Verlag: Carlsen; (August 2022)
Gebundene Ausgabe: 440 Seiten; 40 €
ISBN-13: 978-3-551-02918-8
Genre: Satire/ Humor
Klappentext
„Lesen Sie, wenn Sie können, nie mehr als eine Geschichte auf einmal.“
Manfred Schmidt
Nick Knatterton ist ein Meisterdetektiv, der es mit Sherlock Holmes aufnehmen könnte. Er besitzt das absolute Gehör, den schärfsten Verstand und einen stahlharten rechten Haken. Seine Nachforschungen führen ihn an Sehnsuchtsorte wie Venedig, die Insel Capri oder den Wilden Westen. Dabei ist er stets unnachgiebig gegen die Gangster und ein Gentleman gegenüber den Damen, auch wenn diese bisweilen ebenso undurchsichtig sind wie die Herren. Der Charme der 1950er-Jahre sprüht aus jeder Comicseite und macht die Abenteuer Knattertons zu einem echten bundesdeutschen Klassiker.
Die Abenteuer von Nick Knatterton erschienen von 1950 bis 1959 in der Illustrierten Quick. Sie fanden so viele begeisterte Fans, dass es neben einem Realfilm auch eine Zeichentrickserie gab, außerdem tauchte Knatterton allerorten als Werbefigur auf. Wohl keine andere Comicfigur hat so gut den Geist und den Gemütszustand der jungen Bundesrepublik eingefangen, und falls es je einen deutschen Asterix gegeben hat, so war es Nick Knatterton!
Rezension
Nick Knatterton ist ein Detektiv, aber nicht nur ein einfacher Detektiv. Er ist ein Meisterdetektiv, bei dessen Fähigkeiten, sogar ein Sherlock Holmes erbleicht! Es gibt kein Gebiet auf dem Nick Knatterton nicht überdurchschnittlich begabt wäre. Und so löst er mit seiner herausragenden Kombiniergabe, die schwersten und kuriosesten Fälle und muss sich im Laufe dessen, immer wieder mit den größten Gaunern anlegen, die auch schon mal in Bonn sitzen können.
Und seine Fälle haben es in sich. Mal muss er Veridium 275 wiederfinden, welches jeden die Wahrheit sagen lässt, mal eine Entführung aufklären, einen Spion finden oder Räuber jagen. Es gibt nichts, dem Nick Knatterton nicht auf den Grund gehen könnte.
Nach Rechts ist Nick zärtlich, nach Links droht er: (Typisch nicht nur für Nick!)[Dabei hält er seine Frau im rechten Arm und bedroht Links einen Gauner]
England hat Sherlock Holmes aber Deutschland hat Nick Knatterton!
So kann man getrost zusammenfassen, welche Bedeutung Nick Knatterton in seiner Hochzeit, vor allem in den 50er und 60er Jahren, hatte. Denn Manfred Schmidts Schöpfung ist wahrlich einzigartig und selbst nach über sechzig Jahren noch wert gelesen zu werden.
Angefangen hat alles 1950 in der Illustrierten Quick, für die Manfred Schmidt Nick Knatterton schuf, oder besser reaktivierte. Schließlich gab es eine erste Geschichte mit dem Meisterdetektiv bereits 1935. Auch wenn diese längst noch nicht alle Markenzeichen des Detektivs beinhaltete. Schnell kam der Erfolg und führte so gar zweimal bis ins Kino und in die Werbung. Ein voller Erfolg also und damit ist Nick Knatterton einer der wichtigsten und einflussreichsten deutschen Comics.
Aber was macht diesen NickKnatterton aus? Laut Manfred Schmidt wollte er die Superhelden und Comics im Allgemeinen parodieren und der Lächerlichkeit preisgeben. Ob dies aber der Wahrheit entspricht, darf stark angezweifelt werden, schließlich hat Nick Knatterton praktisch nichts mit Superman und CO. gemeinsam. Vor allem aber ist Nick Knatterton voller Sarkasmus, Ironie, Witz und Satire, dass selbst diese Aussage vermutlich nichts anderes ist. Denn schaut man genauer hin, hat Nick Knatterton mit Sir Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes mehr gemeinsam, als mit den Helden aus den Comics. So viel sogar, dass sich die Ereignisse um die Figuren spiegelten, als ihre Schöpfer beschlossen, sie in Rente zu schicken. Denn die Leserproteste waren in beiden Fällen so groß, dass sich Doyle und Schmidt genötigt sahen, ihre Figuren wieder neue Abenteuer erleben zu lassen.
