Stormblood (Jeremy Szal)

Stormblood

Gollancz (Juni 2020)
Taschenbuch
544 Seiten, 18,51 EUR
ISBN: 978-1473227422

Genre: Science Fiction


Klappentext

Vakov Fukasawa used to be a Reaper: a bio-enhanced soldier fighting for the Harmony, against a brutal invading empire. He's still fighting now, on a different battlefield: taking on stormtech. To make him a perfect soldier, Harmony injected him with the DNA of an extinct alien race, altering his body chemistry and leaving him permanently addicted to adrenaline and aggression. But although they meant to create soldiers, at the same time Harmony created a new drug market that has millions hopelessly addicted to their own body chemistry.

Vakov may have walked away from Harmony, but they still know where to find him, and his former Reaper colleagues are being murdered by someone, or something - and Vakov is appalled to learn his estranged brother is involved. Suddenly it's an investigation he can't turn down . . . but the closer he comes to the truth, the more addicted to stormtech he becomes.

And it's possible the war isn't over, after all . . .


Rezension

Als wir Vakow Fukusawa kennenlernen, ist er gerade dabei, mit Unterstützung seines Freundes, dem exzentrischen Hacker (ja, dieses Buch liebt seine Tropes, aber auf sympathische Weise) Grim, sehr lukrative Industriespionage zu betreiben. Seine Zielperson ist nicht gerade glücklich darüber. Aber gerade, als es knapp wird, taucht Katherine Kowalski auf. Sie arbeitet für Harmony, und bittet Vakov um Hilfe, um die Quelle vergifteter Stormtechlieferungen zu finden, die unzählige ehemalige Reaper, aber auch abhängige Zivilist*innen das Leben gekostet haben. Vakov ist alles andere als begeistert. Denn er verdankt seiner Zeit als Soldat für Harmony eine Menge traumatische Erinnerungen und eine irreversible Veränderung seines Körpers. Er weiß nur zu gut über all die ethisch fragwürdigen Dinge Bescheid, die Harmony getan hat, um den Krieg gegen die Harvesters zu gewinnen, und hat eigentlich gründlich mit der Organisation abgeschlossen. Aber dann erfährt er, dass ausgerechnet sein Bruder Artyom etwas mit den Lieferungen zu tun hat. Er stürzt sich in die Ermittlungen, um die Schuldigen zu finden und seinen Bruder zu schützen. Und das ist der Anfang einer langen, dramatischen und ziemlich blutigen Kette von Ereignissen.

Das Ganze spielt in Compass, einer Stadt auf mehreren Etagen, die unzählige dunkle Ecken, Märkte voller cooler Technologien, Nachtklubs und Luxusviertel hat. Es ist eine düster-stylische Welt mit Cyberpunkelementen, in der sich Menschen und Aliens von den verschiedensten Welten bewegen. „Stormblood“ arbeitet viel mit Kontrasten: Der Trostlosigkeit des Hintergrunds und der „Der Zweck heiligt die Mittel“-Einstellung Harmonys steht z.B. Katherine Kowalskis ehrliches Bemühen um das Wohlergehen all ihrer Kolleg*innen gegenüber und in den Rückblenden zu Vakovs Kriegserlebnissen treffen Panoramen der Brutalität und die Loyalität und Zuneigung unter den Reapern aufeinander. In der Gegenwart ist die Freundschaft zwischen Vakov und Grim ein willkommener Lichtblick zwischen den Rückschlägen, welche die Figuren zu verkraften haben. Insgesamt ist Vakov nicht der abweisende Einzelgänger, den man in einem zu Zynismus einladenden Setting vielleicht erwarten würde, sondern bemerkenswert idealistisch und offen dafür, sich auf Freundschaften einzulassen und Menschen zweite Chancen zu geben.

Seine Beziehung zu dem Stormtech in seinem Körper ist ein spannender Aspekt des Buches. Einerseits gewinnt er dadurch Fähigkeiten, die ihm wieder und wieder das Leben retten und spektakuläre Actionszenen ermöglichen. Andererseits gibt es unzählige kleine und große Preise, die es dafür zu entrichten gilt – von Überempfindlichkeit, einem charakteristischen, starken Geruch und schneller wachsendem Haar hin zu gefährlich gesteigerter Aggression. Das Stormtech macht sich nicht nur als coole Superkraft bemerkbar, wenn er es gerade gut gebrauchen kann, sondern ist immer da und erzeugt körperliche Reaktionen, über die er keine Kontrolle hat – eine stetige Erinnerung daran, was ihn von anderen Menschen unterscheidet.

Vieles, was in „Stormblood“ passiert, und auch so einige Worldbuilding- und Kulissenelemente fühlen sich vertraut an, was zwar durchaus auffällt, aber auch Orientierung bietet und den Lesespaß nicht beeinflusst. Für einen Debütroman ist das Buch ungewöhnlich ausgereift – gelegentlich gibt es einen winzigen Brocken auffällige Exposition, aber das ist schnell wieder vergessen. Sprache und Handlung tragen Lesende schnell durch die Handlung, und Jeremy Szal weiß, dass er seinem Protagonisten zwischen den spektakulären Kämpfen und Fluchten auch mal eine Pause in einem Pool gönnen kann, von dem aus er auf Bildschirmen in die Weite des Weltraums um ihn herum schaut. Diese ruhigeren Momente sind gut eingesetzt und erlauben es Lesenden, Welt und Figuren besser kennenzulernen. Vakov ist viel mit den hässlichen, gefährlichen Seiten dieser fiktiven Welt konfrontiert, doch der Roman vermeidet Eindimensionalität, indem es uns auch angenehme Orte, entspannte Gespräche und schöne Erinnerungen zeigt. Das ist eine sehr willkommene Balance, denn „Stormblood“ ist wirklich nicht zurückhaltend, wenn es um Schilderungen extremer Gewalt geht.

Der Roman bleibt durchgehend spannend, auch wenn sich bestimmte Handlungsmuster vielleicht ein wenig zu oft wiederholen (Vakovs Gegenspieler*innen lernen nur langsam, dass es tendenziell eine schlechte Idee es, ihn gefangen zu nehmen), und lässt Lesende mit seinem sympathischen Ich-Erzähler mitfiebern. Er hat mich mit ein paar offenen Fragen (über Harvest wird z.B. nur verraten, wie die Soldat*innen dieser Seite im Krieg agieren, aber die Hintergründe bleiben komplett im Dunkeln), aber vor allem mit Vorfreude auf die nächsten Bände zurückgelassen.


Fazit

„Stormblood“ ist ein nicht klischeefreier, aber mitreißender Science-Fiction-Roman, mit einem überraschend idealistischen Protagonisten in einer düsteren, brutalen Welt.


Pro und Contra

+sympathischer Protagonist
+spannender Plot
+coole Technologien

o teilweise sehr tropey

-sich wiederholende Handlungsmuster

Wertung:

Handlung: 4/5
Figuren: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis-Leistung: 3/5