Broken Angels (Richard K. Morgan)

Del Rey (März 2004)
Taschenbuch
384 Seiten, 14,63 EUR
ISBN: 978-0345457714

Genre: Science Fiction


Klappentext

Cynical, quick-on-the-trigger Takeshi Kovacs, the ex-U.N. envoy turned private eye, has changed careers, and bodies, once more . . . trading sleuthing for soldiering as a warrior-for-hire, and helping a far-flung planet’s government put down a bloody revolution.

But when it comes to taking sides, the only one Kovacs is ever really on is his own. So when a rogue pilot and a sleazy corporate fat cat offer him a lucrative role in a treacherous treasure hunt, he’s only too happy to go AWOL with a band of resurrected soldiers of fortune. All that stands between them and the ancient alien spacecraft they mean to salvage are a massacred city bathed in deadly radiation, unleashed nanotechnolgy with a million ways to kill, and whatever surprises the highly advanced Martian race may have in store. But armed with his genetically engineered instincts, and his trusty twin Kalashnikovs, Takeshi is ready to take on anything—and let the devil take whoever’s left behind.


Rezension

Während „Altered Carbon“ eher einem Noir-Krimi glich und auf der Erde spielte, ist „Broken Angels“ auf dem Planeten Sanction IV angesiedelt, wo gerade ein Bürgerkrieg tobt, dessen Brutalität und Sinnlosigkeit immer wieder thematisiert werden. Hier treffen wir den Ich-Erzähler Takeshi Kovacs 30 Jahre nach dem Ende von „Altered Carbon“ von feindlichen Geschützen durchlöchert wieder. Letzteres ist dank fortgeschrittener Biotechnologien temporär. Ein Gespräch, dass er mit einem sonderbaren Fremden führt, wird dagegen weitaus langfristigere Konsequenzen haben, denn Jan Schneider erzählt ihm von der spektakulären Entdeckung der Forscherin Tanya Wardani: Ein Portal der legendenumwobenen Marsianer, das zu einem ihrer Raumschiffe führt. Schneider bietet Takeshi an, bei dessen Erschließung zu helfen, und stellt sagenhaften Reichtum in Aussicht.

Sie befreien die psychisch schwer von ihren Erfahrungen gezeichnete Tanya Wardani aus einem Gefangenenlager und machen sich inmitten des Konflikts auf die Suche nach Verbündeten für ihr gefährliches Unterfangen. Immer wieder gilt es, Kriegsparteien und ehrgeizige Unternehmer für ihre Zwecke zu manipulieren, und es stellt sich heraus, dass diese Zwecke in sehr verschiedene Richtungen gehen.

Takeshi, Schneider, Wardani und der Unternehmer Mathias Hand, den sie auf ihre Seite ziehen konnten, rekrutieren nun ein Team aus gefallenen SoldatInnen, die ihnen in neuen Körpern dabei helfen, das Portal zu sichern. Es handelt sich bei ihnen um eine spannende Truppe von Menschen mit sehr verschiedenen, markanten Persönlichkeiten, deren Gespräche mal albern sind, mal auch ernstere Themen und schwer zu verarbeitende Erfahrungen streifen.

In einer durch Nuklearwaffen verwüsteten Stadt, in welcher ihre aktuellen Körper langsam an der Strahlung sterben, arbeiten sie fieberhaft daran, das Portal zu öffnen. Doch sonderbare Vorkommnisse lassen das Misstrauen innerhalb des Teams wachsen und fordern bald die ersten Todesopfer. Und dann sind da noch Takeshis ehemalige Auftraggeber, die eine Erklärung für sein Verschwinden fordern

Im Laufe der Handlung finden die Figuren mehr über das verwirrende Erbe der Marsianer heraus, das der Menschheit große technische Fortschritte ermöglicht hat, ihr aber noch größere Rätsel aufgibt. Die fremdartige Architektur dieser Wesen wird eindrucksvoll geschildert. Insgesamt gibt es einige atmosphärische Beschreibungen. So beobachtet Takeshi zum Beispiel das sonderbar glatte Meer des mondlosen Planeten, das in ihm Bilder von Dingen weckt, die unter der zu ruhigen Oberfläche lauern, und er hat auch den einen oder anderen interessanten Kommentar zu anderen Dingen auf Lager beziehungsweise fordert andere Figuren dazu heraus, sich zu schwierigen Themen zu positionieren. Tatsächlich ist es ein Muster, dass Takeshi immer dann, wenn man von diesem zwischen Wut und Selbstgefälligkeit, Zynismus und gerechter Empörung schwankenden und etwas zu sexbesessenen Antihelden genervt ist, irgendetwas sagt oder denkt, was das Interesse für ihn zurückbringt.

Wieder gibt es eine Menge blutige, kreativ inszenierte Kämpfe, extreme Gewalt und Ungerechtigkeit, clevere Pläne und unerwartete Enthüllungen. Allerdings ist die eine oder andere Offenbarung geheimer Absichten nicht so wirkungsvoll, wie sie sein könnte, weil man über der verschachtelten Handlung leicht vergisst, was ursprünglich gesagt wurde. Auch Takeshi lässt sich erst ganz am Ende in die Karten schauen, was eine Überraschung mit sich bringt, aber es für den Großteil des Buches schwer macht, seine Motivation nachzuvollziehen. Leser*innen, die sich in das Konzept des Science-Fiction-Detektivromans verliebt haben, dass in „Altered Carbon“ sehr gut funktioniert hat, könnten von diesem mit Subplots überfrachteten Buch enttäuscht sein, das sich wieder eher wenig Zeit nimmt, die auf die Implikationen der spannenden Technologien einzugehen, die hier eingeführt werden.

Auf Deutsch ist der zweite Band der Trilogie in einer Übersetzung von Bernhard Kempen als „Gefallene Engel“ erschienen. Allerdings scheint die gedruckte Ausgabe nur noch gebraucht erhältlich zu sein.


Fazit

Mit „Broken Angels“ hängt die bildgewaltige Takeshi-Kovacs-Trilogie in der Mitte durch, aber liefert dennoch einen spannenden Anschluss an „Altered Carbon“, der ganz andere Facetten von Richard K. Morgans Science-Fiction-Welt zeigt und einprägsame Figuren einführt.


Pro und Contra

+ neue Facetten der Welt, neue Themen, spannende neue Charaktere
+ versteckte Absichten und überraschende Enthüllungen
+ ungewöhnliche, geheimnisvolle Aliens
+ interessante Interaktionen zwischen den Figuren

o extreme Gewaltdarstellungen, Buch setzt z.T. stark auf Schock/Voyeurismus

- Schwelgen in überzeichneten Sex-Szenen, deren Begründung teilweise an den Haaren herbeigezogen ist
- hier und da verwirrend, zu viele Subplots
- Voodoo praktizierende Figuren als visuell ansprechendes Detail, das nicht tiefer durchdacht scheint

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3,5/5


Rezension zu "Altered Carbon" (Bd. 1)

Rension zu "Woken Furies" (Bd. 3)

Tags: Cyberpunk, Richard K. Morgan