Mögliche Geschichten (Neil Gaiman, Mark Buckingham)

Verlag: Dantes Verlag; (März 2021)
Gebundene Ausgabe: 84 Seiten; 20 €
ISBN-13: 978-3-946952-64-0

Genre: Mystery/ Horror


Klappentext

Von Neil Gaiman, dem von der New York Times als Bestsellerautor gelisteten Hugo-, Bram-Stoker-, Locus-, World-Fantasy- und Nebula-Preisträger (Sandman, American Gods) stammt die Vorlage zu dieser, vier seiner Kurzgeschichten vereinenden Graphic Novel aus der Feder von Eisner-Preisträger Mark Buckingham (Miracleman, Fables)

„Fremdartige Teile“, „Esser und Fütterer“, „Auf das Mädchen hoffen“ und „Closing Time“ - in diesen einfallsreichen, dunkelversponnenen, unterschwellig miteinander verbundenen Erzählungen geht es um bizarre Geschlechtskrankheiten, eine alte Dame, die gern rohes Fleisch isst, einen Mann mit einer Obsession für ein bestimmtes Fotomodell und um eine Geistergeschichte, die vielleicht keine Geschichte ist.

Subtiler Horror der Spitzenklasse  auf die feine englische Art.


Rezension

Die Neil Gaiman Bibliothek beim Dantes Verlag geht in ihre zweite Runde. Dieses Mal sind es vier Kurzgeschichten, die von Mark Buckingham als Comic umgesetzt wurden, die sich zwischen den Deckeln des Buches befinden.

Und in diesen wird es reichlich bizarr, denn Neil Gaimans Geschichten sind in diesem Fall nicht in der Fantasy beheimatet, sondern mehr im Horror angesiedelt, der sich auf leisen Sohlen anschleicht. Fast wie bei Stephen King, bei dem das Grauen häufig auch nur beiläufig in das Leben seiner Charaktere einbricht.

Die vier Geschichten besitzen eine Rahmenhandlung, durch die sie verbunden sind. Der Prolog und der Epilog spielen im Diogenes Club, einem Ort also, an dem sich die Menschen zu Zeiten als es eine Sperrstunde in England gab, nach dieser noch trafen, um Alkohol zu trinken und sich Geschichten zu erzählen.

Fremdartige Teile

Simon Powers, sechsundzwanzig und Bankangestellter, hat kein Interesse an Sex und hatte das letzte Mal vor drei Jahren welchen. Trotzdem scheint er sich eine Geschlechtskrankheit eingefangen zu haben. Neben Brennen beim Wasserlassen ist allerdings das Gefühl, dass sein Körper mehr und mehr ihm nicht mehr gehört, ein Syptom. Auch Ärzte können ihm nicht helfen.
Seltsam und bizarr sind die Worte, die am Besten zu Fremdartige Teile passen. Das und die Tatsache, dass sich das Grauen nicht offen zeigt, sondern eher versteckt daherkommt, machen diese Geschichte aus, die am Ende sogar weitergeht als vermutet werden konnte.

Esser und Fütterer

Ein Gast des Diogenes Club trifft aus seinen alten Bekannten Eddie Barrow. Dieser sieht um viele Jahre mehr als nur zehn gealtert aus und erzählt ihm seine Geschichte und was sein Zustand mit der seltsamen Miss Courvier und einer Katze zu tun hat.
Esser und Fütterer ist zwar ganz sicher dem Horrorgenre zuzuordnen, gleichzeitig ist hier aber nicht das Hauptaugenmerk. Die Geschichte ist weniger zum Fürchten, sondern eher auf eine gewisse Weise schockierend und irritierend. Aber das kann auch eine gute Geschichte ausmachen, wie es hier der Fall ist.

Auf das Mädchen hoffen

Ein Fotograf erzählt an einer Bar seine Lebensgeschichte und was alles in seinem Leben mit einem bestimmten Mädchen, welches er einst zuerst auf einem Foto im Penthouse-Magazin sah, zu tun hat.
Auf das Mädchen hoffen ist keine Horror- sondern eine Mysterygeschichte, in der es um Leidenschaft, Sehnsüchte und um Träume, die sich nie erfüllen lassen oder erfüllen sollten, geht.

Closing Time

Drei Freunde sitzen im Diogenes Club und erzählen sich Gruselgeschichten. Natürlich sind diese, wie gute Lagerfeuergeschichten immer, nicht wahr. Dann erzählt allerdings einer von ihnen eine Begebenheit um ein altes Haus aus seiner Kindheit. Ein seltsamer alter Mann hört ebenfalls zu.
Im Epilog des Bandes findet Closing Time ihr eigentliches Ende und das ist tatsächlich etwas überraschend. Ansonsten gibt es hier eine Spukhausgeschichte, die von Neil Gaiman gut geschrieben wurde.

Mark Buckingham hat sich aller Geschichten angenommen und sie als Comic umgesetzt. Dabei setzt er nicht nur auf seine Zeichnungen, sondern er verwendet ziemlich viel Text, was ihm die Möglichkeit gibt, viel von dem, was Neil Gaimans Geschichten ausmacht, eben die Formulierungen und der Umgang mit Sprache, zu übernehmen. Die Geschichten sind gerade eben auch dadurch wirkungsvoll und faszinierend.
Aber Mark Buckingham trägt mit den Zeichnungen und eben der Adaption wie Neil Gaiman seinen Teil dazu bei, dass Mögliche Geschichten so seltsam, bizarr und interessant ist.
Er hat eine als klassisch zu bezeichnende Seitenaufteilung mit meistens vielen kleinen Panels gewählt. Dieses Schema durchbricht er selten, dann aber höchst wirkungsvoll, wie z.B. bei Auf das Mädchen hoffen, wenn er Charlotte immer wieder neu in Szene setzt. Mark Buckingham ist für Neil Gaimans Mögliche Geschichten der ideale Zeichner, da er Wege findet den Wahnsinn in Gaimans Geschichten aufs Papier zu bringen.

Wie immer beim Dantes Verlag, gibt es ein Glossar im Anhang, welches gewohnt informativ ist und einen auf viele kleine Details aufmerksam macht, die einem sonst entgangen wäre.


Fazit

Die vier Möglichen Geschichten aus der Feder von Neil Gaiman und umgesetzt von Mark Buckingham haben alle eines gemeinsam: sie sind bizarr, phantastisch und einfach gut geschrieben. Mit Sicherheit sind sie nicht für jeden geeignet, aber wer sich darauf einlässt, wird seinen Spaß an ihnen haben.


Pro & Contra

+ abwechslungsreich
+ Mystery und Horror
+ gelungene Adaption

Bewertung:

Charaktere: 4/5
Handlung: 4/5
Zeichnungen: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


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