Nur wieder das Ende der Welt ( Neil Gaiman, P. Craig Russell, Troy Nixey)

Verlag: Dantes Verlag; (Mai 2021)
Gebundene Ausgabe: 64 Seiten; 17 €
ISBN-13: 978-3-946952-65-7

Genre: Horror


Klappentext

Nur wieder das Ende der Welt

Lawrence Talbot ist ein gewöhnlicher Durchschnittsmann, der versucht, über die Runden zu kommen … und der sich längst an seine monatlichen Verwandlungen in ein menschenfressendes Untier gewöhnt hat. Als ein eigenartiger Besucher in seinem Büro auftaucht, um ihn vom Ende der Welt in Kenntnis zu setzen, tut Lawrence die Angelegenheit noch mit einem Schulterzucken ab. Doch dann wird er in einer Abfolge merkwürdiger Ereignisse tiefer als ihm lieb sein kann in die sich anbahnende Apokalypse hineingezogen.

Von Neil Gaiman, dem von der New York Times als Bestsellerautor gelisteten Hugo-, Bram-Stoker-, Locus-, World-Fantasy- und Nebula-Preisträger (Sandman, American Gods) stammt die Vorlage zu dieser Graphic Novel aus der Feder von Eisner- und Harvey-Preisträger P. Craig Russell (Elric, Night Music), die von Troy Nixey (Harley Quinn, the Matrix) und Matthew Hollingsworth (Catwoman, Eternals) gezeichnet und koloriert worden ist.


Rezension

Lawrence Talbot lebt in Innsmouth. Sein Job als Ermittler ist ihm nicht gerade wichtig. Viel lieber verbringt er da seine Zeit in der Kneipe, auch wenn die Bewohner alle ein seltsames Aussehen haben. Aber als Werwolf hat man keine große Wahl und hier wird er immerhin akzeptiert. Eines Tages allerdings wartet ein seltsamer Mann in seinem Büro auf ihn und erzählt etwas von der Apokalypse - und Lawrence´ Leben wird doch noch aufregender als gedacht.

Ein Werwolf, der eine reißende Bestie ist. Ein lakonischer fast fatalistischer Mann, der tut, was er muss, um zu überleben. Ein Ermittler, der pragmatisch denkt und der Arbeit eher ausweicht. All das ist bekannt und in Literatur und Film häufig genutzt worden. Aber was ist, wenn all diese Elemente miteinander vermischt werden und etwas von H.P. Lovecrafts Geschichten hinzugegeben wird? Dann ergibt das einen gewissen Lawrence Talbot und Nur wieder das Ende der Welt. Neil Gaiman hat mit Nur wieder das Ende der Welt eine der außergewöhnlicheren Werwolfgeschichten geschrieben. Bei ihm ist der Werwolf zwar auch gefährlich und unberechenbar, aber eben auch ein vollkommen normaler und durchschnittlicher Mann, der einfach in Ruhe leben will. Und dies ist ein Ansatz, der für reichlich Abwechslung im Horroreinheitsbrei sorgt. Denn mit Lawrence Talbot hat er einen Helden geschaffen, mit dem sich der Leser leichter identifizieren kann als mit vielen anderen. Er ist, abgesehen von seinem Werwolfdasein, ein Typ wie jeder andere auch. Dadurch kommt so einiges an verstohlenen und trockenen Humor in die Geschichte, die trotz allem eine Horrorgeschichte bleibt, die mehr als einmal überraschen kann. Zudem ist sie im Prinzip eine große Hommage an H.P. Lovecrafts Geschichte Schatten über Innsmouth. Nicht nur der Handlungsort ist derselbe, auch viele Handlungselemente übernimmt Neil Gaiman und interpretiert sie auf seine eigene Weise und fügt ihnen immer etwas hinzu, wodurch Nur wieder das Ende der Welt eindeutig eine Neil Gaiman Geschichte wird.
P. Craig Russel hat sich die Arbeit gemacht, Gaimans Geschichte in das Medium Comic zu übertragen und das Skript hierfür geschrieben. Bereits zuvor hat er Geschichten von Neil Gaiman zeichnerisch umgesetzt, z.B. Coraline und Das Graveyard Buch. Er weiß also, wie er mit Neil Gaimans Art des Schreibens umgehen muss, damit sie auch in einem anderem Medium wirkt. Bei Nur wieder das Ende der Welt gelingt ihm das jedenfalls sehr gut. Die Geschichte hat eine eigentümliche Atmosphäre und Humor, die Gaimans Erzählungen sehr häufig haben und er charakterisiert die Figuren auf den Punkt. Er erzählt nicht nur effektiv, schließlich hat er nur 48 Seiten zur Verfügung, sondern ebenso ausführlich und so, dass nichts verloren geht.

Troy Nixey hatte die Aufgabe P. Craig Russells Skript umzusetzen und gleichzeitig dem Geist von Neil Gaimans Vorlage gerecht zu werden. Und beiden Ansprüchen genügt er voll und ganz. Gerade beim Vergleich der Layoutzeichnungen von P. Craig Russell mit seinen Tuschezeichnungen, beides im Anhang zu finden, fällt auf, wieviel er zum Gelingen des Comics beigetragen hat. Denn die Aufteilung der Seite hat sich verändert und die Entscheidungen, die Troy Nixey trifft, sind dabei immer richtig.
Die Figuren zeichnet er nicht gerade realistisch, eher mit einer Prise Karikatur und leicht verdreht. Angesichts der Tatsache, wo Nur wieder das Ende Welt spielt und was eigentlich vor sich geht, ist dies aber eine perfekte Umsetzung. Es macht Spaß seine Zeichnungen zu betrachten und gleichzeitig transportieren sie einen wohligen Grusel.

Beim Bonusmaterial gibt es nichts zu meckern. Wie beim Dantes Verlag nicht anders zu erwarten fällt dies trotz der Kürze der Erzählung umfangreich aus. Es gibt Layout- und Tuschezeichnungen von Seiten zu betrachten, Cover und die gewohnt informativen Anmerkungen am Ende Comics. Das ist ein Standard von dem mancher Verlag sich eine Scheibe abschneiden sollte.


Fazit

Neil Gaimans Nur wieder das Ende der Welt ist eine Werwolfgeschichte der anderen Art. Mit lakonischem Witz und vollkommen ruhig stolpert Lawrence Talbot durch die Handlung, die viele Elemente vereint und einfach ein großes Lesevergnügen ist.


Pro & Contra

+ Hommage an H.P. Lovecraft
+ gute Umsetzung als Comic
+ Lawrence Talbot

Bewertung:

Charaktere: 4,5/5
Handlung: 4,5/5
Zeichnungen: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5  


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