Mutterschoß (Elea Brandt)

Chaospony Verlag (Juni 2021)
Paperback
442 Seiten, 14 EUR
ISBN: ISBN 978-3-947682-11-9

Genre: High Fantasy, Grimdark


Klappentext

Shiran will der angesehenste Arzt von Ghor-el-Chras werden, Ajeri eigentlich nur in Ruhe ihrer Arbeit als Hebamme nachgehen. Als beide zugleich zu einer Geburt gerufen werden, beginnt für sie ein Albtraum.

Ajeri wird beschuldigt, Mutter und Kind verflucht zu haben, und flieht, um ihrer Hinrichtung zu entgehen. Mit ihr, der Tochter einer Hexe, kennt die Stadt des Blutigen Gottes keine Gnade. Auch Shiran stellt Nachforschungen an und begreift, dass mehr hinter allem steckt als eine Intrige.

Etwas Uraltes ist erwacht. Und es ruft nach seinen Kindern.


Rezension

Mit „Mutterschoß“ kehrt Elea Brandt in die Ghor-el-Chras zurück, wo die Kirche des Blutigen Gottes nicht nur sorgfältig darüber wacht, dass sich niemand ketzerischer Handlungen schuldig macht, sondern auch eine gnadenlose, sozialdarwinistische Kultur stärkt. Hier werden zwei Personen, die eigentlich nichts mehr miteinander zu tun haben wollen, in die gleiche Intrige verwickelt: Die Hebamme Ajeri und der Arzt Shiran werden beide auf eine Serie von Fehlgeburten aufmerksam, die eine übernatürliche Ursache zu habe scheinen. Und bald haben beide eine sehr persönliche Motivation, um herauszufinden, was dahintersteckt. Dabei müssen sie gleich mehrere an den Ergebnissen ihrer Nachforschungen interessierte Parteien zufriedenstellen oder aber eine Begegnung mit ihnen um jeden Preis vermeiden.

„Mutterschoß“ ist ein unglaublich solides Buch: Der Plot ist sorgfältig konstruiert – die Figuren legen Lage um Lage von Geheimnissen frei, bis sie schließlich zu der eigentlich verantwortlichen Person vordringen –, die Geschichte bleibt durchgehend spannend und die Spannung steigert sich nochmal in den eindringlich geschilderten Momenten der Gefahr. Der Schreibstil ist flüssig und erlaubt es, das Buch mühelos binnen kürzester Zeit durchzulesen.

Hinzu kommt noch sorgfältig durchdachte Repräsentation von ethnischer, religiöser und sexueller Vielfalt und es wird die Bedeutung des Zugangs zu sicheren, vertraulichen Schwangerschaftsabbrüchen thematisiert. Spannend ist auch die von historischen Kulturen inspirierte enge Verschränkung von religiöser Praxis und Medizin, hier noch ergänzt um eine magische Komponente, denn in Ghor-el-Chras sind Gottheiten und Dämonen real und potenziell sehr gefährlich.

Von den beiden Figuren ist Ajeri, die trotz ihrer denkbar schwierigen Situation – sie ist immer wieder Diskriminierung ausgesetzt und ein bequemer Sündenbock, wenn einer gebraucht wird – meist prinzipientreu und hilfsbereit handelt, die offensichtliche Sympathieträgerin und ich habe ihr beim Lesen durchaus gewünscht, dass sie alles unbeschadet übersteht, aber fand Shiran interessanter. Der junge Arzt ist ehrgeizig, überheblich und zu einiger Rücksichtslosigkeit fähig, aber auch ein hingebungsvoller Partner und unabhängiger Denker. Die dritte Figur, aus deren Perspektive wir die Geschichte erleben, ist Milas, der als Sklave getarnt einen Haushalt mit einigen beunruhigenden Geheimnissen infiltriert hat, und offenbar selbst einige gefährliche Fähigkeiten versteckt.

Manchmal hätte ich mir gewünscht, dass das Buch noch ein wenig tiefer in die Psyche seiner Figuren und die Effekte, die das Leben in Ghor-el-Chras auf diese hat, eintaucht. Dennoch kann ich „Mutterschoß“ sehr empfehlen und es insbesondere Fans von „Opfermond“ ans Herz legen – Elea Brandts zweiter Ghor-el-Chras-Roman stellt zwei sehr andere Figuren und auch einige andere Themen ins Zentrum, aber greift einige große Motive von „Opfermond“ auf und fühlt sich bei der Lektüre ganz ähnlich an. Beide Bücher können problemlos unabhängig voneinander gelesen werden. „Mutterschoß“ ist in der Hinsicht in sich abgeschlossen, dass es eine befriedigende Antwort auf die zu Anfang aufgeworfenen Fragen liefert – wer jedoch den Epilog liest, sieht sich mit einer neuen, faszinierenden Frage konfrontiert.


Fazit

„Mutterschoß“ von Elea Brandt ist ein durchgängig unterhaltsamer, mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche Konflikte geschriebener Dark-Fantasy-Thriller, der unter anderem die Thematik von Medizin und Geburtshilfe aufgreift und sie mit übernatürlichen Elementen verbindet.


Pro und Contra

+ spannende Darstellung von Medizin und Religion, die dem Weltenbau Tiefe verleiht
+ gut konstruierter, in angenehmem Tempo voranschreitender Plot
+ interessante Figurenkonstellation
+ geht auf auch in der Gegenwart relevante Themen ein
+ Vielfalt im Figurenensemble, auch bei den Hauptfiguren

- vielleicht hätten ein paar mehr introspektive Momente dem Buch gut getan
- Ajeri hat einen kurzen Moment, der nicht dazu passt, wie sie sonst geschildert wird

Wertung

Handlung: 4,5/5
Figuren: 4,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis-Leistung: 4/5

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Tags: Elea Brandt, Grimdark, queere Figuren