Verlag: Splitter; (2021)
Gebundene Ausgabe: 64 Seiten; 14,95 €
ISBN-13: 978-3-96792-725-2
Genre: Krimi/ Comics für Kinder und Jugendliche
Klappentext
Als Enola Holmes am Tag ihres vierzehnten Geburtstags entdeckt, dass ihre Mutter verschwunden ist und ihr nur einen Blumenstrauß und ein Tagebuch mit Geheimbotschaften hinterlassen hat, macht sie sich umgehend auf die Suche nach ihr.
Enola wird all ihren Einfallsreichtum und ihren Scharfsinn brauchten, um vom Landsitz ihrer Familie zu fliehen und die Spur ihrer Mutter in London aufzunehmen, denn ihre beiden Brüder – niemand geringeres als der berühmte Detektiv Sherlock Holmes sowie der hohe Regierungsbeamte Mycroft – sind entschlossen, sie in ein Internat zu stecken, damit eine echte Lady aus ihr wird.
Und dann wird Enola auch noch in die Entführung eines jungen Lords verwickelt...
Rezension
Enola Holmes wohnt gemeinsam mit ihrer Mutter und zwei Bediensteten auf dem Landsitz ihrer Familie. Ausgerechnet an ihrem Geburtstag verschwindet ihre Mutter spurlos und hinterlässt ihr nur Blumen und ein paar Geschenke. Ihre sofort benachrichtigten Brüder Sherlock und Mycroft Holmes kommen, um alles zu regeln. Und das bedeutet vor allem für Mycroft, ihre Mutter zu finden, deren Schlamassel geradezurücken und Enola auf ein Internat zu schicken, auf dem aus ihr eine echte Lady, ohne eigene Persönlichkeit, werden soll. Naturgemäß will Enola dies nicht und beschließt vom Landsitz zu fliehen und nach London zu gehen, um sich dort vor ihren Brüdern zu verstecken und ihre Mutter zu finden. Unterwegs erfährt sie vom Verschwinden des Lord Tewksbury, das sich zu einer Entführung entwickelt. Selbstverständlich beginnt Enola zu ermitteln, schließlich liegt dies in der Familie.
Pastiches über Sherlock Holmes gibt es viele, sehr viele. Der Detektiv aus der Baker Street erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit, sowohl bei Autoren als auch bei Lesern und Hörspielhörern. Die Autorin Nancy Springer hat für ihre Variante Sherlock Holmes´ kleine Schwester geschaffen, die in der viktorianischen Zeit, neben ermittlerischen Tätigkeiten, ganz andere Herausforderungen zu bestehen hat als ihr Bruder. Denn Enola Holmes muss nebenbei auch gegen Vorurteile und für ihre Selbstbestimmung kämpfen. Zumindest in diesem ersten Fall, in dem ihr droht, aufs Internat geschickt zu werden, um zu einer respektablen Lady zu werden. Mit anderen Worten, sie soll lernen hübsch auszusehen. Der selbstbewussten Enola gefällt dies nun gar nicht und dies wird hier auch sehr gut dargestellt. Enola Holmes ist selbstständig und alles andere als auf den Kopf gefallen. Ihre Mutter hat sie ermutigt selbst zu denken und zu tun, was sie will, egal ob es den allgemeinen Konventionen entspricht. Dass sie sich allein auf die Suche nach ihrer Mutter macht, ist da nur konsequent. Es geht darum, wie Enola Holmes erwachsen wird und ihre eigene Stimme findet und sich emanzipiert von der Zeit und vor allem von ihrem Bruder Mycroft. Der Kriminalfall rund um den Lord Tewksbury rutscht dabei mehr in den Hintergrund, wird aber ausreichend dargestellt.
Serena Blasco hat Nancy Springers Roman genommen und als Comic umgesetzt und beim Lesen hat man zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, einem würde etwas durch die Übertragung ins Comicformat entgehen. Die Geschichte liest sich flott und Enola kommt als sehr pfiffig und kreativ herüber. Allein wie sie das gehasste Korsett nutzt, ist eine grandiose Idee. Serena Blasco gestaltet den Comic mit einem großen Lesefluss und bleibt dennoch lesefreundlich. Gerade für Kinder und Jugendliche, die vielleicht gerade beginnen Comics zu lesen, ist dies ideal. Der Humor, der in der Geschichte steckt, wird von ihr ebenso sehr gut übertragen und so wird Sherlocks wilde und clevere Schwester auch im Comic zu einem Vorbild für Mädchen, sich nichts gefallen zu lassen. Selbstverständlich aber nicht nur, auch Jungen dürften ihren Spaß mit ihr haben, dafür ist ihr Abenteuer einfach zu mitreißend und sie zu sympathisch, um diesen nicht zu haben.
Ganz besonders toll sind Serena Blasco die Zeichnungen gelungen. In hellen Farben erzählt sie von Enola, ihren Brüdern und Lord Tewksbury, die auf den Aquarellbildern so richtig zur Geltung kommen. Der Comic hat eine wunderbare positive Grundstimmung und macht auch beim Betrachten einfach gute Laune und ihre Interpretation von Sherlock, Mycroft und Inspektor Lestrade zaubert sofort ein Lächeln ins Gesicht. Diese graphische Umsetzung ist perfekt und bestens dafür geeignet neue Leser für Comics zu begeistern.
Häufig ist es so, dass in Kriminalromanen und -geschichten, Hinweise und Schlussfolgerungen nicht im Detail erklärt werden. Bei Enola Holmes ist dies nicht der Fall. Dafür gibt es ihre Geheimnotizen, in denen es Informationen zur Blumensprache gibt, genauso wie Erklärungen zu Codes und anderen Überlegungen von Enola. Auch die Karikaturen von Mycroft und Sherlock sind zu sehen.
Fazit
Der Fall des verschwundenen Lords ist ein äußerst charmantes Sherlock Holmes-Pastiche für Kinder und Jugendliche, in dessen Mittelpunkt zwar nicht die Entführung des Lords steht, sondern Enola Holmes und ihre Fahrt nach London, aber das dennoch spannend und humorvoll ist. Die kleine Schwester des großen Detektivs sorgt auf jeden Fall für viel Vergnügen beim Lesen.
Pro & Contra
+ starke Hauptfigur
+ humorvoll
+ charmante und schöne Zeichnungen
Bewertung:
Charaktere: 4,5/5
Handlung: 4/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln Mit Enola Holmes:
Rezension zu Enola Holmes Bd.2
Rezension zu Enola Holmes Bd.3