Schloss der Tiere Bd.3 – Die Nacht der Gerechten (Félix Delep, Xavier Dorison)

Schloss der Tiere 03

Verlag: Splitter; (Dezember 2022)
Gebundene Ausgabe: 64 Seiten; 17 €
ISBN-13: 978-3-96219-187-0

Genre: Drama/ Tierfantasy


Klappentext

„Solange Herr Silvio nicht zu einer Wahl bereit ist,
damit wir unseren Präsidenten selbst bestimmen, gehorchen wir nicht
mehr. Ihr könnt uns beißen, ihr könnt unsere Leichen haben …
Aber nicht unsere Unterwerfung.“

Die Menschen sind weg.
Im Schloss sind nur noch die Tiere verblieben:
Hühner, Ziegen, Esel und Schafe rackern sich ab für den
Ruhm des Präsidenten und seine grausame Hundemiliz.
Es herrschen Diktatur und Terror...
Doch dann beschließt eine Handvoll Tiere, in den Widerstand zu gehen.


Rezension

Die Rebellion im Schloss gegen den Stier Silvio ist gescheitert und hat ein tragisches und vor allem blutiges Ende genommen. Desillusioniert will Miss Bengalore aufgeben, doch der Hase Cäsar und die Ratte Azelar Graugreis sind zur Stelle und können sie davon überzeugen, den eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten und dies mit einer umso größeren Vehemenz. Und die Tiere des Schlosses stehen hinter ihr und den neuen Methoden. Bereitwillig lassen sie sich von der Hundemiliz verhaften, wenn sie gegen die strengen Regeln verstoßen und ertragen geduldig jegliche Schikanen.
Die neue Nummer 1 erfährt hingegen ein Geheimnis, welches er lieber nicht gewusst hätte und er beginnt in seiner Loyalität zu Silvio zu wanken.

War der erste Band von Schloss der Tiere noch klar an Die Farm der Tiere angelehnt, emanzipierte sich Xavier Dorison bereits im zweiten Band davon und hat nun endgültig seinen eigenen Weg in Die Nacht der Gerechten gefunden. Er erzählt hier weiter eine Geschichte über Machtmissbrauch, Diktaturen und wie ihnen beizukommen sein könnte. Und vor allem welche Probleme sich aus dem Widerstand ergeben können, der doch so bitternotwendig ist. Nur wie kann und sollte er ausfallen? Mit dieser Frage müssen sich auch Miss Bengalore, Cäsar und die anderen Tiere, die gegen Silvio aufgestanden sind, auseinandersetzen. Der Ausbruch von Gewalt am Ende des letzten Bandes hat gezeigt, dass diese nicht die Lösung sein kann bzw. sein darf.
Der friedliche Widerstand muss weitergehen, egal was er kostet. Xavier Dorison zeichnet hier mit sehr viel Feingefühl und Gespür für die Charaktere friedliche Möglichkeiten einer Revolution nach. Dabei bedient er sich keineswegs eines Idealbildes oder verliert sich in utopischen Vorstellungen, sondern er setzt sich mit den Schwierigkeiten und Problemen auseinander, die diesen Weg begleiten. Gerade mit Blick auf die derzeitigen Ereignisse im Iran hat Schloss der Tiere dadurch eine völlig neue Dimension angenommen. Denn auf einmal spiegelt sich die Situation der Menschen im Iran in einem kleinerem Massstab in diesem Comic und er hilft dadurch zu verstehen, was die Menschen, die dort oder anderswo um ihre Freiheit kämpfen, durchmachen. Das dürfte von Xavier Dorison nicht beabsichtig gewesen sein, schließlich wurde der Comic lange vorher konzipiert, es zeigt jedoch wie universell die Themen dieses Comics sind. Machtgier, Unterdrückung und Diktaturen sind halt leider immer real.
Xavier Dorison richtet seinen Blick dabei nicht nur auf das große Ganze, sondern wendet sich zudem intensiv seinen Charakteren zu. Miss Bengalore und ihre Freunde werden in ihrer Freude und ihrem Leid sehr genau von ihm dargestellt. Ausbrechende Konflikte zwischen ihnen, werden von ihm geschildert und schlussendlich auch wie wichtig der Zusammenhalt einer Gruppe sein kann.
Ähnliches gilt auch für die andere Seite mit Silvio und seinen Getreuen. Nur ist dort schon eher Uneinigkeit trotz größerer Macht zu erkennen. Glücklicherweise dämonisiert er Silvio nicht vollkommen, sondern gibt ihm gleich zu Beginn eine Hintergrundgeschichte, die ihn bis in die Gegenwart beeinflusst und seine Beziehungen zu den anderen Tieren erklärt.
Xavier Dorison hat bereits sehr viele Serien geschrieben, unter anderem so großartige Sachen wie Long John Silver oder den Undertaker, aber Schloss der Tiere ist vielleicht sein bis jetzt ambitioniertestes Werk und egal wie der abschließende Band der Geschichte ausfallen wird, Schloss der Tiere muss zu den zukünftigen Klassikern gezählt werden.

Was soll man zu den Zeichnungen von Félix Delep noch sagen, außer dass sie einfach immer besser werden. Seine Bilder sind nach wie vor kraftvoll und ungemein ausdrucksstark. Xavier Dorison ist sich dessen bewusst und lässt Félix Delep immer wieder entscheidende Sequenzen allein durch seine Bilder erzählen, in denen dann die Emotionen der Charaktere umso mehr hervortreten können und Stimmungen geschaffen werden, die zum Inhalt unglaublich gut passen. Dabei sind seine Bilder nie künstlich düster oder fröhlich. Alles entsteht natürlich, indem er seine Charaktere und die Szenerie entsprechend porträtiert. Aus diesem Grund kann er häufig auf dunkle Farben verzichten und im Gegenteil vieles in helle Farben tauchen, was Atmosphäre, Spannung und Emotionen weiter und besser hervortreten lässt. Félix Delep ist definitiv ein spannender Zeichner, der viel für die Zukunft verspricht.


Fazit

Dreiviertel der Geschichte über das Schloss der Tiere aus der Feder von Xavier Dorison und dem Zeichenstift von Félix Delep sind nun erzählt und Schloss der Tiere bleibt eine faszinierende und kluge Erzählung über Diktaturen, Revolutionen, Macht und das menschliche Zusammenleben.


Pro & Contra

+ wichtige und aktuelle Themen
+ spricht unbequeme Wahrheiten an
+ ausdrucksstarke Zeichnungen

Bewertung: sterne5

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


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