C. J. Knittel (01.12.2019)

Interview mit C. J. Knittel

cjknittelLiteratopia: Hallo, Carsten! Im April ist Dein Science-Fiction-Thriller „Die Träne des Phönix“ erschienen. Was erwartet die Leser?

C. J. Knittel: Hallo, Judith! Die Leserinnen und Leser erwartet eine authentische Endzeit-Story voller Details. Mir war es wichtig, das Buch glaubhaft zu gestalten. Außerdem sollte es spannend und düster sein. Ich lege Wert darauf, dass eine Geschichte, trotz eines fantastischen Themas, realistisch ist. Die Handlung findet größtenteils in London statt. Die erwähnten Orte gibt es wirklich. Die Außerirdischen besitzen eine Anatomie, die der von realen Insekten entspricht. Je nach Thema kann Recherche auch richtig Spaß machen.

Literatopia: Erzähl uns mehr über die Krebell: Wie sehen sie aus? Woher kommen sie? Und wie ist es ihnen gelungen, die Menschheit zu unterwerfen?

C. J. Knittel: Die Krebell sehen aus wie schwarze Käfer oder Ameisen, die aufrecht gehen. Dabei erreichen sie eine Körpergröße von gut drei Metern und mehreren hundert Kilo Gewicht. Ihre Heimatwelt war der Planet Titaron, den sie selbst durch einen Weltkrieg verwüsteten.

Um ihre Art zu retten, machten sich Flotten von Generationenschiffen auf die Suche nach einer neuen Heimat. Eine davon erreichte nach einer Reise von zweihundert Jahren die Erde. Dabei kam den Krebell auch ihre Lebenserwartung von über zweihundert Jahren zugute. Im Prinzip sind sie Flüchtlinge. Nur dass sie nicht um Asyl baten, sondern die Erde kurzerhand eroberten. Ihre weit überlegene Technologie ermöglichte es ihnen, die Armeen unserer Nationen in einem weltweiten Blitzkrieg zu besiegen. Seitdem betreiben die Krebell auf der Erde Terraforming und benutzen die Erdenbürger als Sklaven.

Literatopia: Wie sieht das Leben der Menschen im Untergrund aus?

C. J. Knittel: Die Menschen im Untergrund führen ein spartanisches Leben, das vom Kampf ums Überleben geprägt ist. Dabei sehen sich die Menschen zwei Hauptproblemen gegenüber. Zum einen müssen Sie dafür sorgen, von den Krebell nicht entdeckt zu werden. Das würde Tod oder Sklaverei bedeuten. Zum anderen müssen sie ihre Versorgung mit Lebensmitteln sicherstellen. Die Menschen dieser Welt leben in der Kanalisation und in U-Bahn-Tunnel. Da sind Lebensmittel natürlich sehr begrenzt. Es ist unvermeidlich, hin und wieder an die Oberfläche zu gehen. Doch die wird von den Krebell beherrscht. Die Menschen leben von allem, was sie in den Ruinen der Städte finden, besonders Konserven. Aber sie jagen und ernten auch in den neu entstandenen Biotopen. Die Natur hat die Städte im Laufe der Jahre zurückerobert.

Literatopia: Manche Leser bezeichnen Deine Protagonistin Nicole als „Zimtzicke“ und attestieren ihr ein loses Mundwerk. Wie würdest Du ihren Charakter beschreiben?

C. J. Knittel: Manchmal passt uns die Nase eines Menschen nicht, das macht ihn oder sie aber nicht zu einem schlechten oder guten Menschen. Nur was wir tun zeigt, wer wir sind. Das gilt auch für Romanfiguren, vielleicht besonders für sie, denn sie kommunizieren mit dem Leser durch ihre Taten. Nicole tritt den Menschen in ihrer Umgebung auf die Füße, weil sie selbstbewusst ist, vielleicht ein bisschen arrogant.

