Alex Prum (18.12.2019)

 

Interview mit Alex Prum

alpakamaskottchenLiteratopia: Hallo, Alex! Dein Debütroman „Der Schleier der Welt“ trägt den etwas umständlichen Untertitel: „Eine Fallstudie aus Schottland zum EU-weiten und länderübergreifenden Werwolfmanagementplan“ – was erwartet die Leser in dieser Fallstudie?

Alex Prum: Hallo! Nun, in der Fallstudie erfährt man potentiell etwas über die Kultur der Werwolfrudel im südlichen Schottland, speziell natürlich dem Rudel von Edinburgh, wo die Geschichte spielt. Mehr allerdings noch erfährt ein*e potentielle*r Leser*in etwas über die Regeln der magischen Welt im modernen Schottland – und wieso es schwer ist, magisch bedingte Ereignisse in unserer modernen Welt geheim zu halten.

Literatopia: Wie können wir uns die Privatdetektivin Kyra Hare vorstellen? Was sind ihre Stärken und Schwächen?

Alex Prum: Kyra ist vor allem zwei Dinge: Leicht chaotisch und mit ihrem Leben überfordert. Nach einem abgebrochenen Studium hat sie sich kurzerhand entschlossen Privatdetektivin zu werden, doch so abenteuerlich wie bei Sherlock Holmes ist das alles nicht und meist schafft sie es nur gerade so ihren Teil der Miete zu zahlen. Als die Geschichte beginnt weint sie zudem noch immer ihrer letzten Beziehung nach, Molly, obwohl diese wirklich nicht gut für sie war. Zum Glück hat sie Watson, ihren Hund, der vielleicht ein Angsthase ist, aber dafür empathisch begabt. Dabei leidet Kyra auch an dem Problem, dass sie sich weit weniger zutraut, als sie wirklich kann. Immerhin ist sie eigentlich ein kluges Köpfchen – und hat einen enormen Dickschädel, der dafür sorgt, dass sie nicht so schnell aufgibt.

Literatopia: Welche phantastischen Wesen gibt es in „Der Schleier der Welt“?

Alex Prum: Dieses Buch ist erst Band 1 einer Reihe, weshalb Leser*innen hier nicht alles mitbekommen. Doch ich kann soviel verraten: Neben Werwölfen und anderen Gestaltwandlern, gibt es Magier*innen, Naturgeister und auch nicht ganz so natürliche Geister. Es ist auch ein Geist, der für viele der Ereignisse der Geschichte indirekt verantwortlich ist. Doch wie … nun, das verrate ich nicht!

In den späteren Bänden kommen noch einige andere Wesen von Dämonen und Fae, hin zu Vampiren und Göttern vor …

Literatopia: Du hast „Der Schleier der Welt“ zusammen mit Sven Kreuer verfasst. Wie sah Eure Zusammenarbeit konkret aus? Habt Ihr zum Beispiel abwechselnd geschrieben?

Alex Prum: Nun, Sven und ich leben zusammen und sind beide begeisterte Rollenspieler. Sämtliche Bände und viele der Sidestories von „Der Schleier der Welt“ haben ihren Ursprung im Rollenspiel. Wir machen uns gemeinsam Gedanken um die grobe Handlung, durchspielen diese dann aber mit aufgeteilten Rollen – und Würfeln. Das sorgt zum einen dafür, dass die Dialoge mehr Charakter und Eigenleben bekommen, zum anderen auch dafür, dass manchmal die Handlung doch etwas unvorhergesehener verläuft, als es ohne diese gemeinsame Arbeit und Gevatter Zufall der Fall ist. Das ganze (meist gesamt 20 Stunden Material pro Band) zeichnen wir dann auf und gehen rüber, um hier und da den Plot besser fließen zu lassen und viele Dialoge am Ende zu entfernen, da jeder Band sonst locker 1000 Seiten hätte. Das eigentliche niederschreiben der Erzähltexte geht jedoch komplett auf meine Kappe.

Literatopia: Eure Webserie „Mosaik“ kann man kostenlos auf Wattpad, Animexx und Belletristica lesen und erzählt „Urban Fantasy in untypischer Form“ – was ist denn so untypisch an der Story?

