeichen des Horrors trägt. Übernatürliches gibt es hier nicht, aber dies ist auch nicht zwangsläufig ein Muss für Horrorgeschichten. Es gibt genügend Filme und Romane als Beispiele, die sich ebenso nicht mit dem Übernatürlichen beschäftigen und dennoch als Horror gelten.
Ihren Horror beziehen sie aus den Figuren, aus ihrem Leiden und Sehnsüchten und aus einer dichten Atmosphäre. Und genau dadurch kann auch Fontanes Geschichte durchaus in Die Unheimlichen eingefügt werden.
Birgit Weyhe hat sich an die Umsetzung gewagt. Sie konzentriert sich hauptsächlich auf die düsteren Aspekte der Geschichte, die sie in einem reduzierten und minimalistischen Stil einfängt. Die Ängste und Emotionen der Charaktere liegen im Fokus, aus ihnen erwächst eine Düsternis, die sich überall finden lässt. Totenköpfe im Kaffeesatz und anderen Orten. Die Figuren, im Scherenschnitt dargestellt wenn nötig, und die teilweise verzerrte Darstellung der inneren Bestien ziehen den Leser in die Abgründe der Geschichte und entwickeln eine Spannung und Atmosphäre des Unheimlichen, die so nicht zu erwarten war.
Ein Problem gibt es jedoch beim Lesen. Birgit Weyhe kürzt die Handlung und lässt Teile der Handlung, die vielleicht besser drin geblieben wären, aus. Dadurch wird es teilweise schwerer der Geschichte zu folgen und sie lässt wichtige Informationen, die Fontane gab, weg. Ansonsten ist Unterm Birnbaum aber eine gelungene Umsetzung, bei der man sich anfangs vielleicht bessere Zeichnungen wünschen würde, da sie manchmal arg einfach sind, allerdings ist das schnell vergessen, da es gerade die Einfachheit ist, die den Leser hineinzieht und für die notwendige Stimmung sorgt.
Fazit
Birgit Weyhe setzt Theodor Fontanes Novelle in unheimlichen, düsteren Bildern um. Wer gerne Schauergeschichten liest, ist hier genau richtig.
Pro & Contra
+ düster und unheimlich
- Handlung etwas zu stark gekürzt
Bewertung:
Charaktere: 4,5/5
Handlung: 3,5/5
Zeichnungen: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln aus der Reihe Die Unheimlichen:
Rezension zu Frankenstein