Verlag: Cross Cult; (November 2021)
Gebundene Ausgabe: 186 Seiten; 35 €
ISBN-13: 978-3-96658-532-3
Genre: Dystopie/ Abenteuer
Klappentext
In den frühen 70er-Jahren erschien SIMON VOM FLUSS in der Wochenzeitung Tintin. Sein Schöpfer, Claude Auclair, stand kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag und war noch nicht lange als Comiczeichner tätig. Nichtsdestotrotz entflammte sein Werk DIE BALLDADE DES ROTSCHOPFS und dessen literarischer Ausdruck, in dem Auclairs Bewunderung für Jean Giono und dessen LIED DER WELT anklang, schon von Anfang an eine leidenschaftliche Debatte unter den Lesern des Magazins. Bald folgten CLAN DER ZENTAUREN und DIE SKLAVEN – mit ihnen ein düsterer Ausblick auf die Zukunft und Chroniken der kommenden Zeiten. Ein Comicklassiker, der entschieden ernst und eindringlich von einer postapokalyptischen Welt berichtet, die sich aus den Ruinen einer atomaren Katastrophe erheben muss.
Dieser erste von drei Bänden der Gesamtausgabe enthält – als deutsche Erstveröffentlichung – DIE BALLADE DES ROTSCHOPFS und die in den 1980er-Jahren bei Carlsen erschienen Geschichten DER CLAN DER ZENTAUREN und DIE SKLAVEN.
Als Bonusmaterial sind außerdem ein aufwändig illustriertes 36-seitiges Dossier von Patrick Gaumer und ein neues Vorwort von Andreas C. Knigge enthalten.
Rezension
Die 1960er und 1970er waren Jahrzehnte des Aufbruchs. Der Zweite Weltkrieg wurde zum ersten Mal richtig aufgearbeitet und Kritik an der Gesellschaft und dem Umgang mit der Natur wurde öffentlicht ausgedrückt. In dieser Zeit entstand auch Simon vom Fluss von Claude Auclair. Gerade Anfang Dreißig entwickelte er die Geschichte über einen Mann und Einsiedler in einer postapokalyptischen Welt, die nicht durch einen Atomkrieg entstand, sondern dadurch, dass die Menschen sich selbst zu Fall brachten, als die Wirtschaft zusammenbrach. Simon durchwandert also ein Welt, die in der Zeit zurückgeworfen scheint, aber in der ist noch Überreste der Moderne gibt. Dabei ist Claude Auclairs große Thema, der Umgang des Menschen mit der Natur und wie er mit ihr gemeinschaftlich und im Einklang leben kann. Industrie und Moderne dringen immer wieder in einfaches Leben ein und stören es. Dabei geht es ihm aber nicht darum, dass die Menschheit wieder zurück zu diesem einfachen Leben finden soll, sondern sich mehr ihrer Verantwortung bewusst wird und so ein Gleichgewicht mit der Natur findet. Simon ist zudem kein klassischer Held, aber auch kein Antiheld. Er ist mehr ein Reisender, der eher beobachtet, aber eingreift, wenn er sich moralisch verpflichtet fühlt. Auch wenn er dann Taten vollbringen muss, die seinem inneren Kompass nicht unbedingt entsprechen. Drei Alben über Simon vom Fluss sind in der ersten Gesamtausgabe enthalten, wovon das erste Abenteuer Die Ballade des Rotschopfs zum ersten Mal auf Deutsch erscheint.
Die Ballade des Rotschopfs
Simon führt ein einfaches Leben am Fluss und hilft hin und wieder anderen Menschen mit seinem Rat. Eines Tages kommt der Alte zu ihm. Sein Sohn, Rotschopf, ist von einer Fahrt auf dem Fluss nicht zurückgekommen. Er bittet Simon, ihn bei seiner Suche nach Rotschopf zu begleiten. Und so macht sich Simon auf den Weg. Einen Weg, der ihn weit weg führen wird.
