Die lebende Tote (Olivier Vatine, Alberto Varanda)

Verlag: Splitter-Verlag; (Mai 2019)
Gebundene ausgabe: 72 Seiten; 18 €
ISBN-13: 978-3962193126

Genre: Grusel/ Horror


Klappentext

Wird es dem Biologen Joachim gelingen, dem Tod zu trotzen?

Der brillante Wissenschaftler, auf dem Mars wegen illegaler Forschungen verurteilt, wird von einer mächtigen und mysteriösen Frau entführt, die abgeschieden auf dem verheerten Planeten Erde lebt. Sie verlangt von ihm das Unmögliche: ihre junge Tochter wiederauferstehen zu lassen. Doch wer den Toten Leben einhauchen will, muss die Konsequenzen tragen...


Rezension

In einer fernen Zukunft leben die Menschen auf dem Mars und haben die verheerte Erde hinter sich gelassen. Nur Abenteurer, Schmuggler und Söldner kehren dorthin zurück, um Dinge aus vergangenen Zeiten zu bergen und einige Dinge, wie Bücher mit verbotenem Wissen, auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Als eine der Wenigen, die permanent auf der Erde leben, bewohnt Martha mit ihrer Tochter und ein paar Angestellten, unter anderem einem Androiden, ein Schloss in den Pyrenäen, welches in seiner Architektur an Neuschwanstein angelehnt ist. Als ihre Tochter Ilse bei einem Unfall stirbt, lässt sie den Wissenschaftler Joachim zu sich bringen. Der soll ihre Tochter zum Leben erwecken. Joachim hat Angst vor der Aufgabe, aber er hat praktisch keine Wahl. Auf dem Mars ist er ein Verbrecher, da er sich für die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Vergangenheit interessiert. So macht er sich an die Arbeit und gerät immer tiefer in einen Strudel der Dunkelheit, der ihn unter Umständen vernichten wird.

Olivier Vatine ist ein äußerst umtriebiger Autor. Neben einem der absoluten Science Fiction Klassiker, Aquablue, hat er auch in verschiedenen anderen Genres gearbeitet. Unter anderem ist er an der ebenfalls bei Splitter erscheinenden Conanumsetzung beteiligt und hat ebenso für Star Wars geschrieben. Mit Die lebende Tote widmet er sich dem Horror-/ Gruselgenre. Für seine Geschichte bedient er sich dabei bei den großen Horrorklassikern, modernisiert sie und vermischt sie zu etwas eigenem. Seine Vorbilder sind mit Mary Shelleys Frankenstein und dem Cthulhu-Mythos eindeutig auszumachen, wobei auch ein kleiner Schuss Alien – Die Wiedergeburt mit hinein spielen könnte, da eine grundlegende Idee dort ebenso benutzt wird und, das sei vorweggenommen, bereits dort unlogisch erschien.
Gleich zu Beginn wirft Olivier Vatine den Leser in die Handlung hinein, präsentiert erste Rätsel und sorgt für die ersten schaurigen Momente. Danach nimmt er sich einen Moment Zeit, um seine Charaktere vorzustellen und die Handlung zu entwickeln. Sobald Joachim aber seinen Auftrag erhält, zieht Vatine die Spannung und den Gruselfaktor an. Übergroße Spinnen mögen anfangs für etwas Schrecken sorgen, aber der wahre Horror lauert in uns Menschen und eben auch in Joachim und Lises Mutter. Sein unbändiger Forscherdrang und ihre Sehnsucht nach ihrer Tochter muss einfach, wie bereits in Frankenstein, zur Katastrophe führen. Die Frage ist nur, wie sie eintreten wird. Und hier nutzt Vatine den Cthulhu-Mythos, den er eigentlich auf eine geschickte Art und Weise einbaut und variiert. Seine Monster aus der Tiefe erinnern sehr stark an die Geschöpfe Lovecrafts und doch ändert er hier genug, um eigenständig zu bleiben. Der Horror wächst und wächst und kulminiert in einem großen, düsteren Finale. Er macht eigentlich alles richtig und gerade deswegen sind die kleineren Stolpersteine, die in der Handlung vorhanden sind, eben ärgerlich.
Der Größte dabei ist der Umstand, dass bei der Klonung von Lise etwas mit übertragen worden sein soll, was eigentlich nicht möglich ist. Dies war bei Alien – Die Wiedergeburt ärgerlich und ist es auch hier, da es eine Abkürzung statt einer wirklichen Erklärung ist. Wie gesagt, es gibt noch ein zwei andere Kleinigkeiten, aber dies ist der einzige Punkt, der stört, da Olivier Vatine ansonsten eine richtig gute Geschichte erzählt, die zwar einem bekannt vorkommt, die aber frisch und neu wirkt und ihre eigenen Akzente setzen kann.

Die Zeichnungen von Alberto Varanda sind hingegen über jeden Zweifel erhaben. Es ist erstaunlich wie wandelbar er in seinem Stil ist. Der Schöpfer von Benjamin legt hier einen düsteren Comic vor. Seine Zeichnungen sind klar, fangen alles wesentliche ein und doch sind sie bedrückend und bedrohlich. Mit fortschreitender Handlung treten die Schraffuren immer weiter hervor, machen Bild und Atmosphäre dunkler und ziehen Charaktere und Leser immer weiter in den Abgrund. Dies ist hier Grusel- und Horroratmosphäre pur und Varandas Zeichnungen entschädigen für so manchen Stolperstein in der Handlung. Diese fallen praktisch gar nicht mehr ins Gewicht. Er kombiniert Science Fiction mit den Elementen des 19. Jahrhunderts und erzeugt dadurch eine außergewöhnliche Wirkung.
Es gibt eine weitere Ausgabe bei Splitter dieses Comics, die sogenannte Diamantausgabe, die den ganzen Comic in schwarz-weiß präsentiert. Bei Betrachten seiner wirklich ausdrucksstarken und stimmungsvollen Bildern, wird klar, dass Alberto Varandas Zeichnungen eigentlich genauso betrachtet werden müssen, da das Fehlen von Farben mit Sicherheit zur Atmosphäre beitragen wird. Wer das Geld über hat, sollte unbedingt zu dieser teureren Ausgabe greifen. Aber auch so verfehlt Varandas Umsetzung nicht seine Wirkung.


Fazit

Inhaltlich ist Die lebende Tote mit kleineren Schwächen behaftet, aber was auch immer da stören mag, Alberto Varanda reißt alles mit seinen Zeichnungen heraus. Er erschafft eine düstere Horroratmosphäre in grandiosen Bildern. Dadurch funktioniert der Mix aus Frankenstein, Cthulhu und anderen Horrorelementen und der Leser wird von einer gruseligen und spannenden Geschichte gebannt.


Pro & Contra

+ Alberto Varanda liefert eine Glanzleistung ab
+ wilder Mix aus alt und neu

0 kleinere Schwächen bei der Handlung

Bewertung:

Charaktere: 4/5
Handlung: 4/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Olivier Vatine:

Rezension zu Aquablue Gesamtausgabe Bd.1

Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Alberto Varanda:

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