Arena der Illusionen (Ulf Fildebrandt)

Polarise (2022)
Paperback, 322 Seiten, 14,95 EUR
ISBN: 978-3-949345-00-5

Genre: Near Future / Krimi


Klappentext

Durch die Augmented-Reality-Brille hat jeder seine eigene Sicht auf die Welt.

Ein Journalist wird kaltblütig in seiner Wohnung ermordet. Die Ermittlungen führen die Heidelberger Oberkommissarin Sara März in eine Welt der Illusionen. Im Alltag haben sich Augmented-Reality-Brillen zwar überall durchgesetzt, doch in den neuen Spielarenen werden die Grenzen zwischen Fantasie und Realität neu definiert.

Was, wenn auch außerhalb der Arenen Gegenstände angezeigt werden, die ohne Brillen nicht existieren? Wer profitiert davon? Wird es Sara gelingen, das Rätsel zu lösen, bevor sie selbst einer tödlichen Täuschung zum Opfer fällt?


Rezension

In naher Zukunft trägt fast jeder jederzeit eine Augmented-Reality-Brille, die das Smartphone ersetzt hat und viel mehr kann. Mit der AR-Brille hat man jederzeit alle wichtigen Informationen vor Augen und kann sich zu Hause eine Südseeinselumgebung schaffen. Auch Oberkommissarin Sara März nutzt ihre Brille täglich, doch ihr neuer Fall lässt sie an der Technologie zweifeln. Ein Journalist wird ermordet und die einzige Spur führt zu einer AR-Arena, wo der Ermordete verschiedene Spiele ausprobiert hat. Sara begibt sich auf seine Spuren, um das Motiv für den Mord zu erfahren, denn sie ist überzeugt: das Motiv wird sie zum Mörder führen. Bei ihren Ermittlungen stößt Sara auf geheime Daten des Journalisten, die sich schwer entschlüsseln lassen. Offenbar hat er einen weitreichenden Datenskandal aufgedeckt. Je näher Sara der Wahrheit kommt, desto gefährlicher wird es für sie, denn der Mörder geht bis zum Äußersten, um seine Tat zu verschleiern ...

In Ulf Fildebrandts Zukunft sind AR-Brillen allgegenwärtig. Der Markt wird von zwei großen Anbietern, der Telekom und Augmentum, dominiert. Dazu gibt es noch kleinere Netze wie das der Polizei. Die Menschen verlassen sich überwiegend blind auf die Technik und für Sara ist ihre Arbeit ohne AR-Brille kaum vorstellbar. Der ermordete Journalist verzichtete dagegen weitgehend auf AR-Brillen und nutzte, wenn überhaupt, solche, die auf keines der großen Netze zugreifen. Sara erfährt bald den Grund für seine Bedenken: es werden nicht nur mehr Daten erhoben, als eigentlich erlaubt, sondern die AR wird offenbar unerlaubt um Objekte erweitert, die von der Realität kaum zu unterscheiden sind. Sara zweifelt zunächst an ihrem Verstand, als sie Dinge sieht, die in der Realität nicht da sind - schließlich war sie vor Kurzem in psychiatrischer Behandlung. Hat sie einen Rückfall? Bald wird klar: Da pfuscht tatsächlich jemand in der AR herum und will Sara von ihren Ermittlungen abhalten.

Sara ist eine sehr gründliche Polizistin, die das Motiv verstehen will. Sie ist überzeugt, dass sie nur so erfolgreich den Mörder ermitteln kann, und ihre Taktik ging schon oft auf. Die Trennung von ihrem Lebensgefährten stürzte sie in eine tiefe Krise, von der sie sich gerade erholt. Der Täter nutzt das Wissen um ihre psychischen Probleme aus, um sie zu manipulieren und zu verunsichern und so von den Ermittlungen abzuhalten. Sara fällt dabei zu oft auf seine Spielchen herein, durchschaut sie aber schließlich, wenn auch meist recht spät. Ihr zur Seite steht ihr Partner Luca, der ihre Ideen in Frage stellt, sie aber meist unterstützt. Luca bleibt eine vergleichsweise blasse Figur, ein grimmiger, etwas ungeduldiger Polizist, von dem man sich bis zum Ende kein richtiges Bild machen kann. So ergeht es einem mit den meisten Figuren, inklusive des Antagonisten, der sich spät offenbart und dem seine Selbstüberschätzung zum Verhängnis wird. Einzig der Spielmeister der AR-Arena sticht positiv heraus, doch auch über ihn erfährt man zu wenig, um ihn als authentische Figur wahrzunehmen.

Die AR-Arena spielt zwar eine wichtige Rolle, doch die Handlung konzentriert sich überwiegend auf die Ermittlungsarbeit außerhalb der Arena. Sara selbst hat keinen Bezug zu AR-Spielen und findet sie unheimlich. Sie lässt sich nur darauf ein, um im Fall weiterzukommen. Die Spielszenen sind recht einfach gehalten und auch für Nicht-SF-Leser*innen leicht zugänglich - so wie der ganze Roman, der sich überwiegend wie ein Krimi mit wenigen SF-Elementen liest. Entsprechend eignet sich "Arena der Illusionen" vor allem für Krimileser*innen, die Lust auf ein Near-Future-Setting haben. Auch das Thema "Augmented Reality" wird eher von außen behandelt, da Sara die Technologie zwar täglich nutzt, aber nicht viel von der Funktionsweise versteht - ähnlich wie die meisten Smartphonenutzer*innen heute. Sara erscheint dabei eher wie ein Digital Immigrant und nicht wie ein Digital Native. SF- und Gaming-Fans könnten also eher enttäuscht sein, auch wenn die Ideen zur AR an sich spannend sind.


Fazit

"Arena der Illusionen" ist ein Near-Future-Krimi mit Rhein-Neckar-Lokalkolorit, der sich stark auf die Ermittlungsarbeit und die persönlichen Probleme der Protagonistin konzentriert. Die Themen Augmented Reality und die damit verbundene Manipulation von Realität sind leicht zugänglich umgesetzt, eingefleischte SF-Fans dürften jedoch Tiefe vermissen.


Pro & Contra

+ Setting im zukünftigen Heidelberg und Mannheim
+ spannendes Thema Augmented Reality / Manipulation von Realität
+ Verflechtung von Saras privaten Problemen mit der Ermittlungsarbeit
+ gut für Krimifans geeignet, die Interesse an einem Near-Future-Setting haben
+ SF-Elemente leicht zugänglich umgesetzt

- klischeehafter, arroganter Antagonist
- Leser*innen durchschauen oft schneller als Sara die Illusionen
- überwiegend blasse Nebenfiguren
- fehlende Tiefe beim Kernthema AR

Wertung: sterne3

Handlung: 3/5
Charaktere: 2,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3/5

Tags: Near Future, Augmented Reality