Verlag: Splitter; (November 2020)
Gebundene Ausgabe: 184 Seiten; 35 €
ISBN-13: 978-3-96219-560-1
Genre: Historik/ Thriller
Klappentext
Reich der Azteken, 1454
In Tenochtitlan, der Stadt im See, kursieren seit einiger Zeit Gerüchte. Überall im Reich, bis in die entlegensten Winkel, tauchen die Mumien von Mädchen auf, die allesamt grausam ermordet und auf die gleiche Weise zugerichtet worden sind.
Um jede Unruhe zu vermeiden, versuchen die Stadtoberen, die Angelegenheit zu vertuschen. Mit der Untersuchung des Falls wird insgeheim Schlange beauftragt, ein skrupelloser, aber sehr effizienter Funktionär. Der einflussreiche Priester Cozatl wiederum fürchtet aufgrund gewisser Indizien, dass die Morde im Zusammenhang mit dem Orden stehen, den er leitet.
Er will darum so schnell wie möglich seinen alten Freund Augen-Speer davon überzeugen, parallele Ermittlungen aufzunehmen. Schlange und Augen-Speer kennen sich allerdings schon seit ihrer Schulzeit, und ihr Verhältnis war stets angespannt gewesen.
Wer von beiden wird nun dieses dunkle Rätsel als Erster lösen?
Rezension
Die Herrscher Tenochtitlans sind beunruhigt. Überall in der einzigen Welt, wie sie das Aztekenreich selbst nennen, tauchen Mumien junger Mädchen auf. Menschenopfer, wie sie die Priester durchführen, werden zwar akzeptiert, aber Morde an ihren Kindern würde die Bevölkerung trotzdem in Unruhe versetzen. Die Morde müssen unter Verschluss gehalten werden und gleichzeitig soll ein Ermittler tätig werden. Die Wahl fällt auf den brutalen Schlange, der sich auch rücksichtslos ans Werk macht.
Währenddessen versucht der Priester Cozatl seinen alten Freund, den Händler Auge-Speer, dafür zu gewinnen, ebenfalls zu ermitteln. Denn die Inszenierung der Mumien, erinnert ganz vage an die Riten seines Ordens. Aber Speer weigert sich, bis er eine Nachricht seines alten Meisters erhält.
Mit Aslak entführte Hub mit Hilfe von Co-Autor Fred Weytens und Zeichner Emmanuel Michalak den Leser in die Welt der Wikinger, mit Okko, den er verfasste und zeichnete, ging es in das Japan der Samurai, mit Schlange und Speer widmet sich Hub nun dem Aztekenreich und damit einer Zivilisation, die kaum einem in Europa bekannt sein dürfte - bis auf wenige Eckdaten wie Menschenopfer und die Eroberung durch Hernán Cortés natürlich.
Es wäre für Hub leicht gewesen die Ankunft des Eroberers als Ausgangspunkt zu nehmen und damit eine Verbindung zu dem, was der Leser kennt, herzustellen und ihn sofort ein Gefühl des Wiedererkennens zu geben. Diesen leichten Weg nimmt er aber nicht. Stattdessen geht er bis ins Jahr 1454 zurück und damit in eine Zeit, aus der nicht so viel bekannt ist. Das gibt ihm gleichzeitig Freiheiten und schränkt ihn ein. Denn so muss er sich in einem engen Rahmen der Spekulation bewegen, ohne dass das Gefühl beim Leser verloren geht, dass seine Geschichte wirklich in der Welt der Azteken spielt. Dies gelingt ihm aber scheinbar mühelos. Die Vermutung liegt nahe, dass Hub hierfür viel Recherche betrieben hat, denn er baut sehr viele Begriffe aus dem Nahuatl ein, die in Fußnoten erklärt werden, und legt auch viel Wert darauf, die Verhältnisse entsprechend darzustellen, unter anderem wird mit Kakaobohnen bezahlt. Hierdurch entsteht eine konsistente Welt, in der sich seine Helden bewegen und die der notwendige Hintergrund für seine Geschichte ist. In den Vordergrund drängt sie zum Glück nie, denn dann wäre Schlange und Speer vermutlich nicht so spannend und packend, wie der Comic es nun einmal ist.
Hub erzählt hier im Kern einen Serienkillerthriller, mit Morden, die unter die Haut gehen und mehr als ein Rätsel stellen. Im Zentrum sind es aber nicht die Morde, die dafür sorgen, dass Schlange und Speer nicht aus der Hand gelegt wird, sondern es sind die so vielen unterschiedlichen Charaktere, durch die sich die Handlung entwickelt. Ganz besondere das Trio Augen-Speer, Schlange und Cozatl steht im Mittelpunkt und die drei könnten verschiedener nicht sein. Schlange ist skrupellos und brutal und Cozatl als Priester manipulativ und nur von der Sorge getrieben, der Mörder könnte einer seines Ordens sein. Nur Augen-Speer scheint als einziger integer zu sein. Er ist es, der die größte Last schultern muss und tief hinab in die Abgründe der Stadt steigt. Hubs Geschichte über diese Drei und ihre Freunde und Verbündeten entwickelt einen ungeheuren Sog und damit wird Schlange und Speer zu einem der besten Comics der letzten Jahre. Der erste Band bricht an einer äußerst spannenden Stelle ab und damit wird die Wartezeit auf den zweiten Band auf jeden Fall zu lang sein.
Im Anhang befindet sich ein Nachwort von Hub, in dem er über die Ursprünge von Schlange und Speer spricht, Coverentwürfe und ein Bild der „Heldengruppe“.
Obwohl Hub und sein Koloristin Li größtenteils helle Farben verwenden und kaum Regen fällt, gelingt es ihnen, eine Stimmung zu erzeugen, wie sie sonst nur in Thrillern wie Sieben vorherrscht.
Hub erweckt die Welt der Azteken hier bunt zum Leben. Tenochtitlan ist eine pulsierende Metropole und er erschafft lebendige Bilder und vermittelt auf diese Weise ein Gefühl für das Leben in dieser Stadt. Mit hohem Detailgrad geht er zu Werke und legt dabei gleichermaßen viel Wert auf die Charaktere als auf die sie umgebende Welt. Die Rückblenden baut er geschickt ein z.B. über unterschiedliche Farbgebungen. Hier stimmt einfach alles und gerne würde man frei in der Stadt umhergehen.
Fazit
Schlange und Speer widmet sich eines ungewöhnlichen Hintergrunds und erzählt vor diesem einen düsteren und hochspannenden Thriller, der auf diese Weise auch nur im Reich der Azteken spielen kann. Wie schon bei Okko weiß Hub zu begeistern und erweist sich als ein genialer Geschichtenerzähler. Schlange und Speer ist wieder ein kleines Meisterwerk von Hub und gehört in jede Comicsammlung.
Pro & Contra
+ komplexe Geschichte
+ viele Charaktere und daraus resultierende Konflikte
+ spannend
+ zeigt eine völlig unbekannte Welt
Bewertung:
Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Hub:
Rezension zu Okko Bd.1 – Das Buch des Wassers
Rezension zu Okko Bd.2 – Das Buch der Erde
Rezension zu Okko Bd.3 – Das Buch der Luft
Rezension zu Okko Bd.4 – Das Buch des Feuers
Rezension zu Okko Bd.5 – Das Buch der Leere