Marsupilami - Die Bestie Teil 1 (Zidrou, Frank Pé)

Verlag: Carlsen; (Juli 2021)
Gebundene Ausgabe: 156 Seiten; 25 €
ISBN-13: 978-3-551-78510-7

Genre: Drama/ Fantasy


Klappentext

Die Spezies existierte schon lange, bevor man sie Marsupilami nannte. Das Tier erweist sich für Zoologen als wahre Herausforderung, ist es doch ausgestattet mit einem überlangen Schwanz, beeindruckender Kraft, großer Intelligenz, der Gabe der Empathie und … einem unbändigen Appetit!

Hier ist die – authentische – Geschichte eines Tieres, das sich ins regnerische Belgien des Jahres 1955 verirrt hat.


Rezension

Im Jahr 1955 ist der Zweite Weltkrieg seit zehn Jahren vorbei und doch ist er noch immer in den Köpfen der Menschen. Das führt zu Vorurteilen, Ausgrenzung und Mobbing gegenüber jenen, die während des Krieges den Deutschen nahestanden. Besonders schwer trifft es Francois und seine Mutter Jeanne. Sein Vater ist ein deutscher Soldat, der nach dem Krieg nach Deutschland zurückging, weswegen Francois für manche Menschen Freiwild ist, egal ob Erwachsener oder Mitschüler. Auch seine Mutter hat zu leiden und wird gerade von den Frauen der Nachbarschaft von oben herab betrachtet. Trost findet Francois darin, sich um Tiere zu kümmern, die alle ein Schwäche haben. Sei es ein Albinomaulwurf, ein dreibeiniger Hund, ein alkoholkrankes Pferd oder ein anderes Tier, welches Probleme hat oder eigensinnig ist. Sie alle finden bei Francois und seiner Mutter ein Zuhause, auch wenn wenn es seiner Mutter langsam auf die Nerven geht. Sein neuester Zugang ist ein Frischling, bevor etwas außergewöhnliches passiert. Er stößt auf ein seltsames Tier mit einem meterlangem Schwanz und das bringt weitere Ereignisse in Gang.

Jeder kennt das Marsupilami, entweder aus Spirou & Fantasio oder aus seiner eigenen Reihe. In diesen Comics ist es meist fröhlich gestimmt und stellt häufig genug Unsinn an, rettet dafür aber auch immer wieder den Tag. Es ist eine lustige, humorvolle Figur, die meist sofort ins Herz geschlossen wird.
Was aber wäre, wenn es das Marsupilami wirklich gäbe und es im Jahr 1955 nach Brüssel käme?
Genau dieser Frage gehen Zidrou und Frank Pé nach.
Das Marsupilami kommt mit einem Schiff nach Belgien. Dorthin wurde es von Tierhändlern verschleppt. Der Kapitän des Schiffes hat wenig Mitleid mit ihm und den anderen Tieren an Bord, von denen so gut wie keins überlebt hat. Bereits auf diesen ersten Seiten wird klar, dass Die Bestie anders werden wird. Die Atmosphäre ist drückend und alles um ein vielfaches ernster als man es von anderen Comics mit dem Marsupilami gewohnt ist. Humor, der laut zum Lachen einlädt, ist hier nicht zu finden. Stattdessen ist er, mit wenigen Ausnahmen, wenn vorhanden eher dunkler.
Und die zu Beginn leicht drückende Stimmung wird in Die Bestie beibehalten. Zidrou und Frank Pé erzählen hier kein Abenteuer, in dem das Marsupilami die Hauptfigur ist und das einfach nur unterhalten will. Sie erzählen von einer Zeit, in der sich die Menschen vom Zweiten Weltkrieg erholen mussten. Von den Vorurteilen und von den Nöten, gerade von den Männern, Frauen und Kindern, die mit den Deutschen zu tun hatte. Francois bzw. Franz wird deswegen gemobbt und von einem Teil seiner Mitschüler gequält, obwohl er nichts dafür kann, dass sein Vater ein deutscher Soldat war. Seine Geschichte steht im Mittelpunkt und diese wird von Zidrou und Frank Pé einfühlsam und eindrücklich erzählt, mit dem Marsupilami als Hilfsmittel und Katalysator. In Die Bestie werden so Geschichte, Charaktere und Hintergrund wunderbar miteinander verwoben und es entsteht ein Blick auf einen Moment der Geschichte, der sonst gerade in damaligen tagesaktuellen Veröffentlichung ausgeklammert wurde.
Damit es nicht zu dunkel und deprimierend wird, wird die Geschichte mit Francois´ Leidenschaft für Tiere, die alle ein Schwäche haben, aufgelockert. Im Zusammenspiel mit ihnen gibt es immer mal wieder Szenen, die alles ein bisschen heller erscheinen lassen und für ein Grinsen auf dem Gesicht des Lesers sorgen. Das Pferd ist hierbei herausragend.

Frank Pés Zeichnungen sind einfach großartig. Ihm gelingt es dem Marsupilami ein „realistisches“ Aussehen zu geben, so dass es glaubwürdig ist und in die recht ernste Geschichte passt. Die anderen Tiere zeichnet er dagegen etwas mehr comictypisch, wodurch das Marsupilami sich nur noch realer anfühlt. Das Format trägt zu der Wirkung des Comics bei, denn es gibt Frank Pé den nötigen Raum für größere Panels in denen er viele Details unterbringen kann. Da er auch koloriert hat, konnte er die Farben perfekt auf seine Zeichnungen abstimmen und sie so noch besser zur Geltung bringen, so dass sich sofort die zur Geschichte passende Atmosphäre aufbaut und man mit dem Lesen nicht aufhören möchte.


Fazit

Die Bestie ist eine andere Geschichte über das Marsupilami und eine verdammt gute noch dazu. Zidrous und Frank Pés Ansatz einer realistischen Erzählung im Jahr 1955 über das Marsupilami geht voll und ganz auf. Wer nicht nur immer die lustige Seite der Figur sehen will, dem bietet sich hier die Gelegenheit dazu. Und Frank Pés Zeichnungen sind einfach schön und perfekt passend für die Geschichte.


Pro & Contra

+ großartige Zeichnungen
+ einfühlsam und stimmungsvoll erzählt

Bewertung:

Charaktere: 4,5/5
Handlung: 4,5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


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