Verlag: Klett-Cotta; (November 2022)
Gebundene Ausgabe: 432 Seiten; 28 €
ISBN-13: 978-3-608-98700-3
Genre: Fantasy
Klappentext
Die Chronik des Zweiten Zeitalters von Mittelerde
Die Vorgeschichte von Der Herr der Ringe
Eine Insel aus längst vergangenen Tagen, die zwischen Mittelerde und dem Reich der göttlichen Valar liegt. Eine Geschichte über Menschen und Elben und eine Macht, die böser ist als alles andere. Die Sehnsucht nach Unsterblichkeit, die in den Untergang führt. Und die große Verführung durch die Ringe der Macht, die im Geheimen geschmiedet wurden.
Mit zahlreichen Illustrationen des berühmten Tolkien-Künstlers Alan Lee.
Rezension
Zu Beginn des Zweiten Zeitalters erreichen die Edain Númenor. Es ist ein Geschenk der Valar und lange Zeit halten sie diesen und den Elben die Treue. Aber ein Schatten liegt auf Númenor, denn den Menschen ist es verboten, nach Westen zu segeln. Dieser Weg steht nur den Unsterblichen offen. Und lange Zeit halten sich die Númenorer und ihre Nachfahren an dieses Gebot. Aber mit den Jahren werden sie mächtiger, weiser und vor allem gieriger. Und so nimmt das Schicksal seinen Lauf. In Mittelerde wandeln sie sich von Helfern zu grausamen Herrschern und schließlich fallen sie Sauron anheim. Und damit ist ihr Untergang besiegelt. Nur eine kleine Gruppe Elbenfreunde, die sich aktiv gegen die Anbetung von Melkor wendet, überlebt und aus ihren Reihen soll im Dritten Zeitalter ein neuer König kommen und im Kapmf gegen Sauron eine wichtige Rolle spielen.
J.R.R. Tolkien hat mit Der Herr Der Ringe unbestritten einen der einflussreichsten Fantasyromane überhaupt geschrieben. Und früh war bereits bekannt, nicht zuletzt durch die Anhänge in seinem bekanntesten Roman, dass Mittelerde eine noch viel reichhaltigere Geschichte besitzt und alles im Herrn der Ringe in der Vergangenheit der Welt seine Wurzeln hat. Denn Tolkien hatte als großes Ziel eine komplette Welt und ihre Geschichte zu erschaffen und demgemäß vieles durchdacht, bevor er überhaupt mit der Geschichte des Ringkrieges begann. Er hat die Geschichte Mittelerdes in drei Zeitalter eingeteilt. In Der Untergang von Númenor werden hauptsächlich die Ereignisse des Zweiten Zeitalters komprimiert dargestellt. Passend natürlich zur Serie eines großen Streaminganbieters, Die Ringe der Macht. Denn in dieser muss es zwangsläufig auch um Númenor gehen, schließlich sind es Nachfahren dieses Volkes, die im Kampf gegen Sauron entscheidend eingreifen.
Wer sich nun inspiriert durch die Serie, näher mit der geheimnisvollen Insel und ihrer Geschichte beschäftigen will, steht allerdings normalerweise vor einem Problem. Zwar hat Christopher Tolkien all die Notizen und Geschichtenentwürfe, die im Laufe der Zeit von seinem Vater geschrieben wurden, editiert und in mehreren Bänden veröffentlicht, trotzdem gab es bisher keine gebündelte Sammlung der Texte zu Númenor. Brian Sibley hat als Herausgeber nun diese Aufgabe übernommen. Und die dürfte nicht gerade gering gewesen sein, schließlich hat er sich praktisch mit jeder Quelle, die er finden konnte, beschäftigen müssen, um die Quintessenz der Geschichte zu finden und zusammenzustellen.
Herausgekommen ist dabei nun ein Band, der die gesamte Geschichte der Númenorer darstellt und damit gleichzeitig einen kurzen Abriss über das Zweite Zeitalter und den Kampf gegen Sauron gibt.
Allerdings ist Der Untergang von Númenor kein klassischer Roman. Wer darauf hofft, einem Protagonisten oder einer Gruppe folgen zu können, wird enttäuscht werden. Es werden über 3000 Jahre abgedeckt und damit eine Zeitspanne, die selbst für einen langlebigen Menschen zu groß ist. Und so liest sich das Buch auch mehr wie ein Sachtext, den man in einem Geschichtsbuch finden könnte. Zumindest zum Großteil. Hin und wieder gibt es eine wirkliche Erzählung in dem von Tolkien gewohnten Stil, aber dies ist nicht der bestimmende Teil. Ironischerweise dürften Serienfans, die erst wegen Die Ringe der Macht zu diesem Buch greifen, am ehesten enttäuscht sein oder sich zumindest verwundert die Augen reiben. Denn nichts von den Ereignissen in diesem Buch, findet sich so in der Serie wieder.
Als groben Aufbau des Buches hat Brian Sibley Jahreszahlen zu Ereignissen genommen, dadurch ist es möglich direkt zu einer für einen interessanten Stelle zu springen, was Der Untergang von Númenor auf jeden Fall bereits zu einem guten Nachschlagewerk macht. So gesehen, hat er alles richtig gemacht, zumal er die einzelnen Texte miteinander verbindet. Allerdings verlässt er sich nicht nur auf die Ereignisse, sondern gerade am Beginn bremst er alles aus, indem er sich nach der Ankunft in Númenor erst einmal lange damit aufhält, sich über Flora und Fauna, Sitten und Gebräuche und Geographie der Insel auszulassen. