Ju Honisch (24.11.2009)

Interview mit Ju Honisch

Literatopia: Hallo Ju! Schön, mit Dir über Deine Bücher sprechen zu können. Stell Dich doch bitte unseren Lesern kurz in Deinen eigenen Worten vor. Wer bist Du und was schreibst Du?

Ju Honisch: Hallo! Also ich bin Ju Honisch, und ich schreibe im Bereich Phantastik. Ju ist eine Abkürzung für Juliane und war seit meiner Schulzeit, die schon einige Zeit zurückliegt, immer mein Rufname. Übrigens, schon während besagter Schulzeit habe ich „Abenteuerbücher“ für meine Freundinnen geschrieben. Ich habe sie noch, handgeschrieben in Schulheften. Und ich werde sie ganz bestimmt nie jemandem zeigen.
Mein erstes offiziell veröffentlichtes Buch war ein Kurzgeschichtenband mit eher psychologischen Gruselgeschichten. Er hieß BISSE. Danach habe ich zuerst den Roman „Das Obsidianherz“ geschrieben. Und als Folgewerk „Salzträume“.

Literatopia: Im Oktober ist der erste Teil Deines neuen Romans „Salzträume“ erschienen. Wird der Roman nur aufgrund der Länge in zwei Bänden veröffentlicht oder hat das auch mit dem Inhalt zu tun? Und worum geht es?

Ju Honisch: „Salzträume“ war schlichtweg zu lang, um noch zwischen zwei Buchdeckel zu passen. Auch „Das Obsidianherz“ hatte bereits über 800 Seiten. „Salzträume“ war noch länger, und so blieb gar nichts anderes übrig, als zwei Hälften draus zu machen. Konzipiert war es aber ursprünglich als ein Buch. Es zu teilen und mit einem Cliffhanger zu versehen war reine technische Notwenigkeit.

Die Handlung ist wie bei „Das Obsidianherz“ auch im 19. Jahrhundert angesiedelt, 1865. Phantastik spielt ja gerne in fernen Welten oder fernen Zeiten. Leslie Poles Hartley (britischer Schriftsteller des 20. Jahrhunderts) hat einmal gesagt: “The past is a foreign country; they do things differently there. - Die Vergangenheit ist ein fremdes Land. Da macht man die Dinge anders.” Ob nun archaische Schwertschwinger in Lendenschurzen, fiktive Mittelalterszenarien oder Raumfahrten in die Galaxie nebenan: eines haben die Szenarien gemeinsam, sie entführen uns zunächst einmal aus dem Hier und Jetzt und geben uns ein neues, spannendes Umfeld, in dem der Alltag nicht mehr so präsent ist und unsere Phantasie somit ein wenig von der Leine gelassen wird. Das tut unseren DIN-genormten Köpfen gut und lüftet die Seelen gut durch. Wer immer das als Eskapismus beschimpft, macht bestimmt auch daheim nie das Fenster auf, um mal frische Luft reinzulassen, weil ja noch genug alte da ist.

Doch zur Handlung von „Salzträume“: Das Buch spielt in den Alpen. Im Höhlensystem des Toten Gebirges (das heißt wirklich so!) entwickelt ein skrupelloser Erfinder heimlich eine Waffe. Die Maschine soll magische Energie in militärische Zerstörungskraft umwandeln und somit alles an Wehrtechnik übertreffen, was es bislang gab. Als Munition sieht man die mythischen Fey vor. Ihnen will man ihre magische Energie entziehen, um damit die Waffe zu betreiben. Charly, eine mutige junge Frau, wehrt sich gegen die skrupellosen Verschwörer und versucht, einem Feyon zu helfen. Das macht sie selbst zur Gejagten. Auf der gemeinsamen Flucht muss sie aber feststellen, dass ihr neuer Verbündeter gar nicht so harmlos und nett ist wie gedacht.

Literatopia: In „Salzträume“ arbeitest Du mit vielen Protagonisten und wechselt oft die Perspektive. Hattest Du beim Schreiben das Gefühl, nicht allen Charakteren gerecht werden zu können? Und hast Du Hilfsmittel benutzt, um den Überblick zu wahren – z.B. Dateien angelegt, wer in welchem Kapitel was macht?

