Verlag: Dantes Verlag; (August 2019)
Softcover: 164 Seiten; 17 €
ISBN-13: 978-3946952343
Genre: Thriller
Klappentext
Wie viel von einem Monster musst du in dir haben, um ein Monster jagen zu können?
John Cain ist schon so lange bei der Mordkommission, dass ihn nichts mehr erschüttern kann, nicht mal ein herzzerreißender persönlicher Verlust. Doch dann landet ein Fall auf seinem Tisch, der seine Schutzschilde durchschlägt – der Fall eines ermordeten Mädchens, der ihm nahegeht. Zu nahe. Bis jetzt war er ein guter Polizist – einer, der die Regeln befolgt, weil sich so die besten Resultate erzielen lassen. Weil sich so die Straßen der Stadt vom Abschaum säubern lassen. Doch dann macht er den Eltern des Mädchens ein kaltes Versprechen: Er wird dafür sorgen, dass der Täter nicht davonkommt. Nicht dieser Täter. Er wird ihn zur Strecke bringen. Koste es, was es wolle. Auch wenn der Preis vielleicht zu hoch ist.
Rezension
John Cain ist Polizist, sogar ein guter. Aber sein beiden neuesten Fälle fordern ihm alles ab. Zuerst finden er und sein Partner in einer Lagerhalle Leichen junger Frauen und Männer, die tote Babys für den Drogenschmuggel einsetzten und dann bekommt er den Fall eines ermordeten Mädchens. Sie wurde zerteilt und in Kisten vor einem Geschäft abgestellt. Dieser Fall bricht Cain endgültig. Er schwört den Täter zur Rechenschaft zu ziehen und er kennt ihn nach kurzer Zeit. Der Lehrer der neun Jahre alten Tiffany ist derjenige, der sie tötete. Nur sieht es so aus, dass ihm nichts nachgewiesen werden kann.
Warren Wellis hat im Lauf seiner Tätigkeit viele Comics geschrieben, auch viele brutale Comics. Aber sie alle kamen mit dem daher, was Matt Fraction als einen Löffel Zucker bezeichnet. Mit etwas, dass den Leser trotz allem irgendwie noch mit einem guten Gefühl entlässt, dass alles irgendwie in Ordnung kommt, das es zu Unterhaltung macht. Narben ist nichts von alldem. In Narben beschäftigt sich Warren Ellis mit der harten Realität, mit dem was ein Mensch aushalten kann, bevor er zerbricht. Eine Atempause für John Cain und den Leser gibt es nicht. Vieles wird als düster bezeichnet, aber was das wirklich bedeutet, zeigt Ellis hier in Narben. In Narben wird es richtig finster und es scheint nicht so, als ob etwas besser werden könnte. Ganz im Gegenteil wirft Warren Ellis hier einen harten und pessimistischen Blick auf die Welt, in der Dinge wie Morde an Kindern geschehen können. Wenn in Sieben Brad Pitts Charakter am Ende in die Kiste sieht, so ist das ein kurzer Blick auf das Grauen, welches in Narben auf den Leser lauert.
Narben ist kein Thriller für nebenher, um sich zu amüsieren. Narben ist unbequem, macht betroffen, zieht den Leser hinab und sorgt dafür, dass er nach jedem Kapitel eine kleine Pause braucht, um mit dem zurecht zu kommen, was sich da gerade abgespielt hat. Denn Narben fühlt sich viel zu real an, bösartig real und lässt den Leser und seine Gedanken nicht aus seinen Fängen. Dabei ist Warren Ellis` Geschichte keineswegs voyeuristisch oder auf Blut aus, oder extrem brutal, sondern es ist einfach nur erschreckend und es nimmt den Leser mit, was John Cain und andere ertragen müssen und genau dies ist ein Schrecken, der einen viel mehr mitnimmt, als es jeder Horrorfilmmörder könnte.
Warren Ellis Narben handelt nicht vom typischen Serienkiller und dem Polizisten, der ihn jagt. John Cain ist kein kühler Analytiker oder jemand, der sich in den Killer hineinversetzen kann.
John Cain ist ein menschliches Wrack. Kein cooles Wrack, wie es sehr häufig in Filmen und Büchern vorkommt. Er ist kein Punisher, kein John McLane, er ist einfach physisch und psychisch fertig, am Ende und er will eigentlich nur eins - dass der Schmerz und der Horror aufhört. Aber genau das wird nicht passieren. Denn in Warren Ellis´ Welt gibt es keinen einfachen Weg ins Glück.
Narben ist zwar von 2002/ 2003, aber trotzdem dürfte er nie besser gewesen sein und vermutlich sich schwerlich übertreffen können, egal was noch kommen mag.
Narben ist ab 18 Jahren empfohlen und diese Altersangabe ist vollkommen richtig, nicht wegen der graphischen Gewalt, sondern wegen dem, was darunter liegt und was Gewalt aus Menschen werden lässt.
Jacen Burrows unterstützt Warren Ellis perfekt in seinem Unterfangen, dass Grauen und den Horror der Realität einzufangen und dabei einen Menschen bis an die Grenze seiner Belastbarkeit zu führen. Er zeichnet nicht übertrieben dunkel, er versteckt nichts in den Schatten und lässt den Leser nur ahnen, was hinter der nächsten Ecke wartet, nein, er zeichnet klar, hell und zeigt genau, was Sache ist. Er beschönigt nichts und gerade deswegen gelingt es ihm, eine unheimliche dichte Atmosphäre zu kreieren, die einen immer mal wieder schlucken lässt. Klar sind die Charaktere recht einfach gezeichnet und er arbeitet nicht allzu viele Details ein, aber für diese Geschichte ist es genau der richtige Stil, um Warren Ellis sein Ziel mit Narben erreichen zu lassen.
Fazit
Narben tut weh. Nicht nur dem Protagonisten wird so manches abverlangt, sondern Warren Ellis fordert ebenso seine Leser. Narben ist intensiv, sehr intensiv sogar und nichts für schwache Nerven oder jemanden, der bittere Medizin mit Zucker verabreicht bekommen muss.
Pro & Contra
+ ohne den üblichen Löffel Zucker
+ hart und gut
+ nichts für zarte Gemüter
Bewertung:
Handlung: 5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4,5/5