Verlag: Cross Cult; (Juni 2020)
Gebundene Ausgabe: 104 Seiten; 20 €
ISBN-13: 978-3966581783
Genre: Drama/ Historik
Klappentext
Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in Europa wieder Fuß gefasst. Geschichten wie die in diesem Comicband versammelten ermahnen uns, den Horror des Holocaust niemals zu vergessen. BALD SIND WIR WIEDER ZU HAUSE schildert die Erlebnisse von sechs Überlebenden des Naziterrors auf Basis von Interviews.
Enteignet, von ihren Angehörigen getrennt und ihrer Menschenwürde beraubt, durchlebten sie Angst und Verfolgung im Ghetto. Sie erlitten Entmenschlichung, Hunger und Entkräftung in den Konzentrationslagern und waren Zeugen des industriellen Massenmordes in den Vernichtungslagern.
Ein beeindruckendes Plädoyer gegen das Vergessen.
Rezension
Tobias lebt mit seiner Familie in Lodz als die Nazis an die Macht und nach Polen kommen, Livia
in Marmaroschsiget im Norden von Transsylvanien, Selma wurde in Frankfurt geboren und wohnt in Lodz, Susanna in Mako, Emmerich und Elisabeth in Wynohradiw. So weit die Orte, in denen sie aufwuchsen, voneinander entfernt sein mögen, so vereint sie alle, dass sie Juden sind und während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden und unbeschreibliche Schrecken über sich ergehen lassen mussten. Aber sie überlebten und erzählen nun ihre Geschichten.
Bald sind wir wieder zu Hause ist ein Buch über die Gräuel des Dritten Reiches, dass sich gezielt an Kinder und Jugendliche richtet, aber selbstverständlich auch Erwachsenen eine Zeit näherbringen kann, die eigentlich unvorstellbar ist. Jessica Bab Bonde und Peter Bergting erzählen in diesem Comic die Geschichten von sechs Überlebenden des Holocausts, die zu dem Zeitpunkt selbst Kinder oder Jugendliche waren und damit im gleichen Alter, wie die an die sich der Comic hauptsächlich richtet.
In klaren und kurzen, ja fast nüchternen Sätzen werden die Geschichten erzählt, nichts wird beschönigt, aber auch nichts extra dämonisiert. Es wird nicht absichtlich auf die Tränendrüse gedrückt und ebenso wenig etwas entschuldigt. Alle Geschichten der Überlebenden sind geradezu neutral geschrieben und berichten kurz und knapp wie es war - und genau deswegen können sie wie ein Schlag in die Magengrube wirken. Jedem der diese Berichte liest, wird bewusst, wie grausam, wie menschenverachtend die Geschehnisse damals waren und was sie für den einzelnen bedeutet haben müssen. Aus einer grauen, unbekannten, undefinierbaren Masse werden durch diese Erlebnisberichte Menschen wie jeder andere auch. Und damit sollte auch dem letzten klar werden, welches Verbrechen die Nazis begingen.
Bald sind wir wieder zu Hause ist ein sehr wichtiges Buch, denn es macht die Verbrechen des Holocausts und seine Opfer greifbarer, realer und erschüttert so den Leser auf eine Art und Weise, die ihn dazu zwingt über das Gelesene und aktuelle Ereignisse nachzudenken. Das Buch ist in einer Zeit, in der der Nationalismus, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit auf der ganzen Welt wieder zunehmen, mehr als nur wichtig. Es sollte Pflichtlektüre sein, denn so kompakt und doch so intensiv wurde der Holocaust selten geschildert. Zudem zeigen die Geschichten ebenso, dass sich der Antisemitismus nicht erst unter den Nazis gebildet oder sich auf ein Land beschränkt hat, unter anderem Livia erzählt von Übergriffen, bevor die Nazis an der Macht waren. Auf diese Weise wird deutlich, dass die Verbrechen der Nazis sich wiederholen können, wenn aus der Geschichte nichts gelernt und sie vergessen wird. Wer nach der Lektüre noch in einer Reihe mit Rechten stehen kann, wird wohl nie etwas dazu lernen.
Wie gestaltet man einen Comic über den Holocaust für Kinder und Jugendliche? Sollen die Grausamkeiten realistisch und detailliert gezeigt werden oder lässt man alles abstrakt? Beides hat seine Vor- und Nachteile und diese Frage wird sich Peter Bergting mit Sicherheit auch gestellt haben. Der Zeichner von The Portent nimmt auf eine gewisse Weise einen Mittelweg. Seine Darstellung ist nicht explizit. Er ergeht sich nicht in Bildern von gequälten Menschen, sondern er zeigt Tobias und die anderen als Menschen, die viel zu erleiden haben und dieses Leid bannt er in Bildern, die zwar leicht comichaft aussehen, aber genau deswegen sehr intensiv wirken und betroffen machen. Er zeigt gerade so viel, dass jedem klar ist, was auf dem Bild eigentlich geschieht und erzeugt so ein Bild des Grauens, welches er sonst nicht abbilden könnte, dafür ist es einfach unvorstellbar.
Bald sind wie wieder zu Hause wird durch eine Zeittafel und ein Glossar und insbesondere durch ein Vorwort der Autorin abgerundet, welches den perfekten Einstieg für das Lesen des Buches mit einem Kind oder Jugendlichen bildet.
Fazit
Bald sind wir wieder zu Hause ist ein in der heutigen Zeit leider immer noch notwendiges Buch. In Zeiten von wachsendem Fremden- und Judenhass ist es notwendig, sich der Geschichte wieder bewusst zu werden und aus ihr zu lernen. Jessica Bab Bondes und Peter Bergtings Comic trägt dazu seinen Teil bei und ist eine sehr gute Möglichkeit, das Thema Kindern und Jugendlichen nahezubringen, ohne belehrend zu wirken.
Pro & Contra
+ macht nachdenklich und betroffen
+ wichtiges, leider aktuelles Thema
+ intensiv
+ sechs Geschichten, die den Opfern des Holocausts ein Gesicht geben
Bewertung:
Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Aktualität: 5/5
Informationsgehalt: 5/5
Preis/Leistung: 4,5/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Peter Bergting:
Rezension zu The Portent
Rezension zu Drachen
Rezension zu Ungeheuer