Liebe Leser*innen,
2021 war für viele von uns kein besonders gutes Jahr, aus offensichtlichen und weniger offensichtlichen Gründen. Auch für mich war es oft nicht einfach, aber ich muss sagen, dass 2021 ein sehr gutes Bücherjahr war, zumindest für die Phantastik, in deren Gefilden ich mich hauptsächlich herumtreibe. Einige Romane, die im englischsprachigen Raum bereits positiv aufgefallen und teils ausgezeichnet sind, wurden endlich ins Deutsche übersetzt und die deutschsprachige Phantastik zeigt sich so vielseitig und anspruchsvoll wie lange nicht mehr. Entsprechend finden sich auf meiner All-time-Bestenliste mehrere Bücher aus diesem Jahr, hervorheben möchte ich hier nochmals zwei Titel, die mich schwer begeistert haben: "Anarchie Déco" von J. C. Vogt und "Der Sterne Zahl" von Kameron Hurley.
"Anarchie Déco" ist historische Urban Fantasy vom Feinsten und schafft es, die komplexe gesellschaftspolitische Lage der Weimarer Republik einzufangen und in diesem Setting eine packende, phantastische Story mit Retro-SF-Elementen und Magie zu erzählen. Stark sind insbesondere die facettenreichen Figuren, die darum kämpfen, ihre Leben selbst zu gestalten. Um Selbstbestimmung geht es auch in "Der Sterne Zahl", einer außergewöhnlichen Space Opera mit organischen Weltenschiffen und ausschließlich weiblichen Figuren, die jedwede gesellschaftliche Rolle ausfüllen. Kameron Hurley erzählt von Geburt und Tod, von Liebe und Freundschaft, vor allem aber von der enormen Opferbereitschaft zweier Frauen, die um eine selbstbestimmte Zukunft kämpfen.
Erwähnenswert ist auch die Climate Fiction "Exit this City", in der Deutschland ein verarmtes Agragland ist, das indische Lebensmittelkonzerne unter sich aufteilen. Gerade nach der Flutkatastrophe im Sommer liest sich "Exit this City" beklemmend, denn auch hier ertrinkt Deutschland im Regen, während in Indien eine radioaktive Staubwolke auf Delhi zurast. Trotzdem bietet der Part in Indien einige humorvolle Szenen, insbesonere mit Streunerhund Ray.
Beklemmend war auch "Die Schwarze Rosa" von Birgit Rabisch, die die Lebensgeschichte ihrer Großmutter aufarbeitet und eindrücklich schildert, wie diese zur Mitwisserin und Mittäterin in der Schwarzen Reichswehr wurde. Anhand ihres persönlichen Schicksals wird deutlich, warum die Weimarer Republik scheiterte und so viele Menschen blind den Nationalsozialisten folgten.
Viel Freude beim Lesen hatte ich mit "Kondorkinder" von Sabrina Železný, die im historischen und heutigen Peru eine magische, mystische Geschichte erzählt. Man spürt durchweg die große Liebe der Autorin zu dem südamerikanischen Land und es fühlt sich beim Lesen durchweg so an, als wäre man wirklich dort. Insbesondere die Kapitel in der Vergangenheit überzeugen mit empathischen, liebenswerten Figuren.
Ein absolutes Highlight war für mich natürlich auch die Fortsetzung von "Ich bin Gideon" - "Ich bin Harrow" ist nochmals wahnsinniger als sein Vorgänger, verwirrt die Leserschaft gekonnt und ist schlicht eine herrlich düstere, böse und morbide Space Fantasy. Ich liebe diese Reihe einfach, auch wenn es mich etwas irritiert hat, dass es nun doch keine Trilogie wird, sondern mindestens vier Romane geplant sind, wenn nicht mehr. Bleibt zu hoffen, dass diese großartige, brutal unterhaltsame Story nicht zu sehr in die Länge gezogen wird.
Für 2022 sind bereits einige spannende Titel angekündigt, für die ich demnächst eine kleine Vorschau verfassen werde. Zumindest die nächsten Monate freue ich mich auf tollen Lesestoff, zumal ich auch noch ein paar schöne Bücher hier liegen habe. Ich hoffe, Euer Bücherjahr 2021 war ähnlich gut wie meines! (ein paar Rückblicke habe ich bereits gelesen und es sieht so aus, als hätten auch andere 2021 viele gute Bücher erwischt)
Viele Grüße
- Judith