Brüder der Finsternis (Jacqueline Mayerhofer)

Verlag ohneohren (2019)
Taschenbuch, 586 Seiten, 13,99 EUR
ISBN: 978-3903296022

Genre: Science Fiction / Space Opera


Klappentext

Macht! Unterdrückung und Rebellion. Wesen aus Fleisch und Blut neben Androiden und künstlichen Intelligenzen – eine Galaxis, zerrissen zwischen Tradition und Fortschritt.

Connel, der Captain der Albenträne und eigentlich Erbe eines Großkonzerns, stellt alle Regeln infrage, die in seiner Heimat gelten, und muss feststellen, dass die Weiten des Alls mehr bereithalten als nur Gut und Böse. Cleena, die ihr Zuhause verloren hat, sucht nach Frieden und neuen Aufgaben. Leyxor, ein Androide, berechnet so viel mehr als nur den Kurs des Schiffes. Und wie der Schweif eines Kometen folgen der Albenträne Freunde und Feinde ...


Rezension

Connel fühlt sich in seiner Rolle als Erbe der mächtigen Jhissino AG unwohl und verdingt sich lieber als Schmuggler, als sich auf die Übernahme der Firmengeschäfte vorzubereiten. Gemeinsam mit dem Androiden Leyxor und der Enmeanerin Cleena durchstreift er mit seinem Raumschiff, der Albenträne, das All, stets auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer. Sein Egoismus stößt jedoch an Grenzen, als er erkennt, in welch widerwärtige Machenschaften der Konzern und seine Eltern verwickelt sind. Connel entdeckt den Rebellen in sich und begehrt gegen die Machtverhältnisse auf seiner Heimatwelt auf – nicht ahnend, dass er im Begriff ist, ein noch viel größeres, schrecklicheres Geheimnis aufzudecken …

Connel verkörpert den egozentrischen Weltraumhelden, der von großen Aufgaben nichts wissen will und nur seinen eigenen Spaß im Sinn hat. Er stammt aus einer sehr wohlhabenden, mächtigen Familie und ist unter den Jhissieri nicht besonders beliebt. Er gilt als unreif und unwürdig in seiner Rolle als Erbe, was ihn jedoch nicht interessiert. Androide Leyxor steht ihm treu zur Seite, übt allerdings auch regelmäßig Kritik am Lebensstil seines Captains. Cleena hingegen sieht vor allem das Gute in ihm und sieht über seinen Egoismus hinweg, selbst wenn er ihre Gefühle verletzt. Immerhin hat sie an seiner Seite die Möglichkeit, ein ganz neues Leben zu führen. Connel ändert sich erst, als er erkennt, wie ausbeuterisch seine Spezies mit anderen umgeht. Der in ihm erwachende Widerstand führt zu kopflosen Aktionen, wie das Anzetteln einer Rebellion, doch Connel kämpft fortan für andere und gewinnt damit Sympathie.

Während Connel mit seinem Aktionismus jede Menge Chaos hinterlässt, heften sich Kopfgeldjäger an seine Fersen. Den Menschen Aark Dan lernt man dabei näher kennen. Er gilt als einer der Besten seiner Zunft, als skrupellos und kalt. Doch Aark hält nicht viel von sinnlosem Morden und erweist sich als zwar harter, aber gerechter Mann, der nicht davor zurückschreckt, seine Auftraggeber zu hinterfragen. Die Wulnojarin Skitra setzt unter anderem ihre Weiblichkeit als Waffe ein, ist technisch sehr begabt und unfassbar selbstbewusst. Zunächst erscheint sie wie ein einfacher Nebencharakter, entwickelt sich jedoch zu eine der spannendsten Figuren der Geschichte. Neben den Protagonisten verblassen die Nebenfiguren deutlich. Sie erfüllen nur ihre Funktionen und dienen überwiegend als Statisten, um zu zeigen, wie bunt diese Galaxie ist. Auch die Antagonisten bleiben blass, sie sind schlicht eindimensional bösartig.