Ju Honisch: Ich versuche immer, allen Protagonisten gerecht zu werden. Es ist mir wichtig, dass man auch die Beweggründe derjenigen zumindest sehen kann, die man nicht mag. Ein Bösewicht hat dasselbe Recht auf eine dezedierte Charakterdarstellung wie ein positiver Held. Deshalb muss man ihn weder mögen, noch entschuldigen. Doch ich finde es wichtig, dass man ihn innerhalb seiner eigenen verschrobenen Logik zumindest erfassen kann.
Und auch die ‚positiven Helden’ haben ein Seelenleben, das über ‚Alles was ich mache ist immer und ausnahmslos gut, mutig und durchdacht’ hinausgeht. Es sind Menschen, und Menschen machen Fehler.

Wenn ich selbst Bücher lese, ist es mir wichtig, dass ich Personen mit der ganzen Bandbreite ihrer Gefühle und auch Fehler erkenne. Ich mag keine ‚stock figures’, platte Schablonenmenschen. Und weil ich sie nicht lesen mag, gebe ich mir auch Mühe, sie nicht zu schreiben. Das Schildern der Handlung durch unterschiedliche Sichtweisen einzelner Personen ist aber letztlich nicht mehr als eine Spielart des auktorialen Erzählens.

Hilfsmittel? Ja, ich habe natürlich einen ausgearbeiteten Handlungsrahmen, eine Liste aller Beteiligten mit Namen und Aussehen. Bei „Salzträume“, wo sich die Handlung gleichzeitig an verschiedenen Orten abspielt, war es zudem wichtig, einen genauen Zeitplan zu haben. Ich habe tatsächlich einen Plan, in dem stundenweise zu sehen ist, wer sich gerade wo aufhält. Bei der Vielzahl von handelnden Personen – vom Helden bis hin zum letzten Hilfsverschwörer – war das wichtig, um den Überblick zu behalten. Übrigens, alle Nebencharaktere haben Namen, auch wenn die z.T. im Buch nicht erwähnt werden – nur damit ich sie auseinanderhalten und den Situationen zuordnen kann.

Literatopia: Die magischen Wesen in „Salzträume“, die Fey oder auch Sí, stammen von mythischen Kreaturen wie Nixen oder auch Vampiren ab. Was hat Dich zu den Fey inspiriert? Hast Du Dich bei ihnen z.B. auf Volksglauben gestützt?

Ju Honisch: Die Sí oder Sidhe (Gälisch) oder die Fey (Englisch) sind keine Erfindung von mir. Anderweltliche Wesen sind Bestandteil all der Mythen, mit denen wir aufgewachsen sind. Ich versuche gerne, Mythen mit neuen oder auch ganz alten Auslegungen in die Handlung zu integrieren. Volkskunde, mitteleuropäischen Ethnologie hat mich immer sehr interessiert.

Übrigens ist es andersrum: die Fey oder auch Sí, stammen nicht von mythischen Kreaturen wie Nixen oder auch Vampiren ab, sondern bilden die Gesamtheit anderweltlicher mythischer Kreaturen, die in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen auftauchen können, eben als Nixen oder auch Vampire, als Wassermänner oder Berggeister etc.. Sie sind in meinen Büchern die andere intelligente Rasse der Welt, aber eben nur sehr wenige und hochspezialisiert.

Literatopia: „Das Obsidianherz“ war bereits mit über 800 Seiten ein dickes Buch, nun hat „Salzträume“ zusammen genommen über 1000. Wieso sind Deine Geschichten so lang? Ergibt sich das beim Schreiben oder legst Du Deine Werke bereits bei den ersten Gedanken auf eine hohe Seitenzahl aus?

Ju Honisch: Ich fürchte, so genau plane ich nicht, dass ich vorher schon die Endseitenzahl wüsste. Ich schreibe einfach gerne verschlungene Handlungen mit mehreren Handlungssträngen und kann mich deshalb nicht kurz fassen, ohne ungenau zu werden. – Ich schreibe gelegentlich übrigens auch Lieder. Die sind auch immer ziemlich lang. – In dem Bemühen, sowohl dem Ambiente, als auch den Personen sowie auch allen Möglichkeiten der Handlung gerecht zu werden, schaffe ich – wie ich hoffe – etwas komplexere Werke als „A trifft B. A liebt B.“ oder „A bringt B um. C findet Lösung“. Aber das macht es vielleicht auch gerade spannend?

