Am Anfang war Neuseeland (Carolin Schairer)

SchairerC Am Anfang war Neuseeland

Helmer Verlag, 1. Auflage, 2019
Taschenbuch, 326 Seiten,
20,00 Euro [D]
ISBN-13: 978-3-89741-427-3

Genre: Liebesroman


 Klappentext

Alexa und Susanne gewinnen eine Gruppenreise – nach Neuseeland. Sonst aber liegen Welten zwischen der Juristin und der Buchhändlerin. Doch vier Wochen auf Tour sind eine lange Zeit, um sich kennenzulernen. Und so erkunden die beiden nicht nur die grüne Insel, sondern machen auch miteinander einige überraschende Entdeckungen.

Zwei Frauen auf einer ereignisreichen Reise, die zum gemeinsamen Wendepunkt wird.


 Die Autorin

Carolin Schairer wuchs in Niederbayern auf. Die Diplom-Journalistin schrieb als Freie für Zeitungen und Magazine, war in der Medienbeobachtung, in der Markt- und Meinungsforschung und als PR-Mitarbeiterin eines Großunternehmens. Sie lebt in Wien.


Rezension

Alexa ist gestresst. Beruflich wie privat steht sie unter Druck – daher entscheidet sie sich kurzentschlossen an dem Gewinnspiel eines neuseeländischen Outdoor-Ausstatters teilzunehmen, dessen Hauptgewinn vier Wochen in Neuseeland sind. Auch die Buchhändlerin Susanne nimmt an dem Gewinnspiel teil. Sie hofft allerdings auf den zweiten Platz: eine komplette Ausrüstung an Outdoor-Kleidung, da sie dringend eine neue Allwetterjacke benötigt. Tatsächlich gewinnen beide Frauen den Hauptgewinn und fliegen mit vier weiteren Gewinnern um die Welt. Der Romanze steht allerdings Einiges im Weg, denn die beiden Frauen sind nicht nur unterschiedlich, sondern auch einander von Anfang an unsympathisch. Alexa ist Susanne zu affektiert und Susanne ist Alexa zu introvertiert. Erst bei einem gemeinsamen Abendessen kommen sich die beiden schließlich näher. Die Uhr jedoch ist gegen sie, denn bald ist der Urlaub vorüber und der Alltag holt sie ein.

Neuseeland ist eines der Sehnsuchtsländer der Deutschen. Es lockt mit einsamen Straßen, abwechslungsreichen Landschaften sowie einer ungewöhnlichen Flora und Fauna. Reiseführer, Abenteuerromane und auch der Markt an Liebesgeschichten im Land des Kiwis wächst kontinuierlich. In ihrem neuesten Roman wagt sich nun auch Carolin Schairer in die Ferne und schickt ihre beiden Protagonistinnen um die halbe Welt. Auf den ersten Blick ist der Sprung gelungen. Das Team bereist die größten Städte wie Wellington, Auckland und Christchurch. Sie wandern durch Neuseelands Berge, besuchen die beeindruckenden Huka-Falls und erleben Adrenalin pur auf einem Rafting-Trip. Schaut man genauer, oder kennt das Land persönlich, merkt man jedoch rasch, wie oberflächlich Schairer bleibt und wie austauschbar die Erlebnisse.

Natürlich soll ‚Am Anfang war Neuseeland‘ kein Reisebericht sein. Etwas mehr Neuseeland wäre dennoch wünschenswert – auch, um den Titel zu rechtfertigen. Die Inseln bieten so viel. Statt sich in einem Restaurant näher zu kommen, hätten Susanne und Alexa auf der Otago-Halbinsel auf die possierlichen blauen Pinguine warten, in den zerklüfteten Fjordlands Delfine beobachten oder über die Farben der Emerald Lakes auf der Nordinsel staunen können. Wer einmal Herr der Ringe gesehen hat, erinnert sich an den Flug über die südlichen Alpen, wenn die Leuchtfeuer Gondors entzündet werden. Es ist schade und auch recht unglaubwürdig, dass eine Firma mit Ursprung in Neuseeland die deutschen Gäste nicht zu diesen Highlights führt, sondern sie stattdessen in einen Kletterpark schickt. Wo sie doch schon Flug und hotelkosten auf sich genommen haben. Insbesondere ein Ausflug in eine Kiwi-Aufzuchtstation ist Pflicht, da sich die Neuseeländer mit diesen flugunfähigen Vögeln soweit identifizieren, dass sie sich selbst als Kiwis bezeichnen.