Ader schleier der weltlex Prum: „Mosaik“ ist für das Subgenre wohl auf mehrerlei Art untypisch. Zum einen ist es simpel die Form: „Mosaik“ zielt nicht darauf ab, ein Roman zu sein, sondern ist wirklich als Webserie konzipiert mit zumeist recht kurzen Kapiteln und einer Handlung, die recht langsam ins Rollen kommt, um so ein stärkeres Gefühl für Welt und Charaktere aufzubauen. Dabei stehen vor allem die Charaktere und ihre Entwicklung im Mittelpunkt der Geschichte und der eigentlichen Spannung – dabei ist es diese Charakterentwicklung, die die Figuren am Ende in die eigentliche Handlung wirft.

Zum anderen ist da jedoch auch der eigentliche Inhalt. „Urban Fantasy“ ist üblicherweise eher durch ein Mystery-Format geprägt, meist nehmen die Protagonist*innen freiwillig oder unfreiwillig die Rolle von Ermittler*innen an – dahingehend ist „Der Schleier der Welt“ auch Genretypisch. Derweil handelt „Mosaik“ von Söldner*innen, von denen manche über magische Kräfte verfügen und die genauso häufig mit mundanen Problemen zu kämpfen haben, wie mit magischen. Selbst wenn der zentrale Konflikt der Geschichte magische Elemente beinhaltet, liegt die größte Gefahr doch in möglichen mundanen Konsequenzen.

Ebenso verlässt sich die Protagonistin, die sich selbst den Namen Pakhet gegeben hat, zu Beginn der Geschichte weit mehr auf Pistolen und Kampftechnik, als auf das bisschen Magie, das sie in der genetischen Lotterie abbekommen hat.

Literatopia: Wie sind die Leserreaktionen auf Wattpad und Co.? Was gefällt den Lesern an Mosaik am besten?

Alex Prum: Das Highlight für die meisten sind – dankbarerweise, immerhin war das unser Fokus – die Charaktere und ihre Entwicklung. Dann wird über die Intentionen von Pakhet und ihre Vergangenheit gerätselt und man freut sich über die Sanftmütigkeit des Deuteragonisten „Doctor Heidenstein“, meist nur „der Doc“ genannt. Eine der Sachen, die wir an dem Veröffentlichen online mögen, ist zu sehen, wie die Leser*innen über Charaktere und ihre Intentionen rätseln und versuchen Hintergründe selbst zu lüften.

Literatopia: Auf alpakawolken.de schreibst Du regelmäßig über den Weltenbau – was zeichnet denn einen guten Weltenbau aus?

Alex Prum: Für mich zeichnet vor allem guter Weltenbau aus, dass es verschiedene Kulturen in einer Welt gibt und diese in sich glaubwürdig sind, sowie, dass ein Charakter sich anfühlt, als wäre er oder sie in dieser Kultur aufgewachsen. Eine der häufigsten Sachen, die mich aus fantastischen Welten reisen, ist das Gefühl, dass diese Welt zwar von einer historischen Periode inspiriert ist, jedoch ohne dass die kulturellen Aspekte wirklich im Rahmen der Geschichte der fiktionalen Welt nachvollziehbar sind. Mein liebstes Beispiel ist eben ein europäisches Mittelalter ohne Antike und Christentum – warum sind Architektur, Kleidung, Waffenkunst und Moralvorstellungen dann so ähnlich? Und ebenso, dass ein Charakter sich anfühlt, als wäre er oder sie eben damit aufgewachsen. Sicher können Charaktere gegen ihre Kultur rebellieren, aber wenn ein Charakter komplett eine moderne Moral und Weltsicht hat, sollte es schon einen Grund dafür geben.

Nun, und dann ist da noch der kleine andere Punkt: Ich bevorzuge Welten, die sich anfühlen, als würden Menschen (oder wie auch immer die Wesen heißen, die die Welt bevölkern) darin leben – anstatt das Gefühl zu bekommen, die Welt sie nur ein Hintergrund für ein Abenteuer. Deswegen liegt mir immer viel daran, ein Gefühl für den Alltag in einer solchen Kultur zu bekommen. Außerhalb von Kriegen und Beinahe-Apokalypsen.

Literatopia: Du verfasst auch Rezensionen – welches Buch hat Dich zuletzt richtig begeistert?

Alex Prum: Nun, mein absolutes Highlight von diesem Jahr war „The Arcadia Project“ von Mishell Baker. Eine Trilogie, die Urban Fantasy und Portal Fantasy mischt und all das ist, was ich mir von Büchern wünsche. Das Cast ist divers, die Protagonistin sehr fehlerhaft, aber dennoch liebenswert – selbst wenn sie es selbst nicht hören wollen würde. Der Schreibstil ist mitreißend. Und die gebaute Welt spannend. Außerdem beinhaltet das Buch meinen allerliebsten Mantikor, der je in die Fiktion kam.

mosaikDavon abgesehen lese ich aktuell „The Prey of Gods“, einen Roman von Nicky Drayden, der Cyberpunk mit Urban Fantasy mischt – also meine beiden liebsten Genre. Ich weiß leider noch nicht, ob ich das Review noch dieses Jahr schaffe. Aber ich werde mein Bestes geben!