Literatopia: Auf Deiner Homepage heißt es „Zwischen Schauer und Steampunk“. Inwiefern sind beide Elemente in Deinen Romanen vertreten? Und was reizt Dich an der Kombination von Phantastik und Historik?

Ju Honisch: „Schauer“ bezieht sich auf die Gruselelemente, die in meinen Kurzgeschichten, aber auch in meinen Romanen Teil der Handlung sind. „Schauerromantik“ ist der recht unfeine deutsche Literaturbegriff für das, was man im Englischen „Gothic Novel“ nennt. die Gothic Novel erfreute sich ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts enormer Beliebtheit und im 19. Jahrhundert einer zunehmenden Leserschaft. Mary Shelleys "Frankenstein" und Bram Stokers "Dracula" sind wohl die bekanntesten Romane dieses Genres. In dieser Tradition sehe ich mich – und manch andere Phantastik-Autoren auch – stehen.

"Gothic" leitete sich von der gotischen Architektur ab, die verspielt und voller gruseliger Details ihre eigene Schönheit entwickelt. Die Gothic Novel oder Schauerromantik ist sicher auch als Gegenbewegung zur Aufklärung zu sehen. Die Beseitigung des Mythischen hinterließ in den Menschen ein Defizit. Wir brauchen unsere Archetypen. Man könnte von einer Zuflucht zum Wundersamen sprechen, dem Anteil nicht erklärbarer Dinge und Erscheinungen, die die Ratio nicht hat aus den Köpfen und den Sehnsüchten der Menschen verbannen können.

Und Steampunk ist ein Teil davon. In einer Zeit, in der uns die Technik in der Schnelligkeit ihres Fortschritts manchmal zum Wahnsinn treibt (mein Handy überfordert mich regelmäßig), gibt es selbst hier eine eigene Romantik. In Zeiten des IPhone von einer Dampfmaschine zu träumen hat einfach Stil. Und die „Gadgets“ der Steampunk-Bastler verbinden Technik und Geschichte ebenso wie Technik und Schönheit, ein Denken, das in unserer Zeit dem Anspruch an reine Funktionalität längst gewichen ist.

In „Salzträume“ geht es um eine Maschine, die die Welt revolutionieren soll. Hier wird Zerstörung geplant mit Dampftechnik und Magie. Klassisch ist dabei einmal der Typus des skrupellosen Erfinders mit seinen Handlangern sowie auch die Maschine selbst, die Errungenschaft und Bedrohung zugleich bedeutet. Vielleicht baut irgend ein Steampunker ja mal ein Modell davon?

Und was reizt mich historischen Themen? Geschichte hat mich immer schon interessiert. Mit zwölf habe ich „Kampf um Rom“ und „Ich Claudius, Kaiser und Gott“ gelesen und dann der siebten Klasse entgegengefiebert, in der ich dann endlich Geschichte als Fach haben durfte. Gott, war das eine Enttäuschung. Schließlich habe ich Geschichte (und Anglistik) studiert, in München an der Uni.

Literatopia: Da Du in Deinen Büchern mit einem historischen Setting arbeitest: Wie hoch ist der Rechercheaufwand dafür? Hältst Du Dich streng an die historischen Fakten oder gönnst Du Dir auch Ungenauigkeiten, da eigentlich die Phantastik im Vordergrund steht?

Ju Honisch: Der Rechercheaufwand ist erheblich. Als Historikerin habe ich vielleicht einen kleinen Vorsprung (und viele, viele Nachschlagewerke). Ich gebe mir große Mühe, keine Löcher in den Romanen zu lassen, auch wenn es Fantasy-Romane und keine Geschichtswerke sind.
Tatsächlich sind die ersten Entwürfe der Bücher sehr viel voller an historischen Details. Erst beim eigenen Redigieren fällt dann vieles dem eigenen Rotstift zum Opfer, das der Leser nicht wirklich braucht, um die Stimmung der Zeit zu spüren. Abgesehen davon sind die Bücher auch so schon lang genug.

