Amrûn Verlag (2017)
Taschenbuch, 488 Seiten Seiten, 14,90 EUR
ISBN: 9783958692909
Genre: Near Future / Climate Fiction / Jugendbuch
Klappentext
Was passiert, wenn die mächtigste Waffe der Welt in die falschen Hände gerät?
Und was würdest du tun, wenn du sie als einziger stoppen könntest?
Nicholas ist siebzehn und kann begnadet fotografieren. Die Chance seines Lebens: Bordfotograf auf einem Forschungsschiff. Doch dabei entdeckt er Geheimnisse, die weder für seine Augen noch für seine Kamera bestimmt sind, und plötzlich gerät er in tödliche Gefahr…
Ein brandaktueller Thriller unter kalifornischer Sonne.
Futuristisch? Oder realistisch?
So gefährlich nah war uns die Zukunft noch nie.
Rezension
In Kalifornien wird es immer trockener, sodass Teilen der Bevölkerung sogar das Wasser abgestellt wird. Nicholas hat das Glück, in einer geschützten Siedlung nahe des Strands ohne Wassermangel zu leben – noch. Das Geld wird knapper, da sein Vater keine Aufträge für Drehbücher mehr bekommt. Und dann will auch noch die Mutter, die die Familie verlassen hat, ihr Haus verkaufen. Nicholas glaubt mit seinen siebzehn Jahren, dass er das Geld auftreiben kann und muss, um sein Heim zu retten. Entsprechend glücklich ist er, als er die Chance erhält, auf einem supermodernen Forschungsschiff als Bordfotograf zu arbeiten. Nicholas ist voller Tatendrang, als ein Reporter der New York Times Kontakt zu ihm aufnimmt und erklärt, dass es auf dem Forschungsschiff nicht mit rechten Dingen zugeht. Er bittet Nicholas darum, die Augen offen zu halten und ihm Informationen zukommen zu lassen, wenn ihm etwas Merkwürdiges auffällt. Nicholas sieht die Chance, sein Gehalt zu verdoppeln, doch bald kippt die Stimmung und aus der größten Chance seines Lebens wird ein Alptraum …
„Wolkendämmerung“ spielt in einer nahen Zukunft, in der Wissenschaftler versuchen, die Auswirkungen des Klimawandels zu bekämpfen und teilweise rückgängig zu machen. Forschungsschiffe wie das, auf dem Nicholas arbeiten soll, sprühen Salzwasser in die Wolken, damit diese mehr Sonnenlicht reflektieren und sich so das Klima langsam wieder abkühlt. Doch die Technologie lässt sich auch als Waffe gebrauchen. Als Nicholas einwilligt, für den Reporter zu spionieren, ist ihm das ganze Ausmaß noch nicht bewusst. Erst als er sich näher mit der Thematik beschäftigt und ein Gespräch seines Chefs belauscht, erkennt er, in welche Gefahr er sich begibt. Doch sein Ehrgeiz ist geweckt und da er trotz dummer Fehler nicht entdeckt wird, geht er immer größere Risiken ein, um an Informationen zu gelangen. Seinen Übermut nimmt man ihm ab, es passt einfach zu seinem Charakter, dass er viel riskiert und sich mit seinem Charme aus verdächtigen Situationen herausreden kann.
Die erste Hälfte des Romans lässt die Schatten der zweiten Hälfte nur erahnen. Zunächst liest sich „Wolkendämmerung“ wie eine Sommerromanze unter kalifornischer Sonne, denn Nicholas hat ein Auge auf Elin geworfen. Das schöne und kluge Mädchen kommt aus Deutschland und verbringt den Sommer bei Nicholas‘ bestem Freund Zack und seiner Familie. Ihrer Annäherung stehen jedoch Nicholas‘ Ex-Liebschaften im Weg. Später, als Nicholas bemerkt, dass er beobachtet wird, hält er Elin absichtlich auf Distanz, um sie nicht zu gefährden. Doch Elin will Nicholas mit seinen Sorgen nicht alleinlassen und unterstützt ihn mehr oder weniger gegen seinen Willen. Auch Kumpel Zack hilft, wo er kann. Seine Computerkenntnisse beispielsweise erweisen sich als Trumpf.
Während Nicholas und seine Freunde vielschichtige Charaktere mit Stärken und Schwächen sind, entsprechen die Erwachsenen oft Stereotypen. Insbesondere Nicholas‘ zwielichtiger Chef Joe entspricht zu sehr dem Klischee des sehr reichen Klimahelden mit großen Visionen und düsteren Absichten. Zum Ende hin relativiert sich dieser Eindruck und Joe erscheint glaubwürdiger, doch bis dahin erlebt man einen zweigesichtigen, arroganten Kerl, der trotz diversen Patzern nicht bemerkt, dass Nicholas gegen ihn arbeitet. Viele Jugendbücher leiden unter dieser Problematik, dass die jungen, unerfahrenen Protagonisten den Antagonisten nur allzu leicht auf der Nase herumtanzen. Und auch wenn Nicholas durchaus risikofreudig ist, reagiert er auf seine Verfolger und auf Drohbriefe zu cool.
J. Dibbern streut viele Details über Meerestiere und den Klimawandel ein und zeigt, dass sie sich mit dem Thema intensiv beschäftigt hat. Im Anhang findet sich noch ein kurzes Kapitel „Fakt & Fiktion“, in dem sie auf die wissenschaftlichen Grundlagen ihrer Romanidee eingeht. Es hätte gerne noch etwas mehr Science in „Wolkendämmerung“ sein dürfen, doch die Autorin konzentriert sich auf ihre jugendlichen Protagonisten, die sich zwar Gedanken um den Klimawandel machen, jedoch mehr mit ihren persönlichen Problemen, ihren Zukunftsträumen und -ängsten sowie Verliebtheit beschäftigt sind.
Fazit
„Wolkendämmerung“ ist ein sommerlicher Jugendroman mit Thriller-Elementen und spannenden Einblicken in Geoengineering / Climate Engineering. So ehrenwert die Ziele der Forschungsmission sind, so düster sind die Möglichkeiten zum Missbrauch der Technologie. J. Dibbern bleibt stets nah an ihrem Protagonisten, der Fehler macht, Mut beweist und letztlich über sich hinauswächst.
Pro und Contra
+ die heiße Sonne Kaliforniens
+ vielschichtige Einblicke in Geoengineering / Climate Engineering
+ Nicholas überzeugt mit Stärken und Schwächen
+ Nicholas' Leidenschaft fürs Fotografieren
+ vielseitige, jugendliche Nebencharaktere
+ Lovestory, die ohne Kitsch auskommt
+ stimmungsvolles Cover
- Erwachsene oft stereotyp
- Handlung kommt in der ersten Hälften nur langsam in Schwung
- Nicholas reagiert unglaubwürdig cool auf Verfolgung und Bedrohung
Wertung:
Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3,5/5