Arsène Lupin – Der Gentleman-Gauner (Maurice Leblanc, Vincent Mallié)

Verlag: Splitter (Mai 2022)
Gebundene Ausgabe: 160 Seiten; 35 €
ISBN-13: 978-3-96792-350-6

Genre: Krimi/ Abenteuer


Klappentext

Der Gentleman-Gauner
Arsène Lupin


Arsène Lupin, der Gentleman-Gauner, ist der charmanteste Verbrecher Frankreichs!

Ein großer Klassiker der französischen Kriminalliteratur,
der in neun herrlich illustrierten Kurzgeschichten
von den Abenteuern des Meisterdiebs erzählt.


Rezension

Arsène Lupin ist der Meisterdieb, vor dem sich alle fürchten. Aber auch der Gentleman-Gauner, den alle bewundern. Was sich Arsène Lupin vornimmt, schafft er auch. So lautet seine Legende und so tritt er jederzeit auf. Niederlagen kennt er praktisch nicht. Und ihn reinzulegen oder seiner habhaft zu werden, ist praktisch unmöglich. Nur wenigen gelang dies und zumindest im Falle seiner Verhaftung, war diese mehr oder weniger freiwillig. Und so erlebt Arsène Lupin seine Abenteuer, die ihn auf beiden Seiten des Gesetzes arbeiten lassen, letzteres im Rahmen seiner eigenen Moralvorstellungen und nicht unbedingt mit dem Ausgang, den sich der Staat wünschen würde. Er macht sogar die Bekanntschaft des größten britischen Detektivs aller Zeiten.

Der 1887 zum ersten Mal aufgetauchte Sherlock Holmes bestimmte Anfang des 20. Jahrhunderts die Bildfläche im Bereich der Kriminalliteratur und ist bis heute weltweit bekannt und legendär. Aber wo ein Meisterdetektiv ist, da wartet auch ein Meisterdieb auf seinen ersten Auftritt. Und diese Meisterdieb ist Arsène Lupin, 1905 von Maurice Leblanc geschaffen und im Prinzip ein Gegenentwurf zu dem berühmten Meisterdetektiv, der es intellektuell mit ihm aufnehmen kann. Arsène Lupin erreichte in Frankreich mindestens eine ebenso große Popularität wie Doyles Schöpfung und kann wie sein Gegenstück auch im Kino auf eine lange Tradition zurückblicken. Zuletzt erschien Lupin, dessen Hauptcharakter Fan von Arsène Lupin ist und seine Diebstähle mit einer ebensolchen Eleganz begeht.
Arsène Lupin auf sein Dasein als Dieb zu reduzieren, wäre allerdings verkehrt. Maurice Leblanc zeichnet das Bild eines Mannes, der das Abenteuer und die Herausforderung sucht und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn besitzt. Diese Umstände verbieten es ihm, seine Fähigkeiten der Justiz in Diensten zu stellen. Denn diese kann mit vielen seiner Taten nicht einverstanden sein.
Gleich zu Beginn seiner Abenteuer wird Arsène Lupin verhaftet und was Maurice Leblanc aus der Situation macht, ist grandios. Die Flucht Lupins mag etwas unwahrscheinlich wirken, aber sie ist äußerst clever und als Leser sollte man immer im Blick haben, zu welcher Zeit die Geschichten spielen. Auch die anderen Geschichten bieten immer einen kleinen Überraschungseffekt und sind intelligent geschrieben. Lupin darf stehlen, mit der Polizei zusammenarbeiten, auch wenn diese das nicht merkt, und ermitteln, wobei er seine Form der Gerechtigkeit vollzieht. Eins ist den Geschichten immer gemeinsam. Sie strahlen eine gewisse Eleganz aus und präsentieren Arsène Lupin als einen zutiefst sympathischen und schlauen Dieb, zudem der Leser gerne hält. Und da Lupin in der ersten Geschichte verhaftet wurde, ist es auch nie wirklich klar, wie sein neuestes Abenteuer enden wird. Maurice Leblanc schreibt mit Fabulierlust und tollen Ideen. Und obwohl die Geschichten mittlerweile über hundert Jahre auf dem Buckel haben, wirken sie von der Handlung und dem Schreibstil her frisch und modern. Langeweile kommt nie auf, ganz im Gegenteil, wird man von der ersten Zeile an in die Welt Lupins hineingezogen und genießt seine humorvollen Auftritte und Eskapaden. In der letzten enthaltenen Geschichte darf sich Arsène Lupin übrigens sogar mit dem großen Meisterdetektiv Sherlock Holmes messen, der hier aus rechtlichen Gründen Herlock Sholmes heißt, und diese Begegnung macht Lust auf mehr. In weiteren Geschichten sollte es später dann auch dazu kommen.

Vincent Mallié hat sich nun Arsène Lupins für diese Ausgabe seiner Abenteuer angenommen und Illustrationen für die Geschichten geschaffen, die die Leichtigkeit und Eleganz eines Arsène Lupins einfangen. Das große Format bringt sie ideal zur Geltung. Details, die sonst übersehen würden, können so gefunden werden. Auch der augenzwinkernde Humor kommt in den Bildern an den passenden Stellen nicht zu kurz. Mallié erdrückt die Geschichten mit seinen Zeichnungen nicht, sondern begleitet sie, weswegen seine Bilder mal eine ganze Seite oder gar eine Doppelseite füllen und mal nur am Rande zu sehen sind, eben ganz auf die Bedürfnisse der Geschichte abgestimmt.
Für Splitter ist diese Ausgabe eher etwas ungewöhnlich, da kein Comic präsentiert wird, sondern Vincent Mallié die Geschichten eben „nur“ illustriert. Trotzdem passt diese Ausgabe zu dem Verlag, denn die Zeichnungen sind zahlreich und sehr gut. Hoffentlich erscheint bald ein weiterer Band mit Lupins Abenteuern mit Illustrationen von Vincent Mallié.

Einziger Kritikpunkt an dieser Ausgabe ist der Umstand, dass vor dem Druck wohl nicht so recht Korrektur gelesen wurde. Es gibt ein paar Fehler, an einer Stelle fehlt ein halber Satz und hin und wieder fehlt ein Wort oder ist zu viel. Das bremst das Lesevergnügen zwar nicht aus, stört aber etwas, auch wenn es noch im Rahmen ist und nicht dazu führt, den Band wegzulegen. Mit einer zweiten Auflage ist dieses Problem hoffentlich behoben.


Fazit

Arsène Lupin ist ein Krimi- und Abenteuerjuwel, das in Deutschland leider kaum bekannt ist. Dabei macht der Gentleman-Gauner unheimlich viel Laune und bietet richtig gute Unterhaltung. Als Gegenentwurf zu Sherlock Holmes und einer seiner Gegner ist er es auf jeden Fall wert, gelesen zu werden. Bereuen wird man es nicht. Vincent Mallié hat für diese Ausgabe wunderbar passende Bilder geschaffen, die das Wesen Lupins sehr gut ausdrücken.


Pro & Contra

+ elegant und humorvoll
+ frisch und modern
+ spannende und intelligente Unterhaltung

- einige Fehler

Bewertung:


Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5