Medusa und Perseus (André Breinbauer)

medusa

Verlag: Carlsen; (Mai 2022)
Gebundene Ausgabe: 288 Seiten; 26 €
ISBN-13: 978-3-551-79610-3

Genre: Drama


Klappentext

Medusa, männermordend mit Schlangenhaar, hat einen schlechten Ruf. Doch ist sie wirklich ein Ungeheuer, wie in dem klassischen Mythos dargestellt? André Breinbauer gibt uns eine neue Sichtweise. Er erzählt die Geschichte einer tragischen Figur, eines Opfers der Götter und des Patriarchats. Von Poseidon missbraucht und von Athene dafür noch bestraft muss sie ihren Weg aus dem Trauma finden. Der Schlüssel dazu ist Perseus, dessen Schicksal mit dem ihren eng verknüpft ist.

Zeichner Breinbauer hat in jeder Hinsicht ein von mehreren Seiten betrachtbares Meisterwerk geschaffen – in dieser Geschichte kommt Medusa selbst zu Wort.


Klappentext

Medusa wird in einem Tempel der Athene von Poseidon vergewaltigt. Diese verflucht sie daraufhin. Fortan bestehen ihre Haare aus Schlangen und ihr Blick lässt jeden versteinern, der sie ansieht. Deswegen lebt sie von diesem Moment an fern der Menschen und trotzdem kommen immer wieder „Helden“, um das berüchtigte „Monster“ zu töten.
Perseus ist ein junger Mann, der von König Polydektes gezwungen wird, sich auf den Weg zu Medusa zu machen, um seine Mutter vor dem Schlimmsten zu bewahren. So bricht Perseus auf, Medusa zu töten.

Die Medusa ist vielleicht eine der bekanntesten Figuren der griechischen Mythologie. Die Frau mit dem Schlangenhaupt, deren Blick jeden versteinert, der sie ansieht, ist eine der faszinierendsten Gegner eines Helden der antiken Sagen. Leider wissen die meisten jedoch nur den Teil mit den Schlangenhaaren und dem Versteinern. Wie genau die Sage um Medusa lautet, ist dann nicht so bekannt.
André Breinbauer hat nun einen Comic über Medusa und Perseus verfasst. Laut Klappentext präsentiert er dabei eine neue Sichtweise auf die Figur. Aber ist das wirklich so?
Wer die Sage kennt oder zumindest eine ihrer zig Versionen, dürfte wissen, dass Medusa Opfer statt Täter ist. Ein Monster, dass erst durch einen Fluch und die Erwartungshaltung der Außenwelt zu einem wird. Sie ist quasi gezwungen zu einem Monster zu werden, um zu überleben. Ob sie will oder nicht.
Und Perseus? Der ist eigentlich auch kein wirklicher Held, denn auch er wird durch die Mächtigen gezwungen, seine Taten zu vollbringen. So bringt die Ursprungssage bereits genug mit, um eine spannende Geschichte zu erzählen, die auch genügend feministische Ansätze und Aussagen in sich trägt, ohne diese noch weiter ausbauen zu müssen. Im Kern geht es in der Sage auch darum, dass die Mächtigen der Welt, die Menschen in ihrem Sinne manipulieren, um zu bekommen, was sie wollen. Das kommt in André Breinbauers Version auch gut heraus. Sowohl Medusa als auch Perseus sind Opfer der Mächtigen. Gleichzeitig will er das Patriarchat kritisieren und es als Grundlage für alles Übel nehmen. Und dabei schießt Breinbauer dann doch hin und wieder über das Ziel hinaus. Er reduziert Männer rein auf ihre Triebe und stellt sie als tumb und voller Gewalt dar. Hätte er sich da etwas zurückgenommen und einfach die Sage wirken lassen, wäre es seiner Aussage dienlicher gewesen. Ebenso ist es ein kleiner Minuspunkt, dass er Medusa ab dem Zeitpunkt, da sie verflucht wurde, immer wahnsinniger erscheinen lässt. Sie wird zu dem Monster, dass sie zu sein scheint. Das Problem dabei ist, dass er dadurch die Tragik dieser Figur etwas zu sehr abschwächt. Sicher ist der Ursprung ihres Wahnsinns in der Tat Poseidons zu suchen, aber dennoch verliert sie etwas an Sympathie durch diese Darstellung.
Ebenso ist Breinbauer bei der Darstellung Perseus´als tumber und naiver Jüngling etwas zu weit gegangen. Etwas weniger davon und der ganze Comic wäre nicht ganz so plakativ und hätte eine viel größere Wirkung im Sinne der beabsichtigten Aussage.
Dabei ist der Comic dennoch gut und wichtig, da er eindeutig zeigt, wie Opfer zu Tätern gemacht werden und gerade deswegen ist dieses Plakative ärgerlich, da es eben die Wirkung etwas abschwächt.
Ansonsten kann nur gesagt werden, dass André Breinbauer erzähltechnisch alles richtig macht. Vor allem die Zweiteilung der Geschichte ist grandios eingesetzt. Wer beide Seiten der Geschichte wissen möchte, muss nicht nur symbolisch die Seite wechseln, sondern aktiv den Comic wenden, wodurch sich die beiden Erzählungen in der Mitte dann treffen. Das ist richtig gut gemacht und führt noch einmal vor Augen, dass jede Geschichte zwei Seiten besitzt.

Die Zeichnungen sind nicht unbedingt überragend. Sie sind eher etwas abstrakt und die Charaktere vereinfacht gezeichnet. Aber dann ist da die Vergewaltigung Medusas durch Poseidon und die anschließenden Ereignisse der Vergangenheit, die von André Breinbauer perfekt umgesetzt wurden. Ohne Worte erzählt er rein graphisch eindringlich und beeindruckend, so dass man beim Lesen mehrmals schlucken muss, und dies, ohne explizit zu werden. Dennoch ist die Darstellung mit Sicherheit nichts für Kinder und die Altersangabe von 14 Jahren hat seine Berechtigung.


Fazit

Medusa und Perseus ist eine interessante Adaption der Sage, die manchmal etwas zu plakativ ist, jedoch dennoch wirklich gut ist. Die Idee des Wendecomics wird sehr gut eingesetzt und André Breinbauer erweist sich stellenweise als grandioser visueller Erzähler.


Pro & Contra

+ beleuchtet beide Seiten der Geschichte
+ stellenweise sehr gute graphische Umsetzung

- manchmal etwas zu plakativ

Bewertung: sterne4

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 3,5/5
Zeichnungen: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/ Leistung: 5/5