Galax Acheronian (18.10.2021)

Interview mit Galax Acheronian

ein kleiner schritt kolonieweltenLiteratopia: Hallo, Galax! Du veröffentlichst seit zehn Jahren Science Fiction und Fantasy und wider Erwarten nicht unter einem Pseudonym. Seit wann führst Du den Namen Galax Acheronian? Und wie hast Du den Namen ausgewählt?

Galax Acheronian: Das ist nur zum Teil richtig. Galax heiße ich schon seit meiner Kindheit, das ist einfach mein Rufname, welcher seit 2013 auch in meinem Ausweis steht. Acheronian war der Name meines RPG-Clans. Zu meiner ersten Veröffentlichung 2010 wollte ich eigentlich kein Autor werden und brauchte nur irgendeinen Namen, der über der damals geschriebenen Kurzgeschichte steht. Darüber habe ich nicht groß nachgedacht. War wohl einer meiner weniger cleveren Momente. ;) Und doch: Nomen est Omen. ;)
Die meisten meiner SF-Storys sind recht düster.

Literatopia: Aktuell erscheint Deine SF-Serie um die „Koloniewelten“. Was erwartet die Leser*innen darin? Und muss man mit dem ersten Band beginnen oder könnte man die Romane auch einzeln lesen?

Galax Acheronian: Ah, du hast dich informiert. :)
Nun, Koloniewelten ist eine lose Reihe, die ab 2050 die Kolonisierung des Weltalls bis zum Jahr 2264 erzählt. Jeder Roman ist in sich geschlossen und erzählt eine Geschichte um die wichtigsten Schlüsselereignisse dieser Entwicklung.

Wer also nur einen SF-Roman lesen möchte, ist mit einem x-beliebigen Band der Koloniewelten gut versorgt und bedarf keiner Vorkenntnisse. Wer das ganze Drumherum sowie das Warum und Weshalb ebenfalls erfahren möchte, sollte beim ersten Buch anfangen. Ursprünglich war geplant, pro Buch einen Roman und eine Kurzgeschichte zu veröffentlichen, aber schon im dritten Band scheiterte diese Idee aufgrund des Umfangs, weshalb der vierte Band zwei Kurzgeschichten und einen Roman fasst. Mit dem neunten Band ist die Erzählung beendet.

Literatopia: „Ein kleiner Schritt“, dem Auftaktband der „Koloniewelten“, führt uns in die direkte galaktische Nachbarschaft: zum Mars. Wie sieht es dort in Deiner Zukunftsvision aus?

erstkontakt galaxGalax Acheronian: Kurzfassung: düster.
Lange Fassung: Als ich erste Gedanken zu der damals noch namenlosen Idee formte, ging ich noch zur Schule. Die Besetzung des Irak war in vollem Gange und im politischen Teil des Unterrichts wurde viel über die verschiedenen Weltmächte gesprochen. Auch wurde ich dadurch erstmals mit Religionen in Kontakt gebracht. Die Ideen basieren auf der Entwicklung, wie wir sie heute tatsächlich haben: immer mehr Radikale, immer mehr Brennpunkte.

Zurück zum Roman: Es ist das Jahr 2085, die USA haben den Nahen Osten komplett von den islamistischen Terrororganisationen befreit und wir bewegen uns nun in einer alternativen Zeitlinie, in der diese Weltmacht dort nicht abzieht, sondern bleibt. Zeitgleich, als religiöse Reaktion, radikalisieren sich andernorts christliche Gemeinschaften. (Wie bei uns die AfD oder WerteUnion) Viele Menschen sind von den ewigen Kriegen traumatisiert, die bis ins Jahr 2050 andauerten, das Jahr, in dem die ersten Kolonisten den Mars erreichen. Moslems rund um den Globus müssen sich registrieren und dürfen nicht mehr in sensiblen Bereichen arbeiten. Die National Christian Party (NCP) in den USA wird gegründet, weitet sich global aus und unterstützt ebenfalls die Besiedlung des Mars. Das Kolonisierungsprogramm wird initialisiert und man sucht junge Menschen, die ihr Leben auf fremden Planeten führen wollen. Die Auswahlkriterien sind hart, die Ausbildung dauert etliche Jahre. Die Marsstadt Red City ist Ausbildungsstätte und Startpunkt für die Kolonisation des Alls. 2070 startet die erste Staffel von 5000 Kolonisten im Kälteschlaf zu fünf fernen Zielen, 2085 die zweite Staffel. Doch der Erfolg des zweiten Starts wird durch den Mord an einem hohen Verantwortlichen des Projektes überschattet, was auch Inhalt des ersten Buches ist:

