Der seltsame Fall der Alchemistentochter – Der Athena-Club Bd.1 (Theodora Goss)

Verlag: Panini; (Oktober 2021)
Taschenbuch: 448 Seiten; 17 €
ISBN-13: 9783833241017

Genre: Fantasy/ Grusel/ Mystery


Klappentext

Die verwaiste und mittellose Mary Jekyll versucht mehr über die mysteriöse Vergangenheit ihres verstorbenen Vaters herauszufinden. Ein Hinweis führt sie auf die Spur von Edward Hyde, dem ehemaligen Freund und Mörder ihres Vaters. Die Belohnung, die auf Hydes Kopf ausgesetzt wurde, könnte sie auf einen Schlag aus ihren finanziellen Nöten befreien. Auf ihrer fieberhaften Jagd lernt sie Hydes Tochter kennen, erhält unversehens Unterstützung von Sherlock Holmes und Dr. Watson und freundet sich mit einer Reihe monströser Frauen an, die allesamt durch entsetzliche Experimente erschaffen wurden: Beatrice Rappaccini, Catherine Moreau und Justine Frankenstein. Bei ihren gemeinsamen Ermittlungen stoßen sie auf eine skrupellose Geheimgesellschaft und auf machtversessene Wissenschaftler. Außerdem müssen sie sich den wahren Monstern stellen – und ihrer eigenen Vergangenheit.


Rezension

Nach dem Tod ihrer Mutter muss Mary Jekyll feststellen, dass sie fast mittellos ist. Da entdeckt sie in den Unterlagen ihrer Mutter einen Hinweis auf den gesuchten Verbrecher Mr. Hyde, für dessen Ergreifung eine große Belohnung winkt. Sie wendet sich an Sherlock Holmes, um ihn um Hilfe zu bitten. Dieser gewährt ihr sie und noch viel mehr. Plötzlich ermittelt sie an seiner Seite in mehreren grausamen Morden an Frauen in Whitechapel und die Spur in den Unterlagen ihrer Mutter führt sie zum Magdalenenheim, in dem eine große Überraschung wartet. Wie sie erfahren muss, hat sie sozusagen eine Schwester, die Tochter von Mr. Hyde, Diana. Aber wie kann das sein? Wer war ihr Vater? Was ist die Société des Alchimistes? Und was will sie? Mary kommt etwas unglaublichem auf die Spur und begegnet dabei weiteren Frauen, die eine besondere Geschichte zu erzählen haben, wie da wären Catherine Moreau, Beatrice Rappaccini und Justine Frankenstein. Gemeinsam kommen sie den Geheimnissen auf die Spur und können Sherlock Holmes und Scotland Yard mit den Frauenmorden weiterhelfen.