Literatopia: Hat Dich das 19. Jahrhundert schon immer fasziniert? Was gefällt Dir gerade an dieser Zeit? Und was gerade am Österreich der Kaiserin Sissi?

Ju Honisch: Das 19. Jahrhundert war eine Zeit voller irrwitziger Neuerungen sowohl im technischen als auch im sozialen Bereich. Alles war im Umbruch. Eine spannende Zeit – und doch nicht so weit von unserem Denken entfernt, dass man sich nicht mehr hineinfinden könnte.

Natürlich könnte ich meine Bücher auch im Mittelalter spielen lassen, aber mich selbst stört es immer ein bisschen, wenn ich Mittelalterbücher lese, in denen die Menschen die „Denke“ des 20. oder 21. Jahrhunderts haben. Das hatten sie nicht – woher auch? Wenn jenseits der Dorfgrenzen die Welt zuende ist und einem im Leben nicht eine einzige freie Wahl zusteht (und das normal ist), ist es nicht realistisch, gebildete, belesene, freiheitsliebende HeldInnen zu erfinden. Da ist eine magische Dampfmaschine fast schon wahrscheinlicher.

Das 19. Jahrhundert aber ist die Wiege für vieles, was wir heute schätzen. Hier haben wir technisch und sozial das Rohmaterial dessen, womit wir im Hier und Jetzt leben. Roh, unfertig, spannend, voller Widersprüche und Konflikte – das mag ich am 19. Jahrhundert.

Das Jahr 1865 habe ich mir weder wegen Sisi, noch wegen König Ludwig II. rausgesucht, sondern eigentlich nur deshalb, weil es das Jahr ist, bevor sich in Deutschland, genauer gesagt im Deutschen Bund, alles ändert.

Ich selbst finde weder Sisi, noch Ludwig besonders romantisch. Tragisch eher, unverstanden und leider auch bisweilen durchaus inkompetent. Aber es ist eben ihre Zeit, und große tragische Träumer ereilt nun mal das Schicksal, verklärt zu werden.

Wenn ich selbst nicht aus Bayern stammen würde, sondern z.B. aus Hannover, hätten die Bücher vermutlich ein anderes Umfeld. Aber es war mir immer wichtig, sie in einem Umfeld handeln zu lassen, das ich einigermaßen gut kenne. Und ich finde, in London spielen wirklich schon mehr als genug Bücher. Es gibt auch noch andere Orte.

Literatopia: Wer hat die Cover für „Das Obsidianherz“ und „Salzträume gestaltet? Gerade zu „Salzträume“ passen die Cover ja wunderbar. Gefallen sie Dir auch so gut?

Ju Honisch: Ich finde die Cover wunderschön. Olli Graute von Feder & Schwert hat einen eigenen Stil, der sich ganz grundsätzlich von den bunten Einheitsumschlägen der üblichen Fantasy-Literatur abhebt. (Besonders schlimm finde ich manche amerikanischen Cover, mit Goldprägung und halbnackten Schwertkerlen, um dessen linkes Bein sich dann eine Kettenbikinträgerin rankt.) Der kleine Soldat auf dem „Obsidianherz“ trägt übrigens tatsächlich die Uniform eines Chevauleger-Offiziers.

Literatopia: Für „Das Obsidianherz“ hast Du 2009 den Deutschen Phantastik Preis erhalten. Was bedeutet dieser Publikumspreis für Dich? Und gibt Dir so eine Auszeichnung das Gefühl, mit Deinem Schreiben auf dem richtigen Weg zu sein?

Ju Honisch: Ich habe mich wahnsinnig über den Preis gefreut, umso mehr als es ein Leserpreis ist. Hier sind nicht ein paar gut bezahlte Berufskritiker zusammengekommen und haben sich für die schönste Buchmesse-Verlagsparty entschieden, sondern hier waren Leser am Werk, denen das Buch gefallen hat. Ich schreibe für meine Leser. Ich hoffe, dass es ihnen gefällt. Und wenn es das tut, macht mich das rundherum glücklich.

Literatopia: Mit „Bisse“ hast Du eine Kurzgeschichtensammlung veröffentlicht. Der Titel deutet an, dass es um Vampire geht? Laut Klappentext spielen die Geschichten zudem in der heutigen Zeit. Inwiefern bringst Du hier phantastische Elemente unter?