Der erzkonservative Polizist Marek Zintok möchte den Mord untersuchen, um an Popularität zu gewinnen und sich den Flug zurück zur Erde zu sichern, da er bei dem Kolonisationsprojekt 2085 abgelehnt wurde. Als Zwangspartnerin wird ihm die Ex-Muslima Ayasha Surona zur Seite gestellt, eine erfahrene Frau aus einem Kriegsgebiet mit eigenen Schicksalen. Sie ist gebildet, selbstsicher und erfahren, stellt für Marek jedoch alles dar, was er verachtet: Moslems, Atheisten und starke Frauen. Als ungleiches Paar sind sie gezwungen zusammenzuarbeiten.

Titel Koloniewelten

Literatopia: In der Vorgeschichte der „Koloniewelten“ gab es Krieg gegen den Islam, in Folge dessen das Christentum erstarkt ist und eine neue diktatorische Führung bildet. Wie religiös sind diese zukünftigen Christen überhaupt noch?

Galax Acheronian: Sehr radikal.
Während sie sich auf die Fahne schreiben, den Islam besiegt zu haben, beginnen sie nach und nach die Bräuche ihres selbst gewählten Feindes zu übernehmen – und weit mehr. Die Forderung nach mehr Gottvertrauen und die Wissenschaftsfeindlichkeit, die wir auch in diesen Tagen erleben, nehmen gewaltige Formen an, die an ein modernes Mittelalter erinnern.

Literatopia: Wie ergeht es Frauen in den „Koloniewelten“? Leiden sie unter erstarkten patriarchalen Strukturen oder machen sie sich zu Komplizinnen der neuen Weltordnung?

die zweite chanceGalax Acheronian: Tatsächlich geht es den Frauen in den vom irdischen Regime geführten Kolonien alles andere als gut. Sie müssen sich verbergen, dürfen nicht arbeiten, es sei denn im Dienstbereich. Während ein Mann öffentlich verpflichtet ist, Frauen Respekt zu zollen, ist es im Verborgenen oft brutal und unmenschlich.

Und, ja, es gibt Frauen, die derlei befürworten. Doch es soll ja auch um die anderen Koloniewelten gehen – daher auch der Name. Neben der Erde und ihren Ablegern gibt es im Laufe der Reihe viele andere Welten. Ein Angelpunkt ist der Planet Anaximenes, auf dem eine Utopie vorherrscht, in der das Geschlecht eines Menschen keine Rolle mehr spielt und eine Frau dem Mann in nichts nachsteht.

Literatopia: Im Jahr 2254 der „Koloniewelten“ hat die Menschheit Kontakt mit drei außerirdischen Rassen – würdest Du uns diese kurz vorstellen?

Galax Acheronian: Ohne viel vorwegzunehmen: der erste Kontakt wurde 2119 geknüpft. Eines der Schiffe, die 2070 den Mars verlassen haben, traf nach seiner Reise von beinahe 50 Jahren auf eine außerirdische Rasse, die den Menschen um ein Vielfaches überlegen, jedoch sehr friedfertig ist. Die Spezies nennt sich selbst I'To. Es handelt sich dabei um gewaltige Wesen mit mehreren Gliedmaßen und einem massigen Körper, die bereits Kontakt mit einer zweiten Zivilisation haben. Bereitwillig teilen diese Außerirdischen ihre Technologien wie z. B. die Überlichtkommunikation, bei der ein temporärer Gravitationstunnel vom Sender zum Empfänger geschaffen wird. Bis 2264 treffen die Menschen auf weitere Lebensformen. Eine besonders wichtige ist das Volk der Mogonen, das in engen Clanstrukturen auf gigantischen Schiffen lebt.

Literatopia: Gibt es Konflikte mit den Außerirdischen in den „Koloniewelten“? Oder greifen diese in menschliche Konflikte ein?