traene des phoenixSie ist stark und abgebrüht und hat gelernt sich zu behaupten. Mitgefühl und Empathie hat sie gelernt zu unterdrücken, denn sie waren für ihr Leben unter den Krebell unwichtig, ja sogar hinderlich. Nicole steht zu sich selbst, sie legt niemandem gegenüber Rechenschaft ab. Sie ist mit sich im Reinen, obwohl sie schreckliche Dinge getan hat. Damit muss man erst mal zurechtkommen. Das macht Nicole zu einem schwierigen, aber wie ich finde sehr glaubhaften Charakter. Das Buch zeigt, wie schnell wir uns verbiegen können. Aber auch, wie schnell wir zu uns selbst zurückfinden können. Der Leser soll sich am Ende des Buches zwei Fragen stellen: Würde ich ihr vergeben? Wie hätte ich an ihrer Stelle gehandelt?

Literatopia: Wie gelingt es Nicole, ihre wahre Identität zu verbergen? Wer hilft ihr? Und vor wem muss sie sich in Acht nehmen?

C. J. Knittel: Nicole muss sich nicht bemühen, ihre wahre Identität zu verbergen. Als Mensch unter Menschen hat sie die perfekte Tarnung. Eine glaubhafte und mit Details garnierte Lüge reicht, um fast alle zu überzeugen. Dabei hilft ihr niemand, denn niemand darf wissen, wer sie ist. Ian allerdings zweifelt an ihrer Geschichte und ist ihr gegenüber misstrauisch. Die ganze Zeit über behalten sie einander im Auge.

Natürlich muss sie im Alltag vorsichtig sein. Sie darf sich nicht erwischen lassen, wenn sie heimlich das Funkgerät benutzt, um die Krebell zu kontaktieren. Und ihre Erzählungen aus ihrem erfundenen Alltag müssen glaubwürdig sein und dürfen sich nicht widersprechen.

Literatopia: Was denkst Du, gibt es in diesem riesigen Universum tatsächlich irgendwo außerirdisches Leben? Oder sind wir quasi als kosmischer Zufall allein?

C. J. Knittel: Das muss man unbedingt differenzieren. Es gibt im Universum mehr Sterne, als Sandkörner in allen Wüsten und an allen Stränden der Erde zusammen. Und wir wissen, dass es unglaublich viele Planeten gibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es außerhalb der Erde nicht mal irgendwelche Mikroorganismen gibt, halte ich für verschwindend gering. Für mich wäre das der Beweis dafür, dass ein Plan hinter allem steckt, also der Beweis für Gott. Da hört mein Glaube an den Zufall dann auf.

Anders sieht es aus, wenn wir nach intelligentem Leben in der Milchstraße fragen. Oder sogar nach einer Begegnung wie in der Science-Fiction. Dann sind die Chancen schon deutlich geringer. Zu allem muss man bei der Frage nach außerirdischem Leben die kosmischen und zeitlichen Entfernungen berücksichtigen. Vielleicht gab es Zivilisationen, die bereits seit Jahrtausenden ausgestorben sind. Vielleicht gibt es welche, die einfach so weit entfernt sind, dass wir keine Chance haben ihnen innerhalb der Lebenserwartung einer Zivilisation zu begegnen. Vielleicht wird die Erde eines Tages von einer Zivilisation entdeckt, die es heute noch gar nicht gibt. Dann sind wir die ausgestorbene Zivilisation.

Was von der Menschheit nach einer Million Jahre noch übrig wäre, wäre eine schwarze Linie im Sedimentgestein, mit stark erhöhtem Kohlendioxid-Gehalt. Unterm Strich wissen wir einfach noch zu wenig über die Entstehung des Lebens an sich. Manche Wissenschaftler halten diese für einen Automatismus, der dann greift, wenn die Bedingungen es zulassen. Wenn dem so ist, könnte das Universum voll von Leben sein. Andere wiederum vermuten, dass die Entstehung von Leben von so engen Parametern anhängt, dass Leben im Universum eine äußerste Seltenheit ist. Um Deine Frage abschließend zu beantworten: Niemand weiß es wirklich.

