Rowan & Ash - Ein Labyrinth aus Schatten und Magie (Christian Handel)

rowan und ash

Ueberreuter (Juli 2020)
Hardcover mit Schutzumschlag
416 Seiten, 17,95 EUR

ISBN: 978-3-7641-7105-6

Genre: Fantasy / Jugendbuch


Klappentext

Seit seinem dritten Lebensjahr ist Rowan O’Brien mit der Kronprinzessin von Iriann verlobt. Doch im Vorfeld der Hochzeit sorgen Gerüchte für Verstimmung: Rowans enge Freundschaft mit der gleichaltrigen Magierschülerin Raven wird von missgünstigen Stimmen aufgebauscht und großgeredet. Dabei empfindet Rowan nichts als Freundschaft für Raven. Die Wahrheit ist viel komplizierter: Rowan liebt keine andere Frau. Sondern den Königssohn Ash.


Rezension

Rowan O’Brien trägt das Schicksal seiner Familie auf seinen jungen Schultern. Einst saßen seine Vorfahren auf dem Thron von Iriann und Rowans Vater arbeitet bereits sein ganzes Leben daran, dass die Krone eines Tages wieder einem O’Brien gehört. Dazu wurde er Berater des Königs – und hat seinen Sohn mit der Kronprinzessin Alyss verlobt. Rowan ist so voller Pflichtgefühl, dass er die schöne, kluge Alyss tatsächlich heiraten will. Immerhin sind die beiden befreundet und Rowan hofft, ihr eine Stütze sein zu können. Seine eigenen Sehnsüchte stellt er dabei zurück, denn er schämt sich für sie. Nicht Frauen lassen sein Herz höher schlagen, sondern Männer. Vor einem Jahr hat er sich ausgerechnet in den selbstbewussten Königssohn Ash verliebt und versucht seitdem, ihn zu vergessen. Doch als Rowan und seine Familie in die Hauptstadt reisen, begegnet er Ash wieder …

“Rowan & Ash – Ein Labyrinth aus Schatten und Magie“ erzählt eine klassische Fantasygeschichte mit mittelalterlichem Setting und Magie. Einst lebten Elfen in Iriann, doch vor Jahrhunderten sind sie verschwunden und überließen die Menschen einem grausamen Schicksal. Die wunderschöne Frau der damaligen Königs entpuppte sich als Hexe, die sein Schloss und alle, die darin lebten, in die Finsternis riss. Es gelang, die Hexe einzusperren, doch seit damals suchen Schattenkreaturen Iriann heim und der Hexenbrand, eine mysteriöse magische Krankheit, fordert immer wieder Opfer. Deshalb soll das Schattenlabyrinth, in dem die Hexe schläft, versiegelt werden. Doch damit würde auch die Magie in Iriann versiegen und das Königreich lebt vom Handel mit magischen Artefakten.

Rowan interessiert sich mehr für das Verschwinden der Elfen als für politische Debatten um den Nutzen der Magie. Doch er steht seiner Verlobten pflichtbewusst zur Seite und ist bereit, jede ihrer Entscheidungen zum Wohl des Volkes mitzutragen. Es könnte alles so schön und einfach sein, immerhin mag er Alyss wirklich. Aber eben nur als Freundin, so wie Magieschülerin Raven. Seine Familie betrachtet diese Freundschaft mit Sorge, könnten doch böse Gerüchte entstehen, doch Rowan ist nur wichtig, dass Alyss ihm vertraut. Und dass sie niemals hinter sein Geheimnis kommt, dass er schwul ist. In Iriann wird Homosexualität nicht toleriert und Rowan wird des Öfteren Zeuge von widerlichen Scherzen, die auch Ash treffen. Gerüchte machen die Runde, dass der Königssohn mit einem Ritter im Bett erwischt worden sei. Doch während Rowan unter den bösartigen Kommentaren zusammenzuckt, hat Ash immer einen Konter parat.

Die Geschichte wird aus Rowans Perspektive erzählt und zu Beginn des Romans kennen er und Ash sich bereits. Allerdings endete ihre Liebesgeschichte, bevor sie begonnen hatte. Rowan ist seitdem klar, dass er schwul ist, doch er versucht mit aller Macht, seine Gefühle zu unterdrücken. Zu groß ist seine Angst vor den Konsequenzen, vor den Anfeindungen und davor, dass seine Familie ihn verstoßen könnte. Er ist fest überzeugt davon, dass seine Eltern und Schwestern sich vor ihm ekeln würden. Ash ist da schon einen Schritt weiter, er hat sich teilweise geoutet. Zudem ist er impulsiver und emotionaler als der ruhige, gewissenhafte Rowan, entsprechend fällt es Ash schwerer, seine Gefühle zu unterdrücken. Er will Rowan unbedingt für sich gewinnen und sucht immer wieder seine Nähe.

Christian Handel schildert Rowans innere Konflikte glaubhaft und man leidet richtig mit ihm mit. Der junge Mann will seine Pflicht erfüllen und niemanden enttäuschen, doch das, was er sich am meisten wünscht, könnte alles zu Nichte machen. Seine Situation spiegelt die Situation vieler queerer Jugendlicher, auch wenn die Toleranz heutzutage größer ist als im letzten Jahrhundert . Doch auch heute gibt es noch Familien, die negativ auf ein Outing reagieren, und Beleidigungen gehören für viele queere Menschen zum Alltag und auch mit Gewalt werden viele konfrontiert. Für Rowan steht vor allem die Angst vor Ablehnung durch seine Familie im Vordergrund. Schade ist, dass diese Angst mehr Raum einnimmt als Ash, der Rowan zwar ordentlich durcheinanderbringt und einige schöne Momente mit ihm hat, aber in vergleichsweise wenigen Kapiteln auftritt.

Die Welt von „Rowan & Ash“ ist mittelalterlich geprägt und enthält diverse Genreklischees wie die magischen, ätherischen Elfen. Auch sind bestimmte Handlungselemente vorhersehbar, so weiß man natürlich, dass Rowan und Ash irgendwann zueinander finden. Die Frage ist nur, ob die Liebe eine Chance hat. Zum Ende hin wird es ein wenig gruselig und Christian Handel gelingt eine teils überraschende, gelungene Auflösung, während insbesondere die weiblichen Nebencharaktere bei der Leserschaft punkten könnten.


Fazit

”Rowan & Ash – Ein Labyrinth aus Schatten und Magie“ ist eine bittersüße Liebesgeschichte, die in einem magischen Fantasysetting reale Konflikte queerer Jugendlicher spiegelt. Rowans Situation ist zum Verzweifeln, doch so wie die Wahrheit hinter dem Hexenmythos überrascht, so überrascht auch Rowan mit seinem aufflammendem Mut.


Pro und Contra

+ bittersüße, queere Liebesgeschichte
+ Rowan und Ash sind völlig gegensätzlich und passen wunderbar zusammen
+ einfühlsame Schilderung von Rowans inneren Konflikten
+ starke Frauenfiguren in den Nebenrollen
+ magisches Fantasysetting mit einem spannendes Mythos
+ schön gestaltetes Hardcover

o viele Fantasyklischees

- Ash tritt als Titelfigur leider zu selten auf
- teils vorhersehbar

Wertungsterne4

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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Tags: Christian Handel, Märchen, queere Figuren, Elfen, Magie