Galax Acheronian: Ich kann nur so viel vorwegnehmen, dass es keine Konflikte in Form von Kriegen geben wird.
Wieso und warum und überhaupt, das müsste man dann schon selber lesen. ;)
Tatsächlich kommen die Aliens leider ein wenig zu kurz in der Reihe, aber das wird sich ändern. ;)

aliens galax

Literatopia: Du hast bereits diverse Kurzgeschichten in Anthologien veröffentlicht. Mit welchem Thema hattest Du rückblickend am meisten Freude? Und welche Story würdest Du bis jetzt als Deine beste bezeichnen – und warum?

Galax Acheronian: Mein Lieblingsthema sind Aliens und fremde Welten oder bizarre, jedoch bodenständige Situationen, die eine Lösung benötigen. Meine Figuren entsprechen nicht den gängigen Archetypen, sondern fallen immer ein wenig aus der Rolle. Auch hat Diversität bei mir einen hohen Stellenwert und ist in jeder Geschichte präsent. Aktuell empfinde ich meine Novelle „Verloren auf Fir'Darrs“ aus der Anthologie „Hyper Orbis“ als bestes Werk. Obwohl sie kaum jemand gelesen hat, wurde sie immerhin für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert.

In der Geschichte geht es um ein militärisches Schiff, welches auf dem Planeten Fir'Darrs abstürzt. An Bord befand sich auch eine Schulklasse – eigentlich nur zur Besichtigung, doch es ging vieles schief, weshalb nun die Überlebenden an Bord einen Weg finden müssen, den Planeten wieder zu verlassen. Die Charaktere sind recht einzigartig gezeichnet, wie auch die Handlung um die geschaffene Situation.

hyper orbisLiteratopia: Du bedienst Dich bei Deinen Geschichten verschiedensten Formaten: Kurzgeschichten, Novellen, Romanen oder ganze Serien. Wie entscheidest Du, welche Geschichte für welche Länge geeignet ist? Und wirst Du beim Schreiben manchmal überrascht, dass eine Kurzgeschichte plötzlich länger wird, vielleicht zu einem ganzen Roman?

Galax Acheronian: Tatsächlich erfahre ich selbst erst am Ende einer Geschichte, ob es eine Novelle geworden ist. ;)

Manche Ideen benötigen Platz oder Hintergrundwissen, andere funktionieren aus sich selbst heraus. Obwohl die Koloniewelten als Einzelroman mit dem Titel „Demeter“ (der nun der siebente Teil ist) begannen, habe ich schnell Spaß am Fortführen dieses Universums gefunden. Bei Anthologien hat man ja oft Zeichenbeschränkungen, sodass ich den Plot schon entsprechend konstruiere – und doch überrascht es mich, wenn eine Geschichte diese Begrenzung weit überschreitet. Tatsächlich spare ich sogar an Ausschweifungen und Längen. Schon meine erste Geschichte war straff erzählt, und bis heute habe ich mich daran gehalten.

Literatopia: Wie viel recherchierst Du für Deine SF-Geschichten und wer/was hilft Dir dabei?

Galax Acheronian: Ich war von Kindheit an SciFi-Nerd und hatte das große Glück, drei Jahre Astronomie-Unterricht genießen zu dürfen. Wenn ich wirklich nicht weiterweiß, habe ich meine Quellen. Von Astrophysikern bis Wissenschaftlern, Studenten und Universitätsprofessoren war schon alles dabei. Ich scheue mich auch nicht, im Notfall einen mir unbekannten Experten einfach anzuschreiben. Tatsächlich habe ich bisher jedes Mal eine Antwort bekommen.

Literatopia: In den letzten Jahren sind einige tolle Science-Fantasy-Romane erschienen. Auf Deiner Website schreibst Du allerdings, dass Du niemals Science Fiction und Fantasy kombinierst – warum nicht?

Galax Acheronian: Ich persönlich mag Genremix nicht sonderlich.
Auch wenn ich Dinge wie Star Wars gern schaue, bin ich kein Fan von „Magic in Space“ oder gar „Gods in Space“. Das können andere Autoren deutlich besser. Wenn ich Fantasy schreibe, dann ist es auch Fantasy mit Zauberei, Schwertern, Monstern und Gut gegen Böse.

Meine SciFi ist grundsätzlich ausgewogener, realistischer und in ihrem Kern nicht ganz unmöglich. Würde ich dort nun Dämonen oder Hexen auftauchen lassen, würde ich mir selbst nicht treu bleiben.