So oberflächlich wie Schairers Neuseeland sind auch Susanne und Alexa. Dreidimensionale sympathische Charaktere sind eigentlich eine Stärke Schairers. Ebenso wie ausgereifte Dialoge und die Chemie zwischen den beiden Protagonistinnen. Alexa und Susanne bringen auch die passende Grundausstattung mit, haben ihre jeweilige Geschichte und ihre Marotten. Sie schaffen es aber kaum ansprechend und glaubwürdig zu wirken. Susanne zum Beispiel gelingt es nicht einmal, ein iPad einzuschalten. Auch menschlich greift sie daneben, als sie Alexa in einem verletzlichen Moment beobachtet und dies später in einer Geschichte öffentlich macht. Alexa hingegen wird als egoistische Karrierefrau gezeichnet, die ihren Freund über Monate am Stück alleine lässt und gerne über andere urteilt, zudem gegen Ende Susannes Vertrauen zutiefst missbraucht.

Eine weitere Schwachstelle des Romans ist die Häufung unrealistischer Ereignisse. Dies beginnt mit der Grundprämisse, einer neuseeländischen Firma, die 6-mal vier Wochen Neuseeland verlost, inklusive Flug und kompletter Ausstattung, um Werbung auf den Social Media-Kanälen zu generieren. Stellt man dies als gegeben hin, würde man erwarten, dass die Gewinner auf diesen Plattformen aktiv sind und eine gewisse Menge Follower haben. Auch eine gewisse Fitness und Attraktivität sollte bei den Werbetragenden gegeben sein. Gewinnen tun indes Susanne, die ankreuzt, auf keinem Kanal aktiv zu sein, und ein 70-jähriger Ornithologe, dessen Alter sogar eine potenzielle Gefahrenquelle darstellt. Die Reise leitet eine Deutsche, die selbst zuvor noch nie in Neuseeland war, statt ein Ortskundiger. Solche zweifelhaften Momente ziehen sich durch das Buch und gipfeln am Ende in ein hanebüchenes Jobangebot für die ungelernte Susanne. Solche Schwächen kann auch Schairer mit ihrem gewohnt lockeren und unterhaltsamen Schreibstil kaum ausgleichen.


Fazit

Carolin Schairers neuester Liebesroman kränkelt nicht nur an schwachen Trägerinnen der Liebegeschichte, sondern vor allem an fehlendem Realismus. In Am Anfang war Neuseeland gewinnen Susanne und Alexa eine Gruppenreise nach Neuseeland. Im Land der großen weißen Wolke kommen sich die beiden nur behäbig näher, um dann in eine turbulente Affäre zu stürzen, deren Uhr von Anfang an tickt. Unter allen Romanen Schairers einer der schwächeren Vertreter.


Pro/Contra

+ Grundidee
+ Schreibstil

- Kulisse Neuseelands unzureichend ausgearbeitet
- Nebenfiguren oberflächlich abgehakt
- viel Ungereimtheiten und Plotlöcher

Bewertung: stern2

Charaktere: 2/5
Handlung: 1,5/5
Lesespaß: 2/5
Preis/Leistung: 1,5/5

Rezension zu "Wir werden niemals darüber reden"
Rezension zu "Lass keine Fremden ins Haus"
Rezension zu "Riskantes Spiel"
Rezension zu "Verlieren-Vergessen-Verzeihen"
Rezension zu "Vesna"
Rezension zu "In jener Nacht"
Rezension zu "Die Sterne vom Himmel holen"
Rezension zu "Sommer in Barock"