Literatopia: Deine ersten Geschichten hast Du bereits in der Grundschule geschrieben. Erinnerst Du Dich noch, wovon sie handelten?

C. J. Knittel: Ich habe damals so viele Geschichten geschrieben. Die Allererste bestand nur aus wenigen Sätzen und handelte von einem Taucher, der einen Schatz bergen wollte und dabei von Haien gefressen wurde. Ich habe in dem Moment angefangen, Geschichten zu schreiben, als ich meine Gedanken schriftlich in Worte fassen konnte. Kinder denken auch nicht über ihre ersten Schritte nach oder überlegen, welches Wort das Erste sein soll, das sie sagen werden. Sie machen es einfach.

Literatopia: Welche Genres liest Du bevorzugt? Und welcher Roman hat Dich zuletzt richtig begeistert?

tonkari das herz des greifenC. J. Knittel: Ehrlichgesagt lese ich Romane nur sehr vereinzelt. Entweder sind es Klassiker oder Romane von Autoren, die ich kenne oder persönlich interessant finde. In erster Linie lese ich Sachbücher, weil neben dem Unterhaltungswert noch der Lernfaktor hinzukommt. Ich lese langsam und ich lese wenig. Deshalb gewinnen eher Bücher, die eben diesen Mehrwert bieten.

Literatopia: Du hast früher Artikel über Klassiker der Science-Fiction geschrieben. Welche Romane sollte man Deiner Meinung nach unbedingt gelesen haben?

C. J. Knittel: Na ja, da gibt es so einige. Besonders würde ich die Romane von H. G. Wells empfehlen, weil er vor rund einhundert Jahren schon über die Themen geschrieben hat, die heute in der Science-Fiction alltäglich sind. Zum Beispiel über Zeitreisen in „Die Zeitmaschine“, über Gentechnik in „Die Insel des Dr. Moreau“ oder über eine Alien-Invasion in „Krieg der Welten“. Man könnte sagen, er war der Vater der modernen Science-Fiction und seiner Zeit voraus. Ansonsten könnte ich eine Reihe von Sachbüchern empfehlen, aber da stellt sich dann natürlich die Frage, was einen selbst interessiert.

Literatopia: Auf Deiner Homepage sieht man bereits das Cover von „Tonkari - Das Herz des Greifen“, Deinem neuen Fantasyroman. Würdest Du uns schon etwas über den Inhalt verraten? Wann erscheint „Tonkari“?

C. J. Knittel: In „Tonkari – Das Herz des Greifen“ geht es um einen jungen Feldherr, der während einer Schlacht in Gefangenschaft gerät. Während dieser Gefangenschaft erfährt er einiges über seinen Feind, die Tonkari, aber auch über den Krieg selbst. Dadurch beginnt er, alles infrage zu stellen, das er bis dahin zu wissen glaubte. Das Besondere an diesem Buch, im Vergleich zu anderen High-Fantasy-Romanen, sind die Tonkari. Ein Volk, das es so in der Fantasy noch nicht gibt. Im Nachwort erfährt der Leser auch, woher ich meine Inspiration hatte und wie das Buch entstanden ist. Natürlich darf eine detailreiche, fantasievolle Welt nicht fehlen, die ihre eigene Atmosphäre und ihren eigenen Charakter besitzt. Da habe ich mich auch ein bisschen von der Vorzeit inspirieren lassen. Scari ist eine wilde und raue Welt, mit vielen unerschlossenen Regionen. Der Leser entdeckt prähistorisch anmutende Kreaturen und Fabelwesen. Ich liebe es sehr, mich in diese faszinierende Welt hineinzubegeben. Und ich kann es kaum erwarten, das mit meinen Lesern zu teilen. Die ersten Reaktionen waren sehr positiv. Der voraussichtliche Erscheinungstermin ist der 5. Mai 2020.

Literatopia: Herzlichen Dank für das Interview!

C. J. Knittel: Ich habe zu danken!


Autorenfoto: Copyright by C. J. Knittel

Autorenhomepage: https://www.cjknittel.de


Dieses Interview wurde von Judith Madera für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.