Bereits mit den ersten Bildern nimmt Claude Auclair den Leser gefangen. Praktisch augenblicklich setzt er die Stimmung und Atmosphäre für Simons Abenteuer in der postapokalyptischen Welt, in der sich Simon mit den Menschen und mit Tyrannen auseinandersetzen muss. Die Ballade des Rotschopfs ist trotz eines glücklichen Endes ein eher pessimistischer Blick auf die Welt und das zivilisierte Leben. So richtig spannend ist die Geschichte zwar nicht, aber unheimlich packend, so dass man in einem durchliest.
Der Clan der Zentauren
Simon ist nach den Ereignissen in der Stadt und mit Rotschopf weiterhin auf Reisen. Im Gebirge trifft er auf den Clan der Zentauren, der sich an einem See eingerichtet hat, um den eine Siedlung entstanden ist, die von einem Rat regiert wird. Estelle, die Tochter eines alten Freundes seines Vaters, und Simon verlieben sich. Das führt jedoch zu Problemen mit dem Jäger Igaal, der ebenfalls Estelle liebt. Dieser Konflikt kommt zur Unzeit, denn ein Zentrum der alten Welt beabsichtigt, die Stadt aus der Simon kommt, zu überfallen. Und die Siedlung liegt auf dem Weg dorthin.
Erneut beginnt Claude Auclair seine Geschichte mit überwältigenden Landschaften, bevor er eine Geschichte von Eifersucht, unwissenden Verrat und Gier erzählt. Mit dem bitteren Ende entwickelt sich Simon weiter und fasst einen Entschluss, der weitere spannende Abenteuer verspricht.
Die Sklaven
Simon hat Rache an dem Zentrum geschworen, das die Gemeinschaft zerstört hat. Eines Tages trifft er auf zwei Überlebende des Clans der Zentauren und die berichten ihm, dass es weitere Überlebende gibt, die in Gefangenschaft geführt wurden. Zusammen folgen sie der Karawane der Gefangenen. Unterwegs treffen sie auf Anne, deren Hof zerstört und deren Familie umgebracht wurde. Schließlich kommen sie zu dem Ort, an den ihre Freunde verschleppt wurden. Es ist ein Stahlwerk, in dem sie zur Zwangsarbeit gezwungen werden. Simon und seine neuen Freunde erarbeiten einen Plan, das alles zu beenden.
Die Sklaven setzt die Geschichte aus Der Clan der Zentauren praktisch direkt fort und genau wie diese stellt sie sich gegen Militarismus und Faschismus, auch wenn Simons Verbündete selbst zu den Waffen greifen. Ebenso wird hier die ungebremste Industralisierung und Ausbeutung des Menschen von Claude Auclair kritisiert.
Claude Auclairs Zeichnungen sind nicht nur nicht gealtert, sondern sehen auch hervorragend aus. Insbesondere Landschaften sind bei ihm beeindruckend und atmosphärisch. Mit hoher Detailfreude gestaltet er die Seiten und sein realistischer Ansatz intensiviert die Atmosphäre der Geschichte. Die Charaktere sind in ihrer Mimik ausdrucksstark und vermitteln ihre Emotionen. Schade ist nur, dass bis auf das Erste, die Alben in Farbe gehalten sind, denn in den Schwarzweißzeichnungen findet sich das gewisse Etwas, was Simon vom Fluss noch besser sein lässt. Aber das ist Kritik auf hohem Niveau.
Neben Simons Abenteuern sind ein Vorwort von Andreas C. Knigge, dem damaligen Chefredakteur bei Carlsen, und ein sehr umfangreiches und interessantes Dossier von Patrick Gaumer enthalten, in dem dieser auf die Hintergründe des Comics eingeht.
Fazit
Glücklicherweise hat sich Cross Cult Simon vom Fluss´ angenommen. Ansonsten wäre vielen Lesern ein wichtiger Klassiker entgangen, der heute noch viel Aussagekraft besitzt und nach wie vor Bedeutung hat. Die Geschichten sind es wert nicht vergessen zu werden.
Pro & Contra
+ atmosphärische und sehr gute Zeichnungen
+ Geschichten mit Aussage
+ umfangreiches Bonusmaterial
Bewertung:
Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Claude Auclair: