Markus´ Bestenliste: Comics, die jeder lesen sollte

Eine Bestenliste mit zwanzig Comics zu erstellen, sollte eigentlich ein Leichtes sein. Zwanzig ist immerhin eine relativ große Zahl. Und dennoch fällt es mir wirklich schwer, eine solche Liste zu erstellen, denn einmal angefangen, darüber nachzudenken, welche Comics ich hierfür auswählen soll, musste ich schnell feststellen, dass die Zahl der Comics und Zeichner, die mir am Herzen liegen oder mich vollkommen begeistern konnten, dann eben doch deutlich höher liegt. Von klein auf Comicleser sind mir bereits früh viele Klassiker begegnet und in den letzten Jahren kamen noch etliche Comics neueren Datums zu meinen Lieblingen hinzu. Um wenigstens den Hauch einer Chance zu haben, habe ich einfach auch ganze Reihen in diese Liste aufgenommen, sofern es sinnvoll ist. Die Comics, die ich hier versammelt habe, stehen aus den unterschiedlichsten Gründen hier. Mal ist es die Geschichte, die herausragend ist, mal sind es die Zeichnungen, die einfach atemberaubend sind, so dass der Inhalt in den Hintergrund tritt und manchmal stimmt einfach alles. Warum auch immer, alle Titel, die ich nenne, haben es voll und ganz verdient, hier zu stehen. Und wer weiß, vielleicht erstelle ich in der Zukuft auch noch Bestenlisten nach Genres zusammen. Möglich wäre es, aber nun erstmal zu den zwanzig Titeln, die auf jeden Fall jeder im Regal stehen haben sollte, egal ob er/sie Comicfan ist oder nicht. In zwei Fällen nenne ich statt eines Titels den Zeichner und Autoren, was voll und ganz berrechtigt ist, angesichts der phantastischen Bilder, die die beiden jeweils erschaffen. Und wer aufmerksam liest, wird feststellen, dass die allgegenwärtigen Superhelden fehlen. Das ist zum einem dem geschuldet, dass einfach kein Platz mehr frei war und zum anderen dem Fakt, dass sie mit Sicherheit noch ihre eigene Liste bekommen. Vorweg wäre aber jedem schon mal die gnadenlos gute Crime-/Thrillerserie Gotham Central ans Herz gelegt. Greg Rucka und Ed Brubaker trumpfen darin ganz groß auf und verzichten dabei nahezu komplett auf Batman und rücken die Polizei in den Mittelpunkt.

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Jeff Jordan

Jeff Jordan ist ein Privatdetektiv in den 50er/ 60er Jahren in Frankreich und kann als einer der Klassiker in seinem Bereich bezeichnet werden. Maurice Tillieux schickt ihn in aufregende Abenteuer, stellt ihm Freunde an die Seite und präsentiert seine spannenden Geschichten mit Humor, der aber nie die Atmosphäre und die Spannung zerstört. Zurecht gilt Jeff Jordan nach wie vor als unübertroffen.

Theodor Pussel

Frank Le Gall nahm sich einst das Tagebuch seines Großvaters als Inspirationsquelle und herauskam Theodor Pussel. Ein Abenteuercomic, der seinesgleichen sucht. Theodor Pussel entführt den Leser in eine vergangene Zeit. Auf den Seiten des Comics findet sich die Sehnsucht nach fernen Orten und Geheimnissen mit einer leicht melancholischen aber positiven Atmosphäre. Feinsinniger Humor, ungewöhnliche Erzählungen und einzigartige Charaktere ergeben einen Abenteuerroman, denn nichts anderes ist Theodor Pussel, den wirklich jeder gelesen haben sollte.

Bis zum bitteren Ende

Western gibt es viele und in den letzten Jahren gab es zahlreiche Comicneuerscheinungen, die sich mit den USA jener Zeit beschäftigten, darunter richtig gute. Bis zum bitteren Ende ist dennoch eine besondere Erwähnung wert. Jérome Félix und Paul Gastine erzählen hier von den letzten Atemzügen des alten Westen. Und ihr Abgesang auf den Mythos des Westens ist besonders schmerzhaft. So müssen Western heute aussehen.

