Das Komplott – Die wahre Geschichte der Protokolle der Weisen von Zion (Will Eisner)

Verlag: Carlsen; (Mai 2022)
Softcover: 152 Seiten; 15 €
ISBN-13: 978-3-551-72696-4

Genre: Geschichte


Klappentext

„Das Komplott“ ist das letzte Buch Will Eisners und sein Herzensprojekt.

Im Mittelpunkt stehen die sogenannten Protokolle der Weisen von Zion, die als antisemitische Hetzschrift eine lange Historie besitzen, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zurückgehen und die von einer vermeintlichen Weltherrschaft der Juden berichten.
Eisner zeigt in einem dokumentarischen Erzählstil auf, wie die gefälschten Protokolle überliefert und diese Dokumente zur Verfolgung der Juden eingesetzt wurden.

Ein wichtiges Buch, das lange vor den Zeiten von Fake News beweist, wie falsche Dokumente als „seriöse“ Quelle wahrgenommen wurden.


Rezension

Wann immer eine Gruppe von Menschen dazu gebracht werden soll, eine andere zu hassen, bedient man sich einer Lüge, um den Hass zu entfachen und ein Komplott zu rechtfertigen.
Das Ziel ist schnell gefunden, denn der Feind ist immer der andere.

Will Eisner hat großartige Werke wie The Spirit oder Ein Vertrag mit Gott geschaffen. Sein wichtigstes Buch schuf er aber kurz vor seinem Tod. In ihm beschäftigt er sich mit der Entstehungsgeschichte Der Protokolle der Weisen von Zion und wie sie die Geschichte der Menschheit beeinflusst haben und noch beeinflussen. Diese Schrift über eine Weltverschwörung der Juden ist nachweislich eine Fälschung und dennoch findet sie immer noch Verbreitung. Dabei muss man sich schon fragen, wie jemand daran glauben kann, denn allein, dass sie existiert sollte bereits Misstrauen wecken. Allein ihre angebliche Entstehungsgeschichte, die immer wieder kolportiert wird, um ihre Echtheit zu beweisen, ist ziemlich lächerlich, wenn man darüber nachdenkt. Schließlich sollen sich die Juden auf einem Friedhof, in der Öffentlichkeit also, getroffen und ihre Pläne besprochen haben, wo jeder zufällig Vorbeikommende sie hören konnte. Und damit nicht genug, sollen sie nicht nur nicht entdeckt worden sein, sondern auch noch so dumm gewesen sein, Protokolle über ihre Gespräche geführt haben. Kaum zu glauben, dass jemand so etwas für bare Münze nimmt.

Nichtsdestotrotz existieren die angeblichen Protokolle der Weisen von Zion und sind vielleicht das perfideste und gefährlichste Buch, das je geschrieben wurde und unzählige Opfer gefordert hat. Seiner Entstehung wohnt dabei eine ganz besondere Tragik inne. Die Protokolle wurden vermutlich von reaktionären, russischen Adeligen in Auftrag gegeben. Sie brauchten eine Hetzschrift gegen die Juden. Nur wo sollte diese herkommen, wenn es keine Beweise für eine Verschwörung der Juden gab? Man beschloss selbst sogenannte Beweise zu fabrizieren. Es musste also eine Fälschung von Dokumenten her, die unmissverständlich bewies, dass Juden hinter allem Schlechtem in der Welt und vor allem in Russland steckten. Eine Vorlage war in Maurice Jorlys Buch Gespräche in der Unterwelt zwischen Machiavelli und Montesquieu gefunden. Ganz Passagen wurden abgeschrieben und in ihrer Bedeutung für die Protokolle verdreht, so dass dieses Machwerk als Beweis gelten würde. Das tragische ist nun, dass Jorlys Gespräche keineswegs antisemitisch waren, sondern er eine Streitschrift gegen die autoritäre Herrschaft Napoleons III. verfasst hatte und damit genau das bekämpfte und kritisierte, was später daraus gemacht wurde - eine Anleitung für große Herrschaftspläne und -verschwörungen. Die ironischerweise so mancher Diktator praktisch befolgte, auch ein Adolf Hitler. Spätestens jetzt müsste jedem auffallen, dass mit den Protokollen der Weisen von Zion etwas nicht stimmen kann. Aber wie es leider immer so ist, Lügen entwickeln ein Eigenleben und es gibt immer einen Dummen oder einen skrupellosen, machtgierigen Politiker, der zu gerne auf sie zurückgreift.

Will Eisner erzählt nun die Geschichte der Entstehung der angeblichen Protokolle und ihre Wirkungsweise. Dafür deckt er über ein Jahrhundert ab und das kann auf den wenigen Seiten natürlich nicht in der Ausführlichkeit geschehen, wie das Thema es verdient. Was er allerdings schafft, ist einen guten Eindruck zu vermitteln von der Ungeheuerlichkeit der Fälschung und allem was danach kam. Eine richtige Graphic Novel ist dies nicht, da er teilweise hauptsächlich Fakten illustriert, unterbrochen von kurzen Szenen, in denen es handelnde Protagonisten gibt. Das schadet jedoch nicht, denn durch die graphische Aufarbeitung können vielleicht mehr Menschen erreicht werden, als durch einen trockenen Text und deswegen ist diese Graphic Novel so wichtig.
Selbstverständlich gibt es mittlerweile neue Erkenntnisse in der historischen Forschung, die 2005, als Will Eisner starb, noch nicht vorhanden waren und somit sind manche Dinge obsolet, aber die grundlegende Tatsache, dass die Protokolle der Weisen von Zion eine Fälschung sind und sie den Geist vieler Menschen vergiftet und für millionenfaches Leid gesorgt haben, bleibt unbestritten und wird es auch bleiben und damit ist Das Komplott ein wichtiger Baustein, im Kampf gegen diese große Lüge.


Fazit

Es ist eigentlich nur folgerichtig, dass Das Komplott Will Eisners letztes Werk gewesen ist. In ihm geht er der Wirkungsgeschichte einer Hetzschrift nach, die ihresgleichen sucht. Seine letzte Graphic Novel ist damit auch seine Wichtigste.


Pro & Contra

+ auch heute noch leider wichtig

Bewertung:


Aktualität: 5/5
Informationsgehalt: 4/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Will Eisner:

Rezension zu Ein Vertrag mit Gott