Ju Honisch: In „BISSE“ geht es nicht primär um Vampire. Der eine oder andere Vampir taucht mal auf, aber es sind eher bissige Geschichten, die den Alltag beschreiben, mit dem Gruseligen, das ganz plötzlich und unvermutet darin erscheinen kann, wo man es gar nicht vermutet. Die Geschichten sind weder sanft, noch romantisch. Sie sind eher fies und gemein. Doch oft genug ist hier der Alltag fieser und gemeiner als das Ungeheuer von nebenan. Wenn man SAKI (H.H. Monro) oder Roald Dahl mag – in diese Richtung gehen die Geschichten. Keine Glitzervampire, sorry.

Literatopia: Zu den Anthologien „Ich werde nie mehr auseinandergehen“ und „Der Arsch auf dem Sessel“ hast Du Geschichten beigesteuert. Wie kam es dazu? Und worum geht es in Deinen Geschichten?

Ju Honisch: Die Anthologien wurden von Margit Schönberger herausgegeben. Sie ist meine Agentin. Und so bin ich zu der Ehre gekommen. Sie möchte ja immer, dass ich Krimis schreibe und keine Fantasy.
In „Ich werde nie mehr auseinandergehen“ geht es um Diät. Ich habe versucht, daraus eine Geschichte zu machen, in der es um Selbstakzeptanz geht. Und ein bisschen Fantasy ist auch dabei.
„Der Arsch auf dem Sessel“ ist eine Sammlung böser Chef-Geschichten. Ich habe darin eine Heldin gegen ihren Chef mit List und ein bisschen Tücke bestehen lassen. Ganz ohne Phantastik.

Literatopia: Wie hat Deine schriftstellerische Laufbahn begonnen? Hast Du lange nach einem Verlag suchen müssen? Und seit wann schreibst Du eigentlich schon?

Ju Honisch: Oh, das ist schwierig. Ich habe, wie schon gesagt, schon in der Schulzeit geschrieben. Aber es hat doch ziemlich lange gedauert, bis ich erkannt habe, dass es das ist, was ich wirklich will. Es gibt ja Spätgebärende. Ich bin eine Spätschreibende. Ich habe jahrelang hauptsächlich Lieder geschrieben, Text und Musik. Mit einer Freundin spiele ich im Duo – eigene Sachen, seit über 15 Jahren. Wir sind ganz gute Amateure ohne Anspruch, Profis sein zu wollen.

Einen Verlag zu suchen war sehr, sehr schwierig. Ich habe „Das Obsidianherz“ schon 2001 geschrieben. Zu der Zeit haben die großen Verlage meiner Agentin und mir gesagt, dass „Urban Fantasy“ keinen interessiert, schon gar nicht mit historischem Hintergrund, und dass ein Fantasy-Roman gefälligst schwertschwingende Einzelkämpfer in archaischen Outfits und mindestens einer Prophezeiung haben sollte, denn etwas anderes würde keiner je lesen. Die großen deutschen Verlage zeichnen sich nicht unbedingt durch Weitsicht und Szene-Kenntnis aus. Im Grunde nehmen sie das, was aus USA oder England kommt und merken dann mit etwa fünfjähriger Verspätung, hoppla, da haben wir ja grade wieder mal einen Trend verpennt.

Ich bin sehr dankbar, dass Feder & Schwert den Mut besessen hat, hier neue Wege zu beschreiten. Denn man braucht Mut dazu.

Literatopia: Auf Deiner Homepage gibst Du an, dass Du auch Lieder schreibst. Singst Du selbst oder schreibst Du sie für andere? Und worin liegt Deiner Meinung nach die Schwierigkeit, einen guten Songtext zu schreiben?

Ju Honisch: Hauptsächlich schreibe ich für uns, Katy und Ju, das Duo. Jeder, der möchte, darf sich aber gerne an unseren Liedern versuchen.

Die Lieder, die ich schreibe, gehören zum Genre „Filk“ (http://www.filk.de) – also auch zur Phantastik im weitesten Sinne. Wir sehen uns ein bisschen als Barden der Neuzeit. Unsere Lieder erzählen Geschichten und haben Inhalt. Man muss ihnen zuhören, zur Hintergrundberieselung taugen sie weniger.