Zwar gibt es viele unterschiedliche Spezies in „Brüder der Finsternis“, doch über die wenigsten erfährt man mehr als reine Äußerlichkeiten. Obwohl Connel als Schmuggler viel unterwegs war, kennt er die meisten Spezies seiner Galaxie nicht, entsprechend mangelt es an kultureller Vielfalt und Eigenheiten. Einzig über die Pokis auf Connels Heimatwelt Pokdärvis, die von den Jhissieri übernommen wurde, erfährt man etwas mehr, während über andere Spezies nur einige für die Handlung wichtige Informationen eingestreut werden. Um einer Galaxie voll unterschiedlicher Spezies gerecht zu werden, braucht es in der Regel mehr als einen Roman, der im Fall von „Brüder der Finsternis“ ohnehin recht überladen ist. Die Handlung hätte man gut auf eine Trilogie ausweiten können, um mehr Raum für das Worldbuilding zu schaffen. So bleibt vieles zu oberflächlich, wozu auch der distanzierte Schreibstil beiträgt.

Jacqueline Mayerhofer beschreibt ihr Universum, als würde sie von außen darauf blicken. So ist man nicht wirklich Teil der Geschichte, kann diese eigentlich vielfältige Galaxie nicht richtig erleben, weil man sie nur durch die Augen eines weit entfernten Zuschauers sieht und nicht durch die der Charaktere. Auch die SF-Elemente sind oft nur vage umrissen. Beispielsweise drückt Connel in seinem eigenen Raumschiff irgendwelche Knöpfe, von denen die Farbe (statt die Funktion) beschrieben wird – wie ein Zuschauer, der beschreibt, was er in einem Film sieht. Für eingefleischte SF-Fans ist das viel zu oberflächlich. Andererseits eignet sich „Brüder der Finsternis“ dadurch auch für Leser, die sonst keine SF lesen, da futuristische Technologie nicht im Vordergrund steht.

Die Spannung bleibt mehr oder weniger auf einem konstanten, mittleren Level, wobei sich Kampfszenen und Gespräche mit Informationsgewinn abwechseln. Die Handlung ist in groben Zügen vorhersehbar, weil die Autorin ihre Charaktere das Unheil oftmals vorausahnen lässt. So weiß Kopfgeldjäger Aark schon früh, was ihm später zum Verhängnis werden wird. Auch dass Androide Leyxor keine einfache Maschine ist, ist praktisch von Anfang an klar, weil Connel immer wieder darüber grübelt, wie menschlich Leyxor manchmal wirkt. Als Leser wundert man sich, warum Connel ihm diese Menschlichkeit trotzdem immer wieder abspricht, obwohl offensichtlich ist, dass der Androide mehr ist als die Summe seiner Teile. Dafür bildet Leyxor mit seiner ruhigen, höflichen Art einen perfekten Kontrast zum chaotischen Connel.

Zwar gibt es mit Cleena eine Enmeanerin in Jacqueline Mayerhofers Roman, doch ihre Spezies wird kaum näher beleuchtet. Wer mehr über sie wissen will, kann auf „Sterbende Götter“ von Werner Graf zurückgreifen, denn sein Roman spielt in der gleichen Galaxie und man wird dort Charaktere aus „Brüder der Finsternis“ wiedertreffen. Beide Romane lassen sich einzeln lesen, sind jedoch an verschiedenen Stellen miteinander verknüpft.


Fazit

”Brüder der Finsternis“ ist eine Space Opera voll düsterer Geheimnisse, die in Protagonist Connel den Rebellen wecken. Sein Aktionismus führt zu jeder Menge Chaos, das über weite Strecken gut unterhält. Leider mangelt es dem eigentlich spannenden Universum an vielen Details und die Spannung kocht nur selten hoch, weil Connel und seine Freunde praktisch durchgehend in Schwierigkeiten stecken und diese zu schnell überwinden.


Pro und Contra

+ spannendes Universum mit düsterer Historie
+ Connel reift im Verlauf der Geschichte spürbar
+ der höfliche Androide Leyxor als Kontrast zu Connel
+ die freche, selbstbewusste Kopfgeldjägerin Skitra
+ tolle Covergestaltung

o SF-Elemente nur vage umrissen, dafür aber für Genreneulinge gut lesbar

- in groben Zügen vorhersehbar
- blasse Nebencharaktere, die nur Funktionen erfüllen
- Mangel an unterscheidbaren Worldbuilding-Details

Wertung: sterne3

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3/5


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Tags: Space Opera, deutschsprachige SF, Aliens