Books on Demand (November 2019)
Taschenbuch, 608 Seiten, 15,99 EUR
ISBN: 978-3749485024
Genre: Urban Fantasy
Inhalt
»Die Mitglieder einer Vereinigung von Menschen mit magischen Fähigkeiten, die sich selbst »Der Zirkel« nennt, werden der Reihe nach grausam ermordet. Dann hört das Töten ganz plötzlich auf.
Knapp zwanzig Jahre später sterben erneut Magier. Während Seher und IT-Techniker Hiroshi Taoyama einen Tod nach dem anderen vorhersagt, ohne Einfluss auf das Schicksal nehmen zu können, wird die Beinahe-Studentin Laura Seibach unfreiwillig in Ereignisse hineingezogen, deren Ausmaße sie nicht erahnen kann.
Welches wahre Ziel verfolgt der Mörder, und worauf hat er all die Jahre gewartet?«
(Quelle: Autor*innen Webseite)
Rezension
Was sich zu Beginn als harmlose Jugenschmonzette tarnt, entpuppt sich bald zu einem rasanten Abenteuer voll dunkler Magie. Mit "Schwarzmondlicht" hat Autorin Melanie Vogltanz ihren einstigen Urban Fantasy Roman "Luna Atra" neu aufgelegt und ihm ein neues Kleid verliehen. Denn kein Charakter erzählt zweimal dieselbe Geschichte, so ihre Worte.
Ein Geständnis: Ich fand es wirklich sehr erheiternd, dass dieser Roman zunächst andeutet, eine typische Teenie-Schmonzette zu sein, und dann kommt doch alles anders als erwartet. Daher ein Hinweis an alle, die Young-Adult-Romanzen nicht viel abgewinnen können: Lasst euch nicht von den ersten Seiten abschrecken. Es ist nicht alles das, wonach es aussieht. Und das, was dann tatsächlich kommt, ist ein schöner Twist und eine willkommene Abwechslung zu den obligatorisch erscheinenden Liebesbeziehungen selbst in Romanen, in denen die Liebe zwischen den Protagonist*innen eigentlich nicht der Mittelpunkt ist.
Doktor Hansen gehört definitiv zu meinen Lieblingscharakteren. Er tarnt sich zwar als Nebencharakter, aber im Laufe der Story erfahren wir immer mehr über ihn, sodass er sich ganz klammheimlich und im Hintergrund doch zu einer sehr wichtigen Person mausert. Er selbst wollte diese Rolle nie so wirklich und überspielt das mit seiner abweisenden kratzigen Art. Manchmal (na gut, sehr oft) kann er ein richtiges Ekel sein. Und doch hat er einen weichen, mitfühlenden Kern, der ihn tun lässt, was er tut.
Alle Charaktere sind Individuen mit ihren eigenen Geschichten und Schicksalen, die zudem nicht immer aus der bereits tausendmal wiedergekauten Tropekiste stammen. Zusammen mit Melanies kreativer Tarnung einer YA-Romanze gibt das dem Roman einen eigenen Charakter, der ihn herausstechen lässt aus der Flut an Romanen.
Wie auch schon in ihrer "Schwarzes Blut"-Reihe fällt auch hier die gute Recherchearbeit und der Blick für Details positiv auf. Es gibt viele kleine Details, die sowohl zur Atmosphäre beitragen, als auch teils plotrelevant sind.
Die Protagonisten entstammen überwiegend dysfunktionalen Familienverhältnissen. Nicht jede davon ist so extrem wie Kiros fundamental-religiöse Eltern, die nicht davor zurückschrecken, ihre Kinder im Namen ihrer Religion zu misshandeln. Lauras Familiengeschichte ist da weitaus alltäglicher, wenn auch nicht weniger schlimm: Ihre Großeltern haben nicht wirklich das Wohl ihrer verwaisten Enkelin im Sinn und übergehen sie und ihre Bedürfnisse in ihrer Trauer völlig. Die Protagonisten leiden jede*r auf seine/ihre Art unter ihren kaputten Familien und da es nun einmal nicht die perfekte Familie gibt, ist das etwas, das die Figuren sehr greifbar macht.
Bei all dem Lob zur Individualität des Romans tue ich mich dennoch mit einer bestimmten Stelle recht zu Anfang des Romans schwer. Laura und ihr Vater gehen im Streit auseinander und da passiert das Unglück und ihr Vater kommt in einem Feuer ums Leben. Es ist der Klassiker unter den Tragödien und daher nicht wirklich mitreißend, wie ich finde. Das wird jedoch wieder ein wenig aufgewogen, indem die Autorin das Trope im Kontext ihres Romans sinnvoll einbettet und ihm eine ganz bestimmte Funktion zuweist. Ich frage mich dennoch, ob sich dieses Trope nicht vielleicht doch hätte vermeiden lassen.
Wiederum gelungen ist jedoch ihre Beschreibung von Lauras Trauerreaktion auf das Unglück. Das hat sie sehr gut getroffen, da sie sich abseits der gängigen "Warum musste ausgerechnet mir das passieren? Oh nein, jetzt haben wir uns gestritten und meine letzten Worte an ihn waren was Böses"-Sprüche bewegt. Was nicht heißen soll, dass solche Aussagen bei Trauernden unüblich seien (aus Erfahrung weiß ich, dass sie es nicht sind), es ist nur etwas ermüdend, immer wieder dasselbe Schema zu lesen, wenn Trauer doch so individuell ist wie die trauernden Personen.
Fazit
Der Einzelband "Schwarzmondlicht" besticht durch individuelle Protagonisten mit Ecken und Kanten, guten wie schlechten Seiten. Zudem gibt es immer wieder überraschende Plottwists und erfrischende Neuinterpretationen von bekannten Tropes. Definitiv ein lesenswerter Urban Fantasy Roman!
Pro und Contra
- leider trifft das nicht auf alle vorhandenen tropes zu
Wertung:
Mögliche Trigger
Dies ist eine Gastrezension von Robin Schönberg: https://buchdrache.blogspot.com