Flammenflug (Melissa Caruso)

Caruso M Flammenflug

Bastei Lübbe Verlag, 1. Auflage, Mai 2019
Taschenbuch, 510 Seiten,
OT: The Tethered Mage – Book I of the Sword and Fire Trilogy
16,00 Euro [D]
ISBN-13: 978-3-40420-946-0

Genre: Fantasy


Klappentext

Ihre Magie können sie binden. Doch Feuer ist nicht bezähmbar!
Magie ist eine gefährliche Waffe! Je mächtiger ein Magier, desto größer die Gefahr, dass seine Kraft außer Kontrolle gerät. Deswegen wird im Stadtstaat Raverra jeder Magier bereits als Kind ins Militär eingegliedert und an einen sogenannten Falkner gebunden, der die Kraft seines schutzbefohlenen „Falken“ kontrolliert.
Die Feuermagierin Zaira konnte diesem Schicksal entgehen. Als sie jedoch in Gefahr gerät, entfesselt sie einen magischen Feuersturm. Nur durch das Eingreifen der Grafentochter Amalia kann Schlimmeres verhindert werden. Doch nun sind die jungen Frauen magisch miteinander verbunden. Ein Bund, der nicht rückgängig gemacht werden kann und von beiden große Opfer fordert …


Der Autor

Melissa Caruso bezeichnet sich selbst als Fantasyautorin, Teetrinkerin, Geek und Mutter – nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Sie studierte Kreatives Schreiben an der Brown University und bestand mit Auszeichnung. Danach schloss sie einen Master of Fine Arts an der University of Massachusetts an. Flammenflug ist ihr Debüt. Der Roman stand auf der Shortlist für den MORNINGSTAR AWARD, den David Gemmel Award für das beste Debüt 2017. Marissa Caruso lebt mit ihrem Ehemann, einem Programmierer, und ihren beiden Töchtern in Massachusetts.


Rezension

Im Stadtstaat Raverra gelten Magier als wertvolles Gut. Zeigt sich eine Gabe in jungen Jahren werden die Kinder mit einem Geschüh, einem magischen Armband gebunden, und dem Militär zugeteilt. Als so genannte Falken leben sie auf einer Festungsinsel, die Stallungen, und werden dort ausgebildet. Von nun an kann nur der zugehörige Falkner die Magie seines Falken entfesseln. Zaira ist diesem Schicksal als Kind entgangen. Obwohl die Falken in den Stallungen ein gutes Leben führen, empfindet sie das Leben als Falken als Sklaverei. Ihr Leben in Freiheit findet jedoch ein jähes Ende, als sie sich eines Tages gegen mehrere Schläger zur Wehr setzen muss. Zur Verteidigung entfesselt sie ihre Magie – eine Art von magischen Feuer, das sich Fleisch, Holz und Stein frisst. Außer Kontrolle kann das Schadfeuer eine ganze Stadt zerstören. Diese Befürchtung haben auch Amalia, eine junge Adlige, und der Soldat Marcello, die mitansehen, wie Zaira die Kontrolle zu verlieren droht. Da Marcello bereits an einen Falken gebunden ist, bittet er die junge Frau neben sich um Hilfe. Nichtsahnend, dass Amalia als Tochter der Gräfin Carnaro, irgendwann in den Rat der Neun, aufsteigen wird und keinen Falken haben darf. Um ihre Stadt zu retten, stimmt Amalia zu. Von nun an ist sie nicht nur an einen höchst starrköpfigen und unwilligen Falken gebunden, sondern muss sich auch mit einer politischen Intrige herumschlagen, der ihre Heimat in einen verheerenden Krieg stürzen könnte.

Caruso Grundidee von zwei ungleichen Charakteren, die ungewollt aneinander gebunden sind, in einer Welt voller Magie verspricht eine unterhaltsame Geschichte. In der Tat springt die Autorin gleich in ihren Stadtstaat Raverra und lässt die junge Amalia auf der Suche nach einem Buch in das Armenviertel eintauchen. Hier stößt die Protagonistin auf Zaira, die von mehreren Schergen bedroht wird, und die Geschichte nimmt mit der wirklich eindrucksvoll geschilderten Feuermagie Fahrt auf. Im Anschluss gelingt es Caruso jedoch nicht, dieses Momentum zu halten. Sobald Zaira gebunden ist, verlagert sich die Handlung auf politische Diskussionen, um zu erörtern, welche Auswirkungen der geschlossene Bund hat. Denn, in Raverra ist es den Familien der Regierung verboten, Falkner zu stellen, um das empfindliche Gleichgewicht im Reich nicht zu gefährden. Amalia ist nicht nur die Tochter mächtigen Gräfin, sondern deren Erbin, und soll eines Tages deren Platz im Rat der Neun einnehmen. So kommt die Geschichte im ersten Drittel des Buches kaum von der Stelle.

