Tunnel - Das Licht der Finsternis (Roderick Gordon, Brian Williams)

Arena Verlag (15. Juni 2008)
Gebundene Ausgabe: 504 Seiten, 17,95€
ISBN-13: 978-3401062747

Genre: Fantasy


Klappentext

Seit sein Vater verschollen ist, hat der vierzehnjährige Will nur ein Ziel: Er muss seinem Vater in die Tiefe folgen. Zusammen mit seinem Freund Chester beginnt Will zu graben und macht bald eine unglaubliche Entdeckung:
Tief unter der Stadt stoßen die beiden Jungen auf eine dunkle Welt, wo Menschen seit Jahrhunderten in der Finsternis leben. Es beginnt die atemberaubende Reise durch eine gigantische Höhlenwelt, die Ewige Stadt …


Rezension

Mit Roderick Gordon und Brian Williams hat sich ein ungewöhnliches Autorengespann zusammengefunden, der eine Investmentbanker, der andere Künstler. Und ungewöhnlich ist auch ihr erster Roman und sein Thema. Erst recht für Menschen die ihr Geld hauptsächlich mit geistiger Arbeit verdienen, statt mit körperlicher.
Denn ihr Roman „Tunnel“ beschäftigt sich zunächst mit dem Stollen- und Tunnelbau. Einem Hobby, dem sich ihr Hauptprotagonist Will zusammen mit seinem Vater Dr. Burrows mit wachsender Begeisterung widmet.
Wirklich spektakulär klingt das nicht und man fragt sich, wie sie aus dieser Ausgangslage eine spannende Geschichte erzählen wollen.
Doch genau das gelingt den beiden mit ihrem Romandebüt von Beginn an.
Ab der ersten Seite gestalten sie ihre Geschichte faszinierend und ziehen den Leser in ihren Bann, obwohl der eigentliche Erzählstrang mit dem Verschwinden von Dr. Burrows nach über hundert Seiten beginnt und man erst im Rückblick versteht, wie alles mit den weiteren Geschehnissen in Zusammenhang steht.

Will, ihr Hauptprotagonist, teilt schon von klein auf die Leidenschaft seines Vaters für Ausgrabungen, denn dieser ist ein Doktor der Archäologie und so gehen die beiden auf die Suche nach Artefakten. Als sie eine alte verlassene U-Bahn-Station entdecken, beginnt für Will das Abenteuer. Denn sein Vater ist ab dem Moment nicht mehr der gleiche. Getrieben von dem Verlangen nach Ruhm versucht dieser, immer mehr herauszufinden, und begibt sich damit in große Gefahr, unheimliche Männer tauchen auf und dann verschwindet Dr. Burrows.
Erst geschockt entdeckt Will schließlich einen neuen Stollen bei sich im Keller. Gemeinsam mit seinem Freund Chester beschließt er, seinem Vater zu folgen und ab da beginnt das Abenteuer für ihn und den Leser richtig.
Ab diesen Moment passiert unheimlich viel und die Ereignisse stürzen auf Will ein und lassen ihn kaum zu Atem kommen.
Ebenso ergeht es dem Leser. Was Roderick Gordon und Brian Williams nun auffahren, hat es lange Zeit so nicht mehr gegeben. Die Idee der Hohlwelt ist vielleicht nicht neu, schon Jules Verne nutzte sie für seinen Roman „Reise zum Mittelpunkt der Erde“, doch ist sie noch unverbraucht und allein durch die geschickte Wahl dieses Hintergrundes hat man den Eindruck, eine völlig neue Welt zu betreten, und gerät mit Will ins Staunen.
Mit ihm zusammen erkundet man eine Welt, die im viktorianischen Zeitalter stehen geblieben zu sein scheint und dabei gleichzeitig ein paar technologische Vorsprünge besitzt.

Natürlich geht Wills Reise nicht ohne Probleme ab. Dafür sorgen die Styx, ein geheimnisvolles menschenähnliches Volk, dass die Menschen unter der Erde zu „ihrem Wohl“ unterdrückt. Und davon abhält, nach Übergrund, zur Oberfläche, zu gehen.

Dort unten gerät Chester in die Gefangenschaft der Styx, während Will erfährt, dass er eigentlich in dieses unterirdische Reich gehört. Seine Mutter floh mit ihm vor 15 Jahren aus Angst vor den Styx und ließ ihn bei Dr. Burrows und seiner Frau. Will trifft auf seine eigentliche Familie und lernt seinen Onkel Tam kennen, der so etwas wie ein Rebell ist. Am Ende muss Will mehrere wichtige Entscheidungen treffen, von denen nur eine ist, seinem Freund Chester zur Hilfe zu eilen.

Roderick Gordon und Brian Williams gelingt es, durch plastische Schilderungen, denen zu jederzeit die vermutlich recht aufwendige Recherche anzumerken ist, die Welt unter der Unserigen vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen. Teilweise hat man das Gefühl, direkt neben Will zu stehen und mit ihm die Wunder zu betrachten, die sich offenbaren. Mit Sicherheit ist das auch zu einem Großteil dem frischem Hintergrund zu verdanken, der eben selten genutzt wird, und ihren neuen Ideen, wie dem Licht der Finsternis, das umso heller scheint je dunkler es ist.

Die Charaktere bleiben eigentlich immer glaubwürdig, vor allem verhalten sich die Jungen nicht wie Erwachsene und sie vollbringen auch nicht Dinge, die für sie einfach unrealistisch wären.
Körperliche Nachteile gegenüber Erwachsenen sind nun mal nicht so einfach auszugleichen, wodurch sich auch ein paar wirklich spannende Szenen ergeben. Will und Chester sind keine Überhelden, sondern einfach zwei Jungen, die in eine für sie unbekannte Welt stolpern.
Nur bei Wills Ziehmutter überzeichnen die beiden Autoren etwas. Ebenso mag es nicht ganz logisch erscheinen, welches Geheimnis Wills Schwester Rebecca schlussendlich umgibt. Aber darüber kann man bei dem ansonsten gut geschriebenen und fesselnden Roman hinwegsehen und wer weiß, vielleicht gibt es im nächsten Band eine richtige Erklärung hierfür. Zu wünschen wäre es.

Damit ist auch noch ein Schwachpunkt von „Tunnel“ genannt. Das Buch bricht mittendrin ab, ohne einen Hinweis darauf, dass es eine Fortsetzung gibt. Hier wäre es wünschenswert gewesen, wenn der Verlag irgendwo auf dem Cover vermerkt hätte, dass es sich bei „Tunnel“ um den Auftakt einer Serie handelt.
Der zweite Band „Abgrund“ ist übrigens schon erschienen, während der dritte noch bis 2010 auf sich warten lässt.


Fazit

Ein gut geschriebener und spannender Roman für Jugendliche, an dem aber auch sicher Erwachsene ihre Freude finden können. Ein ungewohntes, frisches Setting wird mit glaubwürdigen Charakteren präsentiert und viele Handlungsfäden werden gesponnen. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass die Autoren es schaffen, ihr Niveau zu halten und alles gekonnt weiterführen.
Ein auf jeden Fall zu empfehlendes Buch.


Pro & Contra

+ frisches Setting
+ glaubwürdige Charaktere
+ bildhafte Beschreibungen
+ hoher Rechercheaufwand, der aber nicht durch einfaches Aufzählen von Fakten präsentiert wird

- bricht mitten in der Handlung ab
- ein zwei Stellen wirken nicht ganz logisch

Bewertung: 

Charaktere: 4/5
Handlung: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5