Simon vom Fluss – Gesamtausgabe Bd.2 (Claude Auclair)

Verlag: Cross Cult; (März 2022)
Gebundene Ausgabe: 192 Seiten; 35 €
ISBN-13: 978-3-96658-592-7

Genre: Dystopie/ Abenteuer


Klappentext

Anfang der 1970er Jahre erscheint SIMON VOM FLUSS in der Wochenzeitschrift Tintin. Sein Schöpfer Claude Auclair stand kurz vor seinem 30. Geburtstag und war noch nicht lange als Comiczeichner tätig. Nichtsdestotrotz entfachte sein Werk DIE BALLADE DES ROTSCHOPFS und dessen literatischer Ausdruck, in dem Auclairs Bewunderung für Jean Giono und dessen LIED DER WELT anklang, eine leidenschaftliche Debatte unter den Lesern des Magazins. Bald folgten DER CLAN DER ZENTAUREN und DIE SKLAVEN – beides düstere Ausblicke auf die Zukunft, aufgezeichnet als CHRONIKEN DER KOMMENDEN ZEIT. Mit SIMON VOM FLUSS liegt eine Rückschau auf eine der bewegendsten Serien der Zeitschrift TINTIN und ein Comicklassiker vor, der ernst und eindringlich von einer postapokalyptischen Welt, entstanden aus den Ruinen einer atomaren Katastrophe, berichtet.

Dieser zweite von insgesamt drei Bänden der Gesamtausgabe enthält die in den 1980er Jahren bei Carlsen erschienenen Geschichten IN DEN SÜMPFEN, DIE PILGER und ZENTRUM 3 sowie als Bonus ein aufwändig illustriertes 46-seitiges Dossier von Patrick Gaumer.


Rezension

Die 60er und 70er waren Zeiten des Aufbruchs und des Protests. Studenten gingen auf die Straße und die Menschen begannen gegen die Atomenergie und andere Dinge aufzustehen. Gerade Frankreich hat da eine große Tradition. Es gab also keinen besseren Zeitpunkt für eine Serie wie Simon vom Fluss von Claude Auclair, dessen Geschichten in einer Welt spielen, deren Niedergang von den Menschen selbst herbeigeführt wurde. Für Auclair ist unter anderem das größte Problem, die Entfremdung von der Natur, wie er in Interviews und Kommentaren und auch in seinen Comics durchblicken lässt.

In den Sümpfen

Simon gelangt in die Sümpfe und trifft dort auf eine Frau und ihre Tochter. Bald hat Simon ein relativ enges Verhältnis zur Mutter, was zu einem Bruch zwischen ihr und ihrer Tocher Ilyane führt. Aber das ist nicht Simons einzige Problem. Die beiden Frauen haben ein Geheimnis und das könnte sich für ihn als tödlicher erweisen als gedacht.
Anfangs ist In den Sümpfen ein Kammerspiel mit Simon und den Frauen und es entwickelt sich ein kleines Drama. Am Ende steht dann eine Warnung vor der Atomenergie und ihre Folgen. Unglaublich stimmungsvoll beginnt Auclair seine Geschichte und behält diese düstere Atmosphäre bis zum Schluss bei.

Die Pilger/ Zentrum 3

Nachdem er die Sümpfe verlassen hat, stößt Simon zunächst auf eine Gruppe von Pilgern, die in eins der Zentren gehen wollen, um dort die Bauweise und Architektur der Kathedrale zu studieren. Auf dem Weg dorthin kommen sie an einem Gehöft vorbei und Simon lernt das harte Leben der Bauern kennen, welches vom Lauf der Jahreszeiten bestimmt wird und die ebenso wie die Pilger von einer Gesellschaft träumen, die von Gemeinschaft, Freundschaft und Frieden geprägt ist. Simon scheint Frieden zu finden, aber da gibt es noch die umherstreifenden Banden und die Soldaten des „Zentrum der Herren“. Und genau dorthin führt Simons Weg, um der Welt zumindest eine kleine Chance auf Besserung zu bieten.
Auclairs eigene Vorstellung vom Leben und der Gesellschaft, in der Menschen leben sollten, treten in diesen beiden, zusammenhängenden Bänden mehr als klar und deutlich zutage. Sie sind ein Plädoyer für die Menschlichkeit, für den Frieden, für die Gleichberechtigung und die Liebe. Auclair betrachtet hier Gesellschaftssysteme und die Natur des Menschen, der sowohl gut als auch böse sein kann. Den er aber immer im Einklang mit der Natur als am Besten aufgehoben sieht
Die Charaktere haben alle ihre Bedeutung und eigene Wichtigkeit. Emeline, Simons neue Liebe, ist sozusagen die Stimme der Vernunft und der Liebe, während Simon erst noch lernen muss, was wahrer Mut bedeutet, wohingegen Jason Barehead Simons dunkle Seiten repräsentiert, und eine Art Antiheld darstellt.
Charaktere und Geschichten sind aufeinander abgestimmt und helfen einander. Claude Auclair schreibt vielleicht nicht mit viel Action, aber wenn sie auftaucht, ist sie sinnvoll und das Zusammenspiel der Charaktere und mit ihrer Umwelt, ist es, was Simon vom Fluss ausmacht.

Claude Auclair benutzt einen ziemlich realistischen Stil, der die dargestellte Welt nach der Postapokalypse nur umso realer wirken lässt. Er verlässt sich auf die Kraft seiner Bilder, um die Erzählung noch besser zu transportieren, als Worte allein es könnten. Und dies tut er völlig zurecht. Hin und wieder verrutscht ihm zwar mal eine Perspektive beim Zeichnen von Gesichtern, aber das fällt nicht ins Gewicht, da es ein absolute Seltenheit ist.

Wie im ersten Band der Gesamtausgabe ist auch hier ein ausführliches Dossier von Patrick Gaumer enthalten, welches das Verständnis der Geschichten erleichtert, da es viele Hintergrundinformationen über die gesellschaftlichen Hintergründe und Claude Auclair bereithält.

Eins muss allerdings erwähnt werden und das ist die Tatsache, dass so mancher Rechtschreibfehler enthalten ist und auch mal ein Wort fehlt oder zu viel ist. Den Geschichten um Simon vom Fluss schadet es zwar nicht merklich, aber für den Moment stört es. Ein aufmerksameres Lektorat bei einer solchen Gesamtausgabe wäre schon wünschenswert.


Fazit

Simon vom Fluss ist von seiner Aussage her leider nach wie vor hochaktuell oder sogar aktueller denn je. Auclairs Klassiker wird durch diese Gesamtausgabe glücklicherweise endlich wieder aus der Versenkung geholt.


Pro & Contra

+ Bonusmaterial ist sehr gut und viel
+ ruhig erzählte Geschichten

Bewertung: sterne4.5

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4,5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Claude Auclair:

Rezension zu Simon vom Fluss Gesamtausgabe Bd.1