The Crow

Schmerzhaft war es auch für James O´Barr als seine damalige Freundin starb. Und um diesen Schmerz zu verarbeiten und mit ihm zurecht zu kommen, schuf er The Crow. Einen Comic, der von Angst und Verlust, aber auch von Hoffnung spricht. Von Liebe und Wut. Bilder und Text haben eine unglaubliche Wucht und ziehen den Leser hinein in Eric Dravens Kampf mit seinen Gefühlen. The Crow ist nicht gerade für Zartbesaitete, aber er ist ein wichtiger und lohnenswerter Comic.

Das Nest

Es muss nicht immer Action, Abenteuer oder Humor sein, um einen außergewöhnlichen Comic zu erschaffen. Das beweisen Jean-Louis Tripp und Regis Loisel mit Das Nest. Ihre Erzählung aus der kanadischen Provinz in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts ist einfach faszinierend und gehört erzählerisch zu den besten Comics überhaupt. Sie werfen einen Blick auf den Alltag, die Sorgen und Nöte der Menschen in einem kleinen Ort und dies ist unglaublich gut. Das Nest ist eine warmherzige, nostalgische Erzählung zum Genießen und Wohlfühlen und schlicht und einfach ein Meisterwerk.

Hellboy/ B.U.A.P.

1993 hatte Mike Mignolas Schöpfung ihren ersten Auftritt in einem Comic und seitdem ist viel passiert. Drei Kinofilme, jede Menge Spin-Offs und Spiele sind bisher erschienen und all das ist vollkommen verdient. Mignola orientiert sich an den Pulpgeschichten der 30er Jahre und holt sie in die Gegenwart. Dabei vermischt er Sagen, Legenden, Horror, Fantasy und Krimi miteinander und sorgt für beste Unterhaltung. Hellboy ist in der us-amerikanischen Comicwelt einzigartig und mit B.U.A.P. hat die Serie einen unheimlichen starken Ableger.

Karl der Wikinger

Don Lawrence ist vor allem für Trigan und Storm bekannt. Bevor er jene Helden in Szene setzte, zeichnete er bereits andere und einer von diesen ist Karl der Wikinger. Die Geschichten sind gut und bilden tolle Abenteuercomics. Was Karl der Wikinger aber für diese Liste qualifiziert, sind Don Lawrence` Zeichnungen. Hier beweist er schon früh, wie verdammt gut er ist. Auch heute noch begeistern sie.

Samurai

Der titelgebende Samurai Takeo ist auf der Suche nach seinem Bruder, stolpert dabei jedoch in ein viel größeres Abenteuer. Jean-Francois Di Giorgio und Frédéric Genet lassen das alte Japan aufleben und bieten viele Details zur japanischen Gesellschaft. Dazu kommt eine durchdachte Geschichte und rasante, dynamischen Zeichnungen, die die Handlung teilweise ohne Wort erzählen.

Okko

Ein Ronin wandert durch Pajan und jagt dabei Geister und Dämonen. Das klingt nach einer simplen Prämisse, was Hub daraus macht, ist allerdings großartig und gerade der letzte Band der Reihe ist einfach perfekt.

Usagi Yojimbo

Wenn es um das alte Japan geht, dürfte es keinen besseren Comic geben als Stan Sakais Samuraihasen. Wie auch die Hauptcharaktere in anderen Comics zieht er als Ronin durchs Land und erlebt Abenteuer. Damit endet die Gemeinsamkeit mit vergleichbaren Comics. Denn was Stan Sakai hier geschaffen hat, ist einfach unglaublich. Nie wurde die japanische Kultur besser und mitreißender aufs Papier gebracht. Nie war ein Geschichtenerzähler mit einer solchen Prämisse mutiger. Stan Sakai erzählt, was ihm am Herzen liegt, egal ob die Geschichte actionlastig ist, oder einfach nur erzählt  wird, wie ein Schwert geschmiedet oder ein Drachen gebaut wird, seine Erzählweise ist einfach außergewöhlich gut. Besser geht es einfach nicht.

