Katrin Ils (November 2020)
Taschenbuch
348 Seiten, 16,05 EUR
ISBN: 979-8569735587
Genre: Fantasy
Klappentext
In einem finsteren Wald, da steht ein Turm. Wer ihn mit reinem Herzen betritt, dem gewährt die dort gebundene Seele einen Wunsch ...
Eine junge Tagelöhnerin mit einem Herzenswunsch
Belanca will mehr als das Leben, zu dem ihr Stand sie bestimmt. Der unheilvolle Turm im Wald scheint die Antwort auf ihre Gebete zu sein: Mit der Magie der gefangenen Seele kann auch jemand wie sie ihr Glück machen.
Ein altes Monster voller Rachsucht
Der Vampir Lycidas ist seit Jahrzehnten in dem Turm eingekerkert. Die naive Tagelöhnerin kommt ihm wie gerufen: Sie ist der Schlüssel, durch den er seine Ketten lösen und Rache an ihrem Dorf nehmen kann.
Ein waghalsiges Spiel um das Schicksal eines Dorfes
In Wolffstedt greift Misstrauen und Hexenangst um sich wie das Feuer, in dem Belanca sich bereits brennen sieht. Denn von Lycidas gebissen bleibt Belanca nur bis zum Vollmond, um sich und ihr Dorf vom Fluch des Vampirs zu befreien - oder als seine Dienerin den Tod über alle zu bringen.
Rezension
Belanca lebt als Tagelöhnerin in dem Dorf Wolffstedt, in dem sich Aberglaube und Missgunst mit sehr begründeter Angst vor Hexen und Untoten mischen. Sie ist noch die über die Grenzen ihres Dorfes hinausgekommen, ist angepasst und sehr auf ihr Seelenheil bedacht – mit einer Ausnahme: Sie liebt Simon, den Sohn eines Gutsherrn. Als dieser eine standesgemäße Ehe eingehen soll, bittet sie den Dorfpfarrer um Rat. Der erzählt ihr von einem Turm im Wald, dessen Bewohner Wünsche erfüllt. Also wagt sich Belanca in den dunklen Wald.
Was sie im Turm vorfindet, erschüttert ihren Blick auf die Welt und auch ihr Dorf. Der Gefangene des Turms, ein Vampir namens Lycidas, enthüllt ihr, dass der Pfarrer keineswegs ihr Wohlergehen im Sinn hatte – und das er selbst seine eigenen Pläne mit ihr hat. Als Belanca ins Dorf zurückkehrt, weiß sie nicht, was sie tun soll. Lycidas‘ Willen nachzugeben, würde alle Menschen im Dorf in Gefahr bringen. Doch Belanca kann auch nicht im Hilfe bitten, da das Wort des Pfarrers gegen ihres stünde. Die Gefahr, ins Visier eifriger Hexenjäger zu geraten, ist omnipräsent.
Also muss Belanca nahezu allein zwischen den mächtigen Männern und übernatürlichen Wesen, die sie für ihre Zwecke benutzen wollen, manövrieren. Sie spielt ihre zunächst sehr wenigen Karten im Spiel um ihr Leben und das aller Menschen im Dorf beherzt und besonnen aus. Immer wieder kehrt sie zu Lycidas zurück, der sie seinem Willen unterwerfen will, ihr aber auch viel über die Welt von Hexen und Vampiren enthüllt. Lycidas ist auch eine interessante Figur: Der Vampir zeigt mit der Zeit andere Facetten als seinen Rache- und Blutdurst, aber ist doch weit davon entfernt, Belancas Moralvorstellungen zu teilen.
Belanca stellt bald fest, dass einige unerwartete Fähigkeiten in ihr schlummern. Sie verliert so einige Illusionen, aber beginnt mehr und mehr, sich selbst zu vertrauen. Dennoch bleibt bis zum Ende ungewiss, ob sie sich selbst und die Menschen, an denen ihr etwas liegt, retten kann. Wolffstedt offenbart im Verlauf der Handlung seine Abgründe, aber Lesende begegnen auch vielen Menschen, die vielleicht nicht perfekt, aber im Grunde gut sind.
„Das Rot der Nacht“ ist eine Geschichte, die auf einen relativ kleinen Handlungsort und eine kurze Zeit beschränkt ist, bei der aber viel auf dem Spiel steht. Katrin Ils erzählt spannungsreich und in einem schönen, flüssigen Stil und ihre Zeichnung eines Dorfes, das einem alternativen magischen Mittelalter entstammen scheint, überzeugt. Die magischen Elemente, aber auch einige Motive, scheinen Folklore und Märchen entlehnt. Sie sind in ihrer Bedrohlichkeit und Verheißung gut in die Welt integriert und tragen zur starken Atmosphäre bei.
Fazit
„Das Rot der Nacht“ ist ein dichter, mitreißender Vampirroman mit Folklore-Elementen, im Verlauf dessen die Protagonistin auf sehr befriedigende Weise ihr eigenes Potenzial erkennt. Die Handlung bleibt bis zum Ende spannend.
Pro und Contra
+ atmosphärische Welt
+ sehr viel Spannung
+ Überraschungen
+ Belanca durchläuft eine sehr befriedigende, emanzipatorische Entwicklung
-einige wenige Entwicklungen fühlen sich gehetzt an
-eine Wendung am Ende ergibt logisch Sinn, aber passt thematisch weniger gut
Wertung:
Figuren: 4/5
Handlung: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis-Leistung: 3,5/5