Verlag: Splitter; (Januar 2021)
Gebundene Ausgabe: 160 Seiten; 24 €
ISBN-13: 978-3-96219-585-4
Genre: Biographie
Klappentext
1960 traumatisiert der Film „Psycho“ die Kinozuschauer auf der ganzen Welt. Noch nie zuvor war man im Kino gezwungen, dem Bösen so tief ins Auge zu blicken. Doch woher kommt das Talent dieses Alfred Hitchcock, des Mannes, den man den „Meister des Suspense“ nennt? Um das Herauszufinden, muss man zunächst in seine Jugend, in das England der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückgehen. In einer katholischen Familie aufgewachsen – ein religiöser Hintergrund, der sich später in einem Großteil seiner Werke niederschlägt -, ist „Hitch“ ein untypischer Engländer, der sehr früh Geschmack am Geschichtenerzählen findet. Es folgen die ersten Schritte beim Film, zunächst als Grafiker in den Islington Studios, wo er mit seinem visuellen Talent schon bald hinter der Kamera debütiert, erst als Assistent, anschließend als Regisseur. Hier lernt er auch Alma Reville kennen, seine Assistentin und spätere Ehefrau, die ihn während seiner ganzen Karriere begleiten wird.
Der Comiczeichner Dominique Hé und der Filmhistoriker Noel Simsolo laden sie dazu ein, das Leben des berühmtesten Regisseurs der Filmgeschichte zu entdecken. Die Geschichte eines eigensinnigen, anspruchsvollen und schlicht außergewöhnlichen Künstlers mit einer solch reichhaltigen Filmographie, dass es zwei Bände benötigt (englische Periode, amerikanische Phase), um sie zu erzählen.
Rezension
Alfred Hitchcock wird in London geboren und wächst recht einsam auf. Der korpulente Junge ist zurückhaltend und hat eine enge Bindung zu seiner Mutter. Seine großen Leidenschaften sind das Theater, das Kino und das Essen. Zwangsläufig landet er dann Anfang der zwanziger Jahre beim Film. Dort trifft er auf Alma Reville, die er heiraten wird. Nach und nach bekommt Hitch, wie er genannt wird, mehr Verantwortung, bis er seine ersten Filme drehen darf. Der Erfolg stellt sich bald ein und er wird weltbekannt. Ende der dreißiger Jahre steht dann die Entscheidung an, ob er nach Hollywood geht.
Über den Meister des Suspense wurde bereits viel geschrieben, dennoch ist er für viele nach wie vor ein unbeschriebenes Blatt, abgesehen von seiner Leidenschaft für Blondinen und seinen Cameos in seinen Filmen.
Noel Simsolo, angesehener Filmhistoriker in Frankreich und Zeichner Dominique Hé haben nun eine Comicbiographie des Regisseurs verfasst. Und wie es sich bei Hitchcock gehört, folgt die keinen normalen Erzählstrukturen und beginnt mit seinem vermutlich berühmtesten Film: Psycho. Auf den ersten Seiten sind die Reaktionen der Menschen rund um die Welt auf diesen Klassiker zu sehen, Einerseits geschickt, andererseits etwas zu sehr effekthascherisch, denn Hitchcocks Leben wird in diesem ersten Band der zweiteiligen Biographie nur bis zum Jahr 1939 erzählt und damit bleibt Psycho ansonsten außen vor. Direkt danach springt der Comic zur eigentlichen Rahmenhandlung. Im Jahr 1954, während der Dreharbeiten zu Über den Dächern von Nizza, führt Hitchcock ein privates Gespräch mit Cary Grant, indem sie über sein Leben, seine Ängste, seine Motivation und sein Verständnis von Film plaudern. Diese Szenen wechseln sich immer wieder mit der Vergangenheit ab und Hitchcock darf sich durch den Dialog mit Grant im Prinzip selbst vorstellen und erklären. Das ist von Simsolo gut geschrieben worden und als Leser erhält man einen guten Einblick in die schillernde Persönlichkeit des Alfred Hitchcocks, der alles andere, aber mit Sicherheit keine einfache Person war. Seine guten und seinen schlechten Seiten werden gezeigt und nebenbei bekommt man einen guten Eindruck davon, wie sich der Film entwickelt hat, und wer noch nicht wusste, was Suspense und MacGuffin bedeuten, wird es nach der Lektüre mit Sicherheit wissen. Dennoch wirkt die Biographie etwas kurz und sprunghaft. Es ist schnell klar, dass Noel Simsolo nur einen Überblick geben kann, trotz der 140 Seiten, die ihm zur Verfügung stehen. Für einen ersten Einblick in Alfred Hitchcock und sein Werk ist Der Mann aus London jedoch hervorragend geeignet.
Klare Linien bestimmen die Zeichnungen und alles wird fast ausschließlich auf das Wesentliche reduziert. Wobei Dominique Hé dies immer mal wieder übertreibt und gerade Personen nicht immer klar zu differenzieren sind. Leider führt dies dazu, dass er die Biographie nur bebildert. Eine eigene Bildsprache entwickelt er nicht, was umso betrüblicher ist, weil mit Alfred Hitchcock über einen Künstler und Filmschaffenden erzählt wird, der viel Wert auf das Visuelle und aussagekräftige Bilder legte. Man denke nur an den in einen Tunnel fahrenden Zug am Ende von Der unsichtbar Dritte. Ein etwas höherer künstlerischer Anspruch wäre hier schön und passender gewesen.
Fazit
Der Mann aus London erzählt von Alfred Hitchcocks erster Lebenshälfte und Schaffensperiode, bevor er von England in die USA zog. Noel Simsolo gibt einen gelungenen Überblick über die Ereignisse in Hitchcocks Leben und den Menschen dahinter. Dominique Hé hätte allerdings etwas mehr Kreativität bei den Zeichnungen zeigen dürfen.
Pro & Contra
+ gibt einen sehr guten Überblick
+ Hitchcocks Innenleben wird gut dargestellt
- Dominique Hés Zeichnungen hätten besser und kreativer ausfallen dürfen
Bewertung:
Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 3/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5
Literatopia-Links zu weiteren Comicbiographien:
Rezension zu Chaplin
Rezension zu Marlene Dietrich
Rezension zu Beate & Serge Klarsfeld
Rezension zu Wagner
Rezension zu Lugosi
Rezension zu Einstein