Dornenritter (Kaja Evert)

SadWolf (September 2021)
Klappenbroschur
447 Seiten, 14,99 EUR
ISBN: 978-3-96478-074-4

Genre: Dark Fantasy


Klappentext

Das Königreich versinkt in Dunkelheit. Steyn hat nur ein Ziel: Ritter des Lichts zu werden. Er will die Finsternis bekämpfen und das Rätsel um den Tod seines Vaters lösen.

Der Weg in den Orden führt über die Grenze der ewigen Nacht hinaus, wo Steyns erbitterter Rivale Gavin bald zu seinem einzigen Halt wird. Verzweifelte Kämpfe und schwere Verluste binden die beiden grundverschiedenen Männer aneinander. Doch während Steyn gegen die Düsternis in seiner Seele und seine widersprüchlichen Gefühle für Gavin kämpft, hütet der sein eigenes schreckliches Geheimnis, das die Loyalität der beiden zueinander auf die Probe stellt.

Nur langsam erkennt Steyn, dass die Ritter des Lichts nicht das sind, was sie zu sein scheinen – und dass sich die tiefste Dunkelheit dort ausbreitet, wo das hellste Licht strahlt.


Rezension

Seit er den Tod seines Vaters mitansehen musste, klammert sich der perfektionistische junge Ritter Steyn an Regeln und Tugenden. Entschlossen verfolgt er sein Ziel, Ritter des Lichts zu werden – einer derjenigen, die sich immer wieder auf gefährlichen Missionen in die Dunkelheit der Nachtmutter wagen, die nach und nach das Land überzieht. Um dem kleinen, exklusiven Orden beizutreten, muss er sich nicht nur ein einem Turnier, sondern auch einer Probemission beweisen. Und zu seinem großen Unmut ist bei beiden auch Gavin dabei: Der Sohn einer Gerberin tut sich wieder und wieder als Kämpfer hervor und strebt ebenfalls einen Platz unter den Rittern des Lichts an, doch stößt die anderen Anwärter*innen wieder und wieder mit seiner kaltblütigen Art und offenen Verachtung für ritterliche Tugenden vor den Kopf.

Nach und nach entdecken die Rekrut*innen, wie tief die Dunkelheit ihre Wurzeln ins Land geschlagen hat. Menschen sind zu verzweifelten Handlungen getrieben und untote, von seltsamen Pflanzen befallene Wesen lauern in den Wäldern. Die Ritter des Lichts leisten wenig mehr als symbolischen Widerstand gegen die sich ausbreitende Finsternis und ihre starren Rekrutierungstraditionen erlauben es ihnen nicht, ihre sich ausdünnenden Reihen wieder zu füllen.

Steyn und die anderen wurden auf eine klassisch heroische Mission ausgeschickt: Mit dem huldvollen Segen eines Königspaares ziehen sie los, um einen Drachen zu töten. Niemand von ihnen ist darauf vorbereitet, wie viel Verlust und Desillusionierung sie erwartet. Schließlich sind Steyn und Gavin darauf angewiesen, eng zusammenzuarbeiten, wenn sie überleben wollen. Langsam verwandelt sich ihr Abscheu gegeneinander in etwas Komplizierteres, denn die beiden Männer begehren einander ebenso sehr, wie sie sich manchmal verabscheuen. Sie beide haben jedoch Charakterzüge und Geheimnisse, die ihrer Liebe im Weg stehen.

Steyns Steifheit und Perfektionismus und krampfhaftes Bemühen, sich regelkonform zu verhalten, ergeben vor dem Hintergrund seiner Geschichte Sinn und schaffen eine gute Ausganssituation für seine Entwicklung. Es ist auch eine erfrischende Entscheidung, dass sich hinter Gavins harter Schale ein nur minimal weicherer Kern verbirgt, was auch die Beziehung dieser zwei sehr verschiedenen Männer, die in dem jeweils anderen etwas sehen, das sie dringend brauchen, noch einmal interessanter macht.

Als sie zurückkehren, brodelt es zwischen ihnen, und die neue Ordnung ihrer Leben steht auf einem fragilen Fundament aus ungeklärten Konflikten und offenen Fragen. Je mehr Steyn über die Dunkelheit erfährt, desto mehr stellt er in Frage, ob die Ritter des Lichts das Richtige tun, und sieht Menschen, zu denen er ein Leben lang aufgeschaut hat, plötzlich in einem ganz anderen Licht.

„Dornenritter“ verbindet klassische Archetypen – Ritter in glänzender Rüstung, ein erhabenes Königspaar und den Kampf gegen eine rätselhafte Dunkelheit – mit einer eindrucksvollen düsteren Ästhetik und archaischen, kraftvollen Mythen-Motiven. Klare Regeln von Tugend und Loyalität werden auf den Prüfstand gestellt, um schließlich in komplexerer, realistischerer Form wieder aufzuerstehen. Dass die Autorin nicht zögert, ihren Figuren große Verluste zuzumuten, passt gut zur Atmosphäre des Buches und etabliert rasch, was auf dem Spiel steht und wie real die Gefahren für Figuren sind, die den Hauptfiguren nahestehen.

Entwicklungen im Königreich, die nicht unmittelbar die Ritter des Lichts betreffen, werden oft mit sehr breiten Strichen gezeichnet und kommen sehr jäh. Die Auflösung um das Rätsel der Dunkelheit ist jedoch sehr stimmig und schließlich kulminiert die Handlung ein einem emotionalen und visuell beeindruckenden Finale. Der Roman liest sich flüssig, auch wenn ich manchmal über uncharakteristisch offenherzige Dialogzeilen überrascht war. Das Erzählen aus Steyns Perspektive (3. Person) ist gut gewählt, da Lesende so zusammen mit Steyn mehr über andere Figuren entdecken können. Ein interessanter Epilog rundet schließlich die Geschichte ab und schafft das Bild einer dynamischen Welt.

Positiv fällt auch die schöne Gestaltung des Buches auf – Kapitelanfänge und Unterteilungen des Buches sind mit Dornenranken geschmückt, jedes Kapitel wird mit einer individuell verzierten Initiale eingeleitet und auf den Innenseiten der Klappen versteckt sich eine Illustration.


Fazit

In „Dornenritter“ trifft klassisches Fantasy-Mittelalter auf eine sterbende Welt und dunkle Geheimnisse. Kaja Evert entwirft ein düsteres, aber nicht hoffnungsloses Setting und verwebt die inneren Konflikte ihrer Hauptfigur mit einer konfliktreichen queeren Liebesgeschichte.


Pro und Contra

+düstere Ästhetik der befallenen Gegenden
+Steyn vielleicht hier und da etwas überzeichnet, aber sehr überzeugend angelegt
+spannende, konfliktreiche Liebesgeschichte
+interessante Auflösung
+Buch schön gestaltet
+Epilog im ersten Moment desorientierend, dann eine schöne Ergänzung

-einige Entwicklungen äußerer Konflikte könnten besser vorbereitet sein

Wertung:

Handlung: 4/5
Figuren: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis-Leistung: 4/5


Rezension zu „Talvars Schuld“

Tags: Dark Fantasy, valerie colberg, kaja evert, queere Figuren, Enemies to Lovers