Literatopia: Du hast früher Fanfictions geschrieben – welche zum Beispiel?

Alex Prum: Haha. Ja. Ich habe meinen Anfang vor allem über Fanfictions gemacht. Dabei habe ich zu keinem Franchise so viel geschrieben, wie zu Digimon. Bereits meine ersten Geschichten (abseits von kleinen Tiergeschichten im Grundschulalter) waren dazu. Meine zwei längsten Fanfictions haben die Titel „Digimon Alpha Generation“ und „Digimon Battle Generation“ gehabt und waren meine Fan-Fortsetzungen zur dritten Digimon-Staffel. Dabei merkt man aber vor allem der ersteren der beiden Geschichten deutlich ihr Alter an. (lacht verlegen)

Literatopia: Du schreibst auf alpakawolken.de auch viel über Diversität - wie siehst Du die Repräsentation von LGBTQ* in Romanen im Jahr 2019?

Alex Prum: Nun, das kommt sehr auf das Genre, die Sprache und das Herkunftsland an. Leider ist es zumindest im deutschen Fantasy-Mainstream (nun, was im Nischengenre Fantasy sich als Mainstream bezeichnen lässt, sprich, was bei großen Verlagen erscheint) noch immer sehr rar, dass wirklich diverse Geschichten aufgenommen werden – die Vögte seien hier als große Ausnahme genannt. Bei Kleinverlagen sieht es da schon besser aus. Doch wirklich Repräsentation von queeren Figuren findet man wenn überhaupt im deutschen Markt eher bei Young Adult und New Adult und leider auch da ist es nicht immer die Repräsentation, die man sich wünscht.

Daher besteht meine Buchdiät aktuell auch vornehmlich aus englischer Literatur. Zum einen setzt es sich dort mehr und mehr durch, dass beispielsweise auch in großen Publikationen ein diverseres Cast beinhaltet ist (gerade bei Jugendbüchern, auch denen, die Fantasy sind), zum anderen ist der Markt natürlich auch deutlich größer, da er einfach mehr Länder umfasst. „The Prey of Gods“, das ich oben bereits nannte, ist beispielsweise von einer südafrikanischen Autorin und hat wunderbare Repräsentation. Auch gibt es für das englischere bessere Datenbanken, selbst wenn es aktuell einen Plan – und eine Liste – gibt, um so etwas auf für den deutschen Markt zusammenzustellen.

Literatopia: Du hast ein besonderes Faible für Alpakas – warum haben es Dir gerade diese Tiere angetan?

Alex Prum: Das ist eine relativ einfache, wenngleich alberne Geschichte. Ich fand die Alpaka-Plüschtiere der japanischen Firma „Alpacasso“ immer sehr niedlich. Als ich vor ein paar Jahren auf dem Japantag in Düsseldorf war, lief ich an einem Stand vorbei, der diese verkaufte. Irgendwie – ich weiß nicht wie – fiel eins dieser Alpakas aus dem Regal des Standes, direkt in meine Arme. Natürlich musste ich es mitnehmen. Und dann wurde es irgendwie mein Maskottchen. Allerdings sind Alpakas auch wundervolle Tiere. Sie sind sozial, extrem flauschig, sehr musikalisch und entstammen, wenn wir nach der Mythologie in Peru gehen, jedenfalls entfernt der Welt der Götter. Man muss sie einfach lieben!

Literatopia: Würdest Du uns zum Schluss noch verraten, woran Du gerade arbeitest?

Alex Prum: Ich bin aktuell etwas chaotisch, fürchte ich. Neben ein paar kürzeren Projekten arbeite ich aktuell an einem sehr, sehr queeren Urban Fantasy Roman über einen Roadtrip mit Vampiren que(e)r durch Europa – und am fünften Band von „Der Schleier der Welt“.

Literatopia: Herzlichen Dank für das Interview!

Alex Prum: Ich habe zu danken!


Copyright Alpaka-Maskottchen: Alex Prum (gezeichnet von Madita Recktenwald)

www.alpakawolken.de


Dieses Interview wurde von Judith Madera für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.