Verlag: Panini; (Juli 2021)
Softcover: 156 Seiten; 18 €
ISBN-13: 9783741624391
Genre: Postapokalypse/ Fantasy
Klappentext
Im Namen des Vaters …
In einer postapokalyptischen Welt haben sich die Menschen unter die Erdoberfläche zurückgezogen. Denn die Welt „dort oben“ wird nach einer verheerenden Seuche angeblich von Hybriden beherrscht, Wesen, halb Mensch, halb Tier. Ein solcher Hybride ist Gus, der Junge mit dem Hirschgeweih. Doch er lebt ebenfalls im unterirdischen Refugium, abgeschottet von den „normalen“ Menschen und wird angeleitet und erzogen von einem religiösen Fanatiker, der sich Vater nennt und das unterirdische Reich beherrscht. Aber Gus plagen wirre Träume an ein früheres Leben, und er entschließt sich, der Obhut Vaters zu entkommen, um die Wahrheit herauszufinden. Damit wird er zum Gejagten, und die Wahrheit, die er schließlich entdeckt, ist absolut erschütternd …
Ein Comic-Highlight für Neuleser und Fans: Der preisgekrönte Ausnahmekünstler Jeff Lemire (JOKER: KILLER SMILE, ANIMAL MAN, Black Hammer) erfindet seine gefeierte, als Netflix-Serie adaptierte postapokalyptische Comic-Saga SWEET TOOTH in diesem Einzelband völlig neu.
Rezension
Der Junge Gus lebt mit seinem Vater unter der Erde, denn vor dreihundert Jahren haben sich die überlebenden Menschen dorthin geflüchtet. Nun besteht die Menschheit laut Vater nur noch aus ihm, Gus und einer handvoll Frauen, die helfen Gus aufzuziehen. Aber eines Tages rebelliert Gus und verlässt den ihm zugewiesenen Bereich und entdeckt, dass es nicht weit weg, noch weitere Menschen gibt, die unter Vater zu leiden haben. Ebenso kehren Erinnerungen an ein Leben von vor dreihundert Jahren bruchstückhaft zurück und in denen spielt ein Mann namens Jepperd eine wichtige Rolle.
Sweet Tooth von Jeff Lemire ist ein Comic, der zu begeistern weiß, sobald er aufgeschlagen wird und spätestens seitdem eine Serie bei Netflix angekündigt und mittlerweile erschienen ist, gibt es immer neue Fans der Geschichte über Gus. Nun also hat sich Jeff Lemire an eine Fortsetzung gewagt und da stellt sich die Frage: Braucht es die?
Die Antwort ist leicht zu beantworten: Leider nein.
Zu keinem Zeitpunkt schafft es Jeff Lemire hier eine interessante Geschichte zu erzählen, die einen nicht mehr loslässt. Die Rückkehr ist eher vergleichbar mit Die Hard 5. Der Hauptcharakter trägt zwar den gleichen Namen und er ist erneut in großen Schwierigkeiten, aber das war es mit den Bezügen zu den Ursprüngen. Sowohl der letzte Auftritt John McClanes als auch die Geschichte in Die Rückkehr wirken eher wie etwas, das herauskommt, wenn unbedingt noch eine Fortsetzung produziert werden muss, egal, ob die Fans nach einer solchen verlangt haben oder nicht.
Jeff Lemire möchte zwar gerne gesellschafts- und religionskritisch sein, aber das geht hier in der Kürze der Geschichte praktisch unter, denn sechs Hefte und damit 156 Seiten sind in diesem Fall einfach zu wenige, um die Charaktere vorzustellen, eine Verbindung zur alten Serie, die 300 Jahre früher spielt, aufzubauen, und dann noch etwas mit Inhalt zu erzählen.
All das was Jeff Lemire ausmacht, seine Kreativität, seine Charaktere und seine Kompromisslosigkeit sind hier fast nicht vorhanden. Es wäre vermutlich sogar besser gewesen, überhaupt keinen Bezug zu Sweet Tooth herzustellen und gänzlich neue Charakter zu nehmen. Entweder das oder der Geschichte vernünftig Raum zu geben, um wirklich eine Verbindung mit den Charakteren zu ermöglichen und vor allem etwas richtig auserzählen zu können.
Besonders ärgerlich ist, dass Jeff Lemire in einem zentralen Punkt Alien – Die Wiedergeburt dreist und sehr offensichtlich kopiert, ein Zitat oder eine Hommage ist das nicht mehr zu nennen. Die Idee war damals schon nicht sehr gelungen, führte aber wenigstens zu einem äußerst emotionalen Moment, in dem Ripley zusammenbrach und voller Wut und Trauer reagierte. Bei Die Rückkehr hingegen zuckt Gus mehr oder weniger mit den Schultern und geht weiter. Jeff Lemire lässt hier unglaublich großes Potential liegen, um Gus, dessen Charakter auch sonst kaum ausgearbeitet ist, dem Leser näherzubringen und dafür zu sorgen, dass dieser mit Gus empfindet.
Und so blättert man seltsam unberührt von Gus und seinen Freunden eine Seite nach der anderen um, um zu sehen, ob es besser wird, was es dummerweise nicht tut. Richtig schlecht ist das zwar alles nicht, aber es ist dermaßen unterer Durchschnitt, dass es einfach enttäuschend ist. Jeff Lemire hat sich hier wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert.
Seine Zeichnungen sind Geschmackssache. Sie sind recht grob und kantig, funktionieren aber vor dem Hintergrund recht gut. Aber solch eine emotionale Wirkung wie beim Vorgänger können sie nicht entwickeln. Da die Geschichte nicht viel zu bieten hat, gibt es für den Zeichner Jeff Lemire auch keine Möglichkeit zu glänzen. So gehen Lemires Bilder in Ordnung, leiden jedoch unter der schwachen Geschichte, durch die sie irgendwie beliebig wirken.
Fazit
Sweet Tooth – Die Rückkehr möchte ganz gerne ein Kommentar zu unserer Welt und Religionen sein, ist aber eigentlich nichts weiter als eine Variation einer bekannten Geschichte, die in der Vorgängerserie erzählt wurde, allerdings deutlich schwächer und nicht im entferntesten bissig genug. Es wirkt einfach wie nachgereicht und drangepappt. Das kann Jeff Lemire deutlich besser.
Pro & Contra
- überflüssige Fortsetzung/ Remake
- Alien – Die Wiedergeburt wird nicht nur zitiert, sondern kopiert
- Charaktere sind flach und eindimensional
- wenig spannend
Bewertung:
Handlung: 2
Charaktere: 2/5
Zeichnungen: 3/5
Lesespaß: 2/5
Preis/Leistung: 2/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Jeff Lemire:
Rezension zu Sentient – Kinder K.I.