Unsichtbare Schätze - Kleinverlagsperlen Teil 2

Liebe LeserInnen,

kürzlich habe ich Euch einige tolle Bücher aus Kleinverlagen vorgestellt und mich dabei auf aktuelle Titel konzentriert. Dieses Mal will ich  Bücher ins Rampenlicht rücken, die mich in den letzten Jahren nachhaltig beeindruckt haben - und die Ihr natürlich immer noch bei den jeweiligen Verlagen erwerben könnt (oder online oder im Buchhandel).

Britta Strauß ist eine jener Autorinnen, die eine ganz besondere, dichte Atmosphäre in ihren Büchern schafft. Besonders gefallen hat mir "Hunter's Moon", ein einzigartiger Mix aus Dark Fantasy und Historik. Ende des 18. Jahrhunderts kämpfen Siedler in den Rocky Mountains ums Überleben. Der Winter ist extrem hart und zu allem Übel durchstreifen grauenerregende Kreaturen den Wald um das Fort. Der Indianerkrieger Kainah soll der Einzige sein, der jemals einen dieser sagenumwobenen Kocodjos getötet hat. Kainah denkt nicht daran, den weißen Menschen zu helfen, doch durch eine List wird er dazu gezwungen. Kate, eine der letzten Frauen im Fort, ist fasziniert von dem Indianer. Man könnte jetzt an einen seichten Liebesroman denken, doch "Hunter's Moon" ist eine sehr düstere, schmerzhafte und aufrichtige Liebesgeschichte. Zunächst wirkt Kate unsicher, da die Männer im Fort sie in die Rolle der schwachen Frau drängen, die kochen soll und Wunden verarzten. Kainah hingegen behandelt sie respektvoll und sieht sie als gleichwertige Partnerin. Es ist rührend zu lesen, wie die beiden sich näherkommen und wie Kate sich dabei selbst besser kennenlernt - und man ist abgestoßen von der Ignoranz und den Vorurteilen der Nebencharaktere. "Hunter's Moon" ist klirrend kalte Dark Fantasy mit einer starken Protagonistin, die über sich hinauswächst und dabei durchweg authentisch bleibt. Sehr lesenswert ist auch Britta Strauß' Fantasyroman "Indigo & Jade".

(bestellbar bei Drachenmond)

Als Steampunk-Fan sollte man unbedingt einen Blick in das Programm von Art Skript Phantastik werfen. Verlegerin Grit Richter bescherte uns unter anderem die beiden wundervollen Steampunk-Anthologien "Steampunk Akte Deutschland" und "Die dunkelbunten Farben des Steampunk". Wie bei den meisten Kurzgeschichtensammlungen gibt es einige durchschnittliche und gute Beiträge, aber dazu auch immer einige herausragende Perlen, die die Leserschaft begeistern. Beide Anthologien bieten eine große Viefalt an Themen und Genreschwepunkten (klassischer Steampunk, Fantasy, Mystery), hinzu kommt die unglaublich liebevolle Gestaltung. Insbesondere "Die dunkelbunten Farben des Steampunk" ist mit seinen bunt gedruckten Texten ein Hingucker. Die neuste Steampunkanthologie von Art Skript Phantastik heißt übrigens "Aeronautica - Logbuch der Lüfte" und dürfte ebenfalls ein kleines Juwel sein (wird demnächst angeschafft).

(erschienen bei Art Skript Phantastik)

Mit "Die Seelenlosen - Die Stadt der Maschinenmagie" hat Tanja Meurer einen komplexen Steamfantasy-Roman verfasst, der stark von der Entwicklung der Charaktere lebt. Protagonist Gwenael ist die Machtspiele und Intrigen in seiner Familie leid und flüchtet in die Stadt Valvermont, wo er sich als neuer Commandant der Stadtwache Respekt verdienen muss und dabei auch noch gleich mit einem Mord konfrontiert wird. Sein langjähriger Lebensgefährte Orin begleitet ihn, doch die Liebe beginnt zu zerbrechen und Gwenael muss schmerzhaft erkennen, dass Orin dunkle Geheimnisse hat. Gwenael leidet natürlich unter dem Verlust, aber er wächst auch daran und lernt sich selbst neu kennen. Einerseits bringt er als Protagonist viel Lebenserfahrung mit, andererseits ist er ein herzensguter Charakter, der sich stark auf das Positive konzentriert und daher manchmal fast naiv erscheint. Der Krimiplot bietet einige Überraschungen und ist durchaus unterhaltsam, interessanter sind jedoch die Stadt Valvermont, die Mitteralter und Industrialisierung in sich vereint, und ihre Bewohner. Insbesondere die sehr gebildete Marianne mit ihrem losen Mundwerk und der junge Dieb Jaleel, der aufgrund seiner Herkunft ausgegrenzt wird, kommen gut bei der Leserschaft an.

(bestellbar bei Dead Soft)

Zum Abschluss kommt jetzt noch was Aktuelles. Feder & Schwert ist einer jener Kleinverlage, die in diesem Jahr leider Insolvenz anmelden mussten. Umso wichtiger ist es, dass ihr bei "Hexagon - Pakt der Sechs" von Henning Mützlitz schnell zuschlagt. Der Autor inszeniert eine finstere Gothic Novel im Frankfreich des 17. Jahrhunderts und lässt fiktive Charaktere an der Seite von historischen Persönlichkeiten wie César de Rochefort gegen die Ausgeburten der Hölle kämpfen. Während die Männer im Roman sich oftmals überschätzen, punkten viele Frauenfiguren mit Stärke und Besonnenheit. Selbst die anfangs klischeehaft schwach dargestellte Cécile erblüht im Angesicht der diabolischen Schrecken zu einer Hoffnungsträgerin. Dazu gibt es äußerst unterhaltsame und teils herrlich sarkastische Dialoge und die Charaktere müssen diverse Rückschläge verkraften, was die Spannung hochhält. Ich war anfangs etwas skeptisch, ob "Mantel und Degen" und höllische Dark Fantasy gut miteinander harmonieren, aber die Mischung ist Henning Mützlitz ganz ausgezeichnet gelungen. (bestellbar bei Feder & Schwert)

Ich hoffe, der eine oder andere Titel spricht Euch an, demnächst folgen mehr Tipps aus der Kleinverlagsszene.

Viele Grüße von Eurer

Judith