Wir haben über 250 eigene Lieder geschaffen, zwei CDs selbst produziert, basteln zurzeit an der dritten. Hier http://www.myspace.com/yoohkaty kann man einen Eindruck gewinnen, was wir so machen.

Die besten Songtexte sind immer die, die nicht nur eine Geschichte erzählen, sondern mit dem Inhalt auch etwas berühren, was der Hörer nachempfinden kann, was vielleicht auch in abgewandelter Form ein Teil seines Lebens ist. Das ist nicht einfach und gelingt nur selten.

Übrigens habe ich auch die Musik zu den Trailern geschrieben, die es auf Youtube zu meinen Büchern gibt: http://de.youtube.com/watch?v=dxgX2pqX9xI, http://www.youtube.com/watch?v=jgcH5g9Ixdk, http://www.youtube.com/watch?v=w2doac3WwNU

Literatopia: Wie gestaltete sich der Kontakt zu Deinen Fans? Gehst Du gerne auf Lesungen? Und hast Du schon einmal bei einer Leserunde in einem Forum mitgemacht?

Ju Honisch: Ich mache wahnsinnig gerne Lesungen. Dadurch dass ich durch meine „Singerei“ eine halbwegs geübte Stimme habe und während des Studiums geschauspielert habe, denke ich, dass man mir auch zuhören kann, ohne einzunicken. Auf Conventions versuche ich bisweilen, ein „Event“ daraus zu machen und mich in die Mode von 1865 zu gewanden, um dem ganzen ein schönes Ambiente zu geben. (Das Krinolinenkleid in pflaumenblau mit schwarzem Samt ist der Hit…)
„Das Obsidianherz“ ist in einer Leserunde besprochen worden und auch für „Salzträume“ ist bereits eine vorgesehen im Februar auf http://www.leserunden.de.

Literatopia: Gab es eine Reaktion auf einen Deiner Romane oder eine Kurzgeschichte von Dir, die Dich besonders gefreut / geärgert hat?

Ju Honisch: An einer gänzlich unüblichen Stelle habe ich das allertollste Kompliment für „Das Obsidianherz“ bekommen, und zwar in den Leserantworten auf einen FAZ-Blog (http://faz-community.faz.net/blogs/ding/...tisch.aspx ), den ich unter eigenem Namen kommentiert habe. Dort stand: „…dem rate ich dringend, sich dieses Buches zu bemächtigen. Stellen Sie sich vor, H.P. Lovecraft schreibt gemeinsam Theodor Fontane ein wirklich gelungenes Buch. Und ja, das geht wirklich.“ Ich bin vor Glück fast geplatzt.

Literatopia: Wann und wo schreibst Du am liebsten? Schreibst Du gerne abends an Deinem Schreibtisch oder doch lieber unterwegs, vielleicht mit dem Laptop in einem Café?

Ju Honisch: Zu Hause am Schreibtisch. Ich brauche mein Revier und absolute Stille. Ich kann nicht einmal Musik hören beim Schreiben. Die Stimmung der Musik beeinflusst die Handlung. Und von der Zeit ? Abends und an Wochenenden. Solange ich vom Schreiben noch nicht leben kann, und das können nur wenige, ist der Tag besetzt mit dem „Day-Job“.

Literatopia: Was kommt nach „Salzträume“? Bleibst Du der Schauer-Romantik treu oder planst Du bereits Ausflüge in andere Gefilde?

Ju Honisch: Auch mein nächstes Buch spielt im gleichen zeitlichen Umfeld. Ich schreibe bereits am übernächsten. Auch da bleibe ich dem 19. Jahrhundert treu. In der Pipeline ist allerdings auch noch ein ganz anderer Urban Fantasy-Roman, der in der Jetztzeit spielt. Der ist allerdings noch nicht viel mehr als ein Konzept. Danach habe ich noch Pläne für zwei Bücher, von denen nur eines mit Phantastik zu tun hat. Und zwischendrin schreibe ich auch immer mal wieder Kurzgeschichten. Mit etwas Daumendrücken von allen gibt es vielleicht auch da mal einen neuen Band.

Literatopia: Herzlichen Dank für das Interview, Ju!


Autorenfotos: Copyright by Arne Homborg

Autorenhomepage von Ju Honisch

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Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.