Sammlung3Literatopia: Welche Technologien, die Du in Deinen Romanen beschreibst, könnten in naher Zukunft Wirklichkeit werden?

Galax Acheronian: Bis auf den Raumkrümmungsantrieb eigentlich alles. Ich halte mich sehr nahe an der uns zugrundeliegenden Physik und Mechanik des Machbaren, weshalb meine Schiffe in ihren Handlungen auch stark begrenzt sind. (Und auch nicht „cool“ aussehen.) Die Alltagsgegenstände, die meine Protagonisten verwenden, sind einfach logische Weiterentwicklungen des Bestehenden sowie des Notwendigen, was uns in unserer Zeit noch fehlt. Da ich wie gesagt großer Fan echter Raumfahrt bin und neue Technologien mich grundsätzlich begeistern, bringen mich gerade diese Dinge auf Ideen.

Literatopia: Du schreibst seit Du 8 Jahre alt bist und hast sozusagen mit Fanfiction angefangen, da Filme, Bücher und Comics nie so ausgingen, wie Du es Dir gewünscht hättest. Vom Ende welchen Werkes warst Du denn besonders enttäuscht? Und wie hast Du es verändert?

Galax Acheronian: Ich kann dir jetzt leider keinen konkreten Titel nennen. Es war oftmals nicht einmal nur das Ende, sondern auch die Beweggründe einiger Figuren oder gar die Handlung an sich. Ich habe als Kind halt sehr viel S-RTL gesehen, und ... naja. ^^

Nur wenige Serien waren wirklich gut, und ich habe angefangen, eigene Episoden zu schreiben. Einige sind als Fanfiction veröffentlicht worden, die meisten zum Glück nicht. xD Besonders ambitioniert war ich damals beim Weitererzählen der Serie „Gargoyles“ – bis heute eine meiner Lieblingstrickfilmserien und der eigentliche Grund, warum ich Autor geworden bin.

Literatopia: Was liest Du persönlich gerne? Hast Du ein paar aktuelle Lesetipps für uns?

Galax Acheronian: Meine (Schreib-)Helden sind Joe Abercrombie mit seiner Rache-Reihe, David Weber mit Honor Harrington, J. K. Rowling mit Harry Potter und Jonathan Stroud mit den ersten drei Bartimäus-Büchern, um nur einige zu nennen.
Ganz aktuell lese ich Nightmares von Jason Segel.

Literatopia: Würdest Du uns zum Abschluss noch einen kleinen Ausblick auf kommende Veröffentlichungen von Dir geben?

mischkaGalax Acheronian: Ui … ^^ Da ist einiges vorbereitet: Ende Oktober 2021 wird der sechste Band der Koloniewelten erscheinen, im Dezember eine kleine Kurzgeschichte und ab Januar 2022 kommt Band III meiner zurückliegenden SciFi-Storys aus den Anthologien von 2019 bis 2021. Anschließend Koloniewelten 7, eine überarbeitete Neuauflage des Romans „Demeter“.

Außerdem ein paar Kurzgeschichten zu diversen Ausschreibungen, die schon fertig sind und zwischendurch noch die letzten beiden Bücher der Koloniewelten und eine Sammlung meiner inzwischen auch recht zahlreich veröffentlichten Fantasy-Shortstorys. Nebenbei arbeite ich an drei Romanen unterschiedlicher Genres: ein queeres Drama, ein SciFi-Abenteuer und ein Jugend-Fantasyroman.

Literatopia: Herzlichen Dank für das Interview!

Galax Acheronian: Ich habe zu danken. Ich hoffe, bei einigen Interesse geweckt zu haben. Egal ob meine Reihe, meine Kurzgeschichten oder gar die Fantasyromane – man kann nicht viel falsch machen, wenn man sich ein wenig unterhalten lassen möchte. :)

Unter diesem Link findet sich eine herunterladbare PDF mit einer Kurzgeschichte aus den Koloniewelten, vielen Grafiken und einigen Leseproben: http://www.acheronian-clan.de/Galax/downloads/die-zweite-chance.pdf 


Bildmaterial: Copyright by Galax Acheronian

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Dieses Interview wurde von Judith Madera für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.