Walhalla

In den 80er Jahren sah ich zumm ersten Mal den Zeichentrickfilm Walhalla, ohne zu wissen, dass dieser auf einem Comic basiert. Mittlerweile sind die Comics auch in Deutschland erschienen und wie jeder feststellen kann, sind sie genauso lustig und unterhaltsam. Jedoch nicht nur das, denn gleichzeitig bieten sie eine hervorragende Einführung in die nordische Sagen- und Götterwelt, die mit reichlich Humor gewürzt ist. Besser kann so etwas nicht aufbereitet werden.

Emmanuel Lepage

Emmanuel Lepage ist der erste der beiden Künstler von denen ich nicht einen einzelnen Comic hervorheben, sondern ihn ganz allgemein empfehlen möchte. Seine bildgewaltigen Zeichnungen, die die Kraft der Natur und vor allem des Meeres einfangen, sind zum Niederknien schön und atemberaubend. Aber ebenso hat er inhaltlich viel zu bieten. Sei es sein Reisebericht in die Antarktis in Weiß wie der Mond, sein Bericht über einen Leuchtturm in Ar-men oder eine einfache Abenteuergeschichte wie in Die Fahrten des Odysseus, er enttäuscht nie.

Patrick Prugne

Der zweite Künstler, dessen Gesamtwerk eine einzige Empfehlung ist, ist Patrick Prugne. Sein Hauptthema war in den letzten Jahren das Amerika in der Zeit vor der Gründung der USA, aber auch anderen geschichtlichen Themen widmet er sich, wie z.B. in Die Straßenkinder von Montmartre. Im Prinzip ist es jedoch egal, wovon er gekonnt erzählt, denn seine Aquarelle sind einfach wunderschön und bei jedem Umblättern hofft man auf eine weitere ganzseitige Zeichnung, deren Original ins rechte Licht gerückt prominent an eine Wand gehängt gehört. Nicht umsonst veröffentlicht Patrick Prugne in seinem Heimatland bei einer Galerie seine Comics und nicht bei einem Verlag.

Long John Silver

Die Schatzinsel von Robert Louis Stevenson ist ein Klassiker der Weltliteratur und wurde bereits unzählige Male verfilmt. Bearbeitungen gibt es also viele. Xavier Dorisons Erzählung von Long John Silvers letztem Abenteuer nach seiner Rückkehr von der Schatzinsel sticht aus der Masse hervor. Seine Hommage an den alten Seeräuber liest sich spannend und sieht noch dazu richtig gut aus.

The Surrogates

In der Zukunft gehen die meisten Menschen nicht mehr selbst vor die Tür, sondern schicken Roboter, die wie sie aussehen, sogenannte Surrogates, für sich nach draußen. Dann geschieht allerdings ein Mord und die Scheinwelt gerät ins Wanken.
Robert Venditti und Brett Weldele entwerfen in dieser Graphic Novel eine düstere Zukunftsvision und gehen der Frage nach, was geschieht, wenn sich der Mensch mit technischen Hilfsmitteln immer weiter von der realen Welt entfernt. Angesichts von Marc Zuckerbergs Vorhaben mit Meta wirkt The Surrogates mittlerweile wie eine deutliche Warnung. Seine Aktualität hat Robert Vendittis Geschichte nicht verloren, sondern ist nur näher an die Realität gerückt. Brett Weldeles einfacher und simpler Stil spiegelt die Entfremdung des Menschen von seiner Welt.

Gung Ho

In Deutschland haben es Comicschaffende besonders schwer. In den letzten Jahren kommt aber auch in die hiesige Comiclandschaft Bewegung, was dazu führt, das deutsche Autoren und Zeichner mittlerweile die Möglichkeit bekommen, im Ausland zu veröffentlichen. Und so wurde Gung Ho von Thomas von Kummant und Benjamin von Eckartsberg zunächst in Frankreich veröffentlicht. Und alle guten Kritiken für ihren dystopischen Blick in die Zukunft sind absolut berechtigt. Ihre Geschichte über Jugendliche in der Apokalypse, die sich gegen sogenannte Reißer und die Erwachsenen wehren müssen, ist spannend und besitzt mehr Tiefe als gedacht. Gung Ho ist eindeutig ein starker Konkurrent für The Walking Dead, ganz ohne Zombies, aber dafür mit der selben Fragestellung: Was tun sich Menschen in Extremsituation an?