Sonst stecken wir anderer Leute Geld in die Rüstung … heute stecken wir selber drin, HAHAHA! (Politiker in Ritterrüstung)
Nick Knatterton erlebt seine Abenteuer in der noch jungen Bundesrepublik, in der Themen wie die Wiederbewaffnung gerade sehr aktuell waren. Und dies schlägt sich in der Handlung selbstverständlich nieder. Immer wieder gerät Nick Knatterton in Kontakt mit der Rüstungsindustrie, die hier nicht gerade schmeichelhaft gezeigt wird. Manfred Schmidt war politisch links eingestellt und aus dieser Sichtweise heraus kommentiert er mit spitzer Feder und pointierten Dialogen die politische Wirklichkeit Bonns. Fast im Vorbeigehen teilt er gegen die Politik und ihre Vertreter aus. Aber nicht nur dort kommt sein scharfer Humor zum Vorschein. Auch andere Bereiche des alltäglichen Lebens werden von ihm, für Satire und Parodie genutzt. Und das macht unglaublich viel Spaß. Sicher gibt es ein paar Momente, die nicht mehr ganz so leicht verständlich sind, wenn man die damaligen politischen Verhältnisse nicht kennt, Stichwort Franz Josef Strauss, aber dies ist nur selten der Fall.
Ebenso könnte das präsentierte Frauenbild heute ein Problem sein, schließlich entspricht es dem der 50er Jahre, wenn es nicht im Zusammenhang mit dem Rest stehen würde. Denn wenn man auch nur etwas genauer hinschaut und nicht nur auf die Oberfläche blickt, ist sofort klar, dass auch dieses von Manfred Schmidt genutzt wird, um es zu parodieren. Dies fängt damit an, dass Nick Knatterton immer wieder von Frauen gerettet wird und hört damit auf, dass die „starken“ und „überlegenen“ Männer, meist eher unfähig sind. Insgesamt betrachtet trieft hier also alles vor Ironie. Was dann Nick Knattertons Abenteuer auch für jeden, der einfach Spaß an absurden, urkomischen und herrlich phantasievollen und kapriolenschlagenden Geschichten hat, lesenswert macht.
Der Lastwagen ist wie das Grundgesetz gebaut: Mittels einer großen Klappe kann man das Ding auch in entgegengesetzter Richtung benutzen!
Nick Knatterton ist eine brillante Satire, die teilweise erschreckend aktuell ist, obwohl er seit Jahrzehnten kein neues Abenteuer erlebt hat.
Es wäre interessant zu sehen, was Manfred Schmidt bei der heutigen politischen Lage mit Nick Knatterton alles anfangen könnte. Seine spitzen Bemerkungen und seine nahezu gnadenlose Satire könnten wir gerade gut gebrauchen. Nick Knatterton hätte auf jeden Fall jede Menge neue absurde Fälle vor sich.
Carlsen präsentiert Nick Knatterton in einem sehr schicken Hardcover, wie auch alle anderen Bände der Bibliothek der Comic-Klassiker, in die er auf jeden Fall gehört. Enthalten sind wirklich alle Fälle und es gibt sogar ein Vorwort von seinem Schöpfer, der bereits 1999 verstarb, und in dem noch einmal sein Witz und Humor klar hervortreten. Ein bisschen weiteres Bonusmaterial ist vorhanden, aber das Hauptaugenmerk liegt auf Nick Knattertons Fällen.
Ein kleinen Kritikpunkt gibt es leider doch. Die Seite 150 wurde bereits als Seite 148 abgedruckt, so dass diese fehlt.
Fazit
Die Gesamtausgabe von Nick Knatterton macht eines klar: Nie wurden der Meisterdetektiv und seine Abenteuer dringender gebraucht als heutzutage! Da aber keine neuen Geschichten kommen werden, ist die Gesamtausgabe seiner Abenteuer für jeden Pflicht, der Satire, Parodie und Detektivgeschichten mag.
Pro & Contra
+ teilweise bitterböse Satire
+ unglaublich unterhaltsam
+ ganz klar ein Klassiker, der nicht vergessen werden darf
Bewertung:
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 4/5
Humor: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4,5/5
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