In der Tat nehmen politische Verstrickungen, strategische Beratungen und Intrigen den Großteil der Handlung ein. Zaira tritt in den Hintergrund. Meist ist sie dazu verdammt, in den Stallungen zu warten, bis Amalia kommt und sie auf einen ihrer Ausflüge mitnimmt. In diesen Momenten zeigt sie sich zickig, unzugänglich und ist verständlich aufgebracht, über ihre Gefangennahme. In anderen Augenblicken, die recht spärlich bleiben, kann sie mit ihrem geschärften Überlebensinstinkt und einigen Geistesblitzen brillieren. Allerdings schafft sie es nicht, als realistischer Charakter zu erscheinen. Amalia hingegen begleitet den Hauptteil der Geschichte. Die junge Frau möchte eigentlich nur ihren Studien nachgehen, findet sich aber in einer Intrige und plötzlich auch in einem Detektiv-Plot, als sie eigenhändig versucht, die Hintermänner des Komplotts ausfindig zu machen. Caruso zeichnet sie als besonnene Figur, die alles daran setzt, um das Schadfeuer Zairas nicht gegen eine andere Stadt einsetzen zu müssen. In der Masse an Dialogen und den Informationen, die die Autorin über ihre Welt streut, teilweise mehrfach, verliert sich Amalia allerdings als Charakter und bleibt, trotz eingebauter tragischer Liebesgeschichte, ebenso eindimensional wie der Rest. Gerade einige der Nebencharaktere, wie Amalias Mutter wirken teilweise konstruiert.

Als Handlungsort hat sich Caruso von Venedig inspirieren lassen. Die Figuren haben alle italienisch angehauchte Namen und die Kanäle der Stadt sind regelmäßig Kulisse der Handlung. Die bildliche Gestaltung ist gelungen, auch wenn die Informationen drum herum teilweise zu rasch in zu großer Menge geliefert werden. Die Grundidee der Falken, als moderne Form der Sklaverei, ist an sich interessant, wird aber nur oberflächlich gestreift. Es ist fragwürdig, ob die Begriffswahl aus der Falknerei hier sinnvoll ist. Nichts in der Welt, die sehr an unserer angelehnt ist, deutet an, dass es nicht auch richtige Falken und Falkner gibt. Auch Stallungen gibt es sicherlich zur Genüge, doch die Festung der Falkner hat nicht einmal einen anderen beinahmen. Die Tatsache Konflikt, das Zaria und andere Falken als „Schutzmaßnahme“ eingefangen, ihrer Magie beraubt und weggesperrt werden, wird in der Bevölkerung und von den Charakteren gelassen hingenommen. Dabei böte sich hier gutes Potenzial für einen innenpolitischen Konflikt. Caruso verpasst auch dieGelegenheit, Zaira und Amalia den Umgang mit Magie üben zu lassen.

Sprachlich ist Flammenflug solide aufgebaut und sehr bildlich. In den wenigen Momenten, in denen Zaira ihr Feuer entfacht, entfaltet Caruso ihr Können. Diese Szenen sind wahre Poesie, bildgewaltig und beeindruckend. Es sind diese Momente, die zeigen, was Flammenflug hätte sein können, wenn es nicht in Politik ersticken würde.


Fazit

Flammenflug ist Melissa Carusos erster Roman und es finden sich einige Aspekte, die dies sehr deutlich machen. So punktet die Geschichte mit einer spannenden Grundidee, die Raum für Konflikte und Action liefern könnte. In der Umsetzung stellt sich Caruso aber selbst ein Bein, da sie Zaira so gefährlich macht, dass Amalia Angst hat, die Feuermagie freizusetzen. Statt Unterhaltung hasten wir mit Amalia von einem Ort zu anderen und führen Dialoge, um einen Krieg zu verhindern. Die aufgebauschte politische Intrige nimmt den Charakteren die Luft zum Atmen und der Handlung die Dynamik. Hier wäre weniger mehr gewesen.


Pro/Contra

+ Grundidee
+ Altes Venedig als Handlungsort
+ unterschiedliche Arten des magischen Talents
+ mitunter poetischer Schreibstil

o Begriffswahl

- Magie und Fantasy-Elemente sind kaum zu finden
- Charakteren fehlt Tiefe
- Handlung zu fokussiert auf Dialoge und Politik

Bewertung: stern2

Charaktere: 2,5/5
Handlung: 2/5
Lesespaß: 2/5
Preis/Leistung: 2/5