Verlag: Carlsen; (Mai 2021)
Gebundene Ausgabe: 208 Seiten; 28 €
ISBN-13: 978-3-551-79347-8
Genre: Biographie/ Historik
Klappentext
Es ist der 7. November 1968. Eine Frau ohrfeigt in aller Öffentlichkeit den deutschen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und bezeichnet ihn als „Nazi“. Diese Frau ist Beate Klarsfeld und diese Ohrfeige ist der Beginn ihres jahrzehntelangen Engagements im Kampf gegen alte und neue Nazis.
Zusammen mit ihrem Mann Serge hat sie sich der Jagd nach Kriegsverbrechern verschrieben, die sie über Kontinente hinweg aufspüren und vor Gericht bringen. Aber für die beiden geht es um mehr: Sie geben den Opfern der Shoah ein Gesicht und haben den ewigen Kampf gegen das Vergessen aufgenommen.
Rezension
Im Mai 1960 begegnen sich die deutsche Protestantin Beate und der französische Jude Serge. Sie verlieben sich ineinander und heiraten später. Bis zu dieser Begegnung hatte sich Beate scheinbar nicht mit den Taten deutscher Kriegsverbrecher und Nazis beschäftigt. Nun aber wird sie gemeinsam mit ihrem Mann zu einer der vehementesten Verfolgerin und Anklägerin von Nazis, die entweder geflüchtet sind oder sich gar in hohen Positionen in Deutschland und Frankreich befinden. Zunächst will Beate Klarsfeld den deutschen Bundeskanzler Kiesinger wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP bloßstellen. Nach der spektakulären Ohrfeige auf einem CDU-Parteitag, widmen sich Beate und Serge Klarsfeld wahren Kriegsverbrechern, die direkt verantwortlich für die Deportation von Juden und Widerstandskämpfern waren. Derjenige, den sie dabei am längsten jagen, ist Klaus Barbie. Er hat sich in Südamerika versteckt und es braucht Jahrzehnte bis er zur Rechenschaft gezogen werden kann.
Beate und Serge Klarsfeld sind zwei der bekanntesten Nazijäger. Ihr Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus erstreckt sich über Jahrzehnte und während all dieser Zeit haben sie in ihren Bemühungen nicht nachgelassen. Es ist ein beeindruckendes Leben mit einer großen Lebensleistungen. Unter anderem ist es ihnen zu verdanken, dass in Deutschland und Frankreich darüber diskutiert wurde, wie mit Altnazis umzugehen ist und sie lenkten die Aufmerksamkeit der Menschen darauf, dass sich so mancher nicht nur der Strafverfolgung entziehen konnte, sogar hohe Postionen in der Politik und Wirtschaft erreichen konnte. Dabei haben sie ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel gesetzt und doch nie aufgeben. Beate Klarsfeld war wohl der aktivere rebellischere Teil. Sie reiste um die Welt, demonstrierte und führte so manche Aktion durch. Während Serge mehr der Organisator und Rechercheur war, der Hinweise akribisch sammelte und auswertete und nur selten selbst reiste. All das verdient höchstens Respekt und sie hielten ihre Lebensgeschichte in dem Buch Erinnerungen fest.
Dieses Buch nahmen Pascal Bresson und Sylvain Dorange als Grundlage und setzten es als Graphic Novel um. Dabei können sie selbstverständlich nicht jede Einzelheit übertragen, aber sie geben einen recht guten Überblick über die Ereignisse und erzählen die Geschichte der Klarsfeld spannend und eindringlich. Sie zeigen die Wut und das innere, unbedingte Verlangen des Ehepaars nach Gerechtigkeit, das sie immer weiter antreibt und nicht nachlassen lässt. Selbst Morddrohungen und ein Attentat können sie nicht von ihrem Vorhaben abhalten. Der Comic gibt also einen relativ guten Einblick in die Beiden. Dazu inszenieren Pascal Bresson und Sylvain Dorange alles so, dass sich der Comic wie ein richtiger Thriller liest, der wüsste man nicht, dass all dies geschehen ist, fast unglaublich erscheint.
Ist also alles gut mit der Umsetzung? Im Prinzip ja, allerdings fehlt Beate & Serge Klarsfeld – Die Nazijäger etwas, wodurch das Werk wirklich herausragend wäre. Und das ist eine kritische Auseinandersetzung mit den beiden Nazijägern. Pascal Bresson und Sylvain Dorange sehen die Klarsfelds als das was sie sind, Helden, haben dabei aber Scheuklappen auf und hinterfragen deren Handeln zu keinem Zeitpunkt. Aber gerade eine kritische Auseinandersetzung mit diesem, wäre in zwei, drei Momenten durchaus angebracht. Denn in ihrem Verlangen nach Gerechtigkeit überschreiten Beate und Serge Klarsfeld mehr als einmal die dünne Linie zwischen Legalität und Illegalität. Sicher wünscht man den Verbrechern des Naziregimes alles Schlechte und dass sie dieselbe Angst verspüren mögen, wie ihre Opfer, dennoch gibt es Taten, die mehr Rache als Gerechtigkeit sind und gerade jemand wie Serge Klarsfeld sollte dies wissen und entsprechend handeln. Egal wie frustrierend eine Situation sein mag. Denn ansonsten wird der eigene Kampf für Gerechtigkeit, und dass die Nazis vom Gesetz zur Rechenschaft gezogen werden, kompromittiert. Diese kritische Betrachtung fehlt leider, wenn es auch verständlich ist. Denn die Leistung von Beate und Serge Klarsfeld ist einfach außergewöhnlich. Nur hätte es mit einer solchen Auseinandersetzung eine noch viel tiefergehende und bedeutendere Umsetzung der Lebensgeschichte der Klarsfeld sein können.
Die Zeichnungen dieser Graphic Novel sind zweckmäßig, wie so häufig bei Comics mit diesem Label. Sie sind weder besonders gut noch schlecht. Die Personen sind zu erkennen und ansonsten bleibt alles recht grob und einfach gehalten. Dieser Comic will nicht visuell beeindrucken, sondern mit seiner Geschichte und genau dies tut er. Und wer weiß, vielleicht ist diese Art der Biographie in Comicform dazu geeignet, mehr Menschen für die Geschichte von Beate und Serge Klarsfeld und damit mit der weiter zurückreichenden Geschichte zu interessieren.
Im Anhang gibt es viele Fotos aus den verschiedenen Jahrzehnten von Beate und Serge Klarsfeld und natürlich ist auch die berühmte Ohrfeige dabei.
Fazit
Beate & Serge Klarsfeld – Die Nazijäger zeichnet ein gutes Bild des berühmten Ehepaares, welches so wichtige Arbeit geleistet hat. Pascal Bresson und Sylvain Dorange erzählen ihre Geschichte wie einen spannenden Thriller, der von der ersten Seite an packend ist.
Pro & Contra
+ gibt ein gutes Bild des Ehepaares
+ spannend
+ aufrüttelnd
- leider keine kritische Auseinandersetzung mit dem Handeln des Ehepaares
Bewertung: 
Charaktere: 4/5
Handlung: 4/5
Informationsgehalt: 4,5/5
Zeichnungen: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5
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