Das 19. Jahrhundert war das Jahrhundert der Schauerromantik, der Schauerliteratur und damit auch der Beginn der Horrorliteratur, die sich bis zum Ende des Jahrhunderts daraus entwickelte. Viele der Monster, Gestalten und verrückten Wissenschaftler, die uns heute noch begleiten, wurden damals geschaffen. Sei es Dracula, Frankenstein oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde, die Auswahl ist groß und es gibt viele bekannte und unbekanntere Vertreter ihrer Art. Häufig wurde damals das Motiv der fehlgeleiteten Wissenschaft genutzt, um Grusel und Horror zu erzeugen.
Und genau diesen verrückten Wissenschaftlern aus der Literatur widmet sich Theodora Goss in Der seltsame Fall der Alchemistentochter, oder besser gesagt deren Töchtern.
Laut aus eigener Aussage stellte sich ihr immer die Frage, warum soviele der Wissenschaftler in den Romanen weibliche Monster schufen. Eine durchaus nachgehenswerte Frage, auch wenn Theodora Goss ihrer eigenen Ausgangsfrage nicht unbedingt folgt. Denn abgesehen von Beatrice Rappaccini und Justine Frankenstein, sind die anderen vorkommenden Töchter nicht unbedingt unter dieser Prämisse zu sehen.
Dennoch ist Theodora Goss´ Roman eine Zusammenführung der verschiedenen klassischen Wissenschaftler und ihrer Schöpfungen aus den altbekannten Gruselromanen. Sicher ist der Ansatz nicht neu, verschiedene literarische Figuren aufeinandertreffen zu lassen und der gute Sherlock Holmes wird in diesem Bereich gerne genommen, aber selten passte alles so gut zusammen, wie in Der seltsame Fall der Alchemistentochter. Denn Theodora Goss baut in diesem ersten Roman über den Athena-Club ein großes Mysterium auf, welches sich gut in die Welt der Gruselromane, die ihr Inspiration lieferten, einfügt.
Jekyll, Frankenstein, Rappaccini, Dr. Moreau und selbst Dr. Seward und Van Helsing gehören in diesem Roman einer Geheimgesellschaft an, die ethisch fragwürdige und gefährliche Experimente durchführt und ihre Töchter sind mehr oder weniger die Leidtragenden.
Theodora Goss konzentriert sich in ihrem Roman auf die Töchter und lässt die Väter und ihre Geheimgesellschaft nicht selbst zu Wort kommen. Dadurch kann sie dem Leser nötige Informationen tröpfchenweise zukommen lassen, alles etwas besser anpassen und vor allem eins: Spannung aufbauen und gespannt auf die Auflösung machen, was denn genau die Geheimgesellschaft will. Diese gibt es allerdings hier noch nicht.

Dieser Roman dient vor allem zur Ein- und Zusammenführung der Figuren, bevor in weiteren Bänden mehr vom Hintergrund enthüllt werden wird. Und diese Zusammenführung gelingt Theodora Goss ziemlich gut. Sie wird zwar vermutlich keinen Preis für Originalität erhalten, aber die Mörderjagd und ihre Auflösung sind vollkommen ausreichend und gut geschrieben. Glänzen kann sie hingegen, bei der Beschreibung der Charaktere und ihrer Eigenschaften. Jede einzelne der Frauen beschreibt sie lebendig und verleiht ihr Charakterzüge, die sie individuell sein lassen. Dabei greift sie auf ein Stilmittel zurück, welches zumindest ungewöhnlich, wenn nicht einzigartig ist. Immer wieder wird die Handlung durch Einschübe unterbrochen, in denen Mary, Justine und die anderen Frauen das Geschehen auf den Seiten kommentieren, als wären sie dabei, während Catherine Moreau, die im Roman als Verfasserin dargestellt wird, dies alles aufschreibt. Ist das bei den ersten Malen noch sehr ungewohnt und vielleicht etwas irritierend, wird dies gegen Ende hin zu einer der Stärken des Romans, kommt hierdurch doch etwas Humor in die Geschichte, die ansonsten recht ernst und spannend ist.

Theodora Goss´ Stil ist im Allgemeinen sehr gut zu lesen. Sie erschafft einen sehr guten Lesefluss und erzeugt an den richtigen Stellen Spannung. Teilweise erinnert sie in ihrer Sprache an alte Gruselromane, was bei dem Thema des Romans vollkommen passend ist.
So ist der Der seltsame Fall der Alchemistentochter nicht perfekt, hin und wieder gibt es ein Klischee zu viel und weniger literarische Figuren hätten es beispielsweise auch getan und hätten den Roman etwas entschlackt, aber der Athena-Club kann gut unterhalten und bietet interessante Ansätze, die hoffentlich zu Stärken ausgebaut werden.


Fazit

Theodora Goss´ Roman über die Töchter verrückter Wissenschaftler ist unterhaltsam und spannend. Der seltsame Fall der Alchemistentochter hat zwar stilistisch und inhaltlich mit Sicherheit noch etwas Luft nach oben, aber der Anfang ist gemacht und macht auf jeden Fall neugierig auf die Fortsetzung.


Pro & Contra

+ verschiedene Gruselklassiker werden zusammengeführt
+ spannend und macht neugierig

0 weniger Figuren wäre vielleicht besser gewesen

Bewertung:

Charaktere: 4/5
Handlung: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5

Tags: Mystery