Malcolm Max

Malcolm Max stammt aus der Feder von Ingo Römling und Peter Mennigen und hat mittlerweile einen ebensolchen Siegeszug wie Gung Ho hingelegt. Und ebenso vollkommen zurecht. Der paranormale Ermittler und seine Partnerin, Halbvampirin Charisma, ermitteln im London des Jahres 1889. Und ihre Fälle haben es in sich. Aus einem Mordfall wird schnell ein Kampf gegen übernatürliche Mächte und Malcolm Max und seine Partnerin stellen sich der Gefahr mit viel Witz und Humor. All das wird von Ingo Römling in atmosphärischen Bildern gefasst und macht einfach Spaß zu lesen. Denn Malcolm Max ist mehr als die Summer seiner Teile, er ist perfekte Unterhaltung.

Mafalda

In Deutschland bekam man lange Zeit kaum etwas von Quinos Schöpfung zu lesen und das ist ehrlich gesagt eine Schande. Selbst wenn die Comicstrips an sich mehr als vierzig Jahre auf dem Buckel haben, so haben sie nichts an ihrer Aktualität verloren. Leider muss man sagen, denn Quino widmet sich den großen Themen, wie Umweltschutz und Krieg, genauso wie den kleinen Dingen. Da beweist er sich als genauer Beobachter der menschlichen Natur und zieht daraus seinen Humor. Der kommt nie mit erhobenen Zeigefinger daher, sondern ist warmherzig, tiefgründig, manchmal leichtfüßig, manchmal traurig und manchmal mit einerm leicht bitteren Nachgeschmack. Wer Calvin und Hobbes liebt, wird ebenso Mafalda lieben. Alle anderen sollten allerdings auch zu Quinos Comicstrips greifen, die Gefahr es zu bereuen, besteht nicht.

Die Bestie

Das Marsupilami ist ein lustiges Tier aus dem palumbianischen Dschungel und wird hauptsächlich für Kinder geschrieben. So kannten die Leser von Spirou und seiner eigenen Reihe es jahrzehntelang. Aber dann kamen Frank Pé und Zidrou und lieferten mit Die Bestie eine Neuinterpretation des Marsupilamis ab, die vieles radikal auf den Kopf stellt und dennoch seinen Kern bewahrt. Ihr realistischer Ansatz für das Wundertier aus dem Dschungel ermöglicht es ihnen, von einer Zeit zu erzählen, die in Vergessenheit geraten ist und ihr Comic besitzt deutlich weniger Humor und mehr Ernsthaftigkeit als jeder andere Marsupilami-Comic. Dadurch wendet er sich eindeutig an Erwachsene. Denn der vorhandene Humor lockert die Geschichte nur auf, bestimmt sie aber nicht.
Auch die Zeichnungen machen gleich deutlich, an wen sich Die Bestie wendet. Mit einem Blick auf das Cover wird klar, dieses Marsupilami ist kein Kuscheltier, sondern ein Wildtier, welches aus seiner Heimar entführt wurde. Frank Pés Zeichnungen sind hier absolut auf die Geschichte abgestimmt und helfen mit ihrer dunkleren Atmosphäre eine Geschichte zu erzählen, die wichtig ist und den Leser in ihren Bann zieht.

Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck

Epiphanie hat Angst. Angst vor so gut wie allem und jeden. Seit Jahren wird ihre Angst immer größer. Also macht sie sich auf den Weg sie loszuwerden. Dabei muss sie einen Wald durchqueren und begegnet seltsamen Gestalten.
Séverine Gauthier und Clément Lefèvre nähern sich einfühlsam dem Thema der Angst und woher sie kommt. Dabei schicken sie Epiphanie auf eine wundersame phantastische Reise mit reichlich seltsamen Gestalten. Schnell hätte Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck ein düsteres und trockenes Werk werden können, aber Autorin und Zeichner haben eine hoffnungsvolle Geschichte in wunderschönen Bildern kreiert, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen begeistern und Mut machen kann und in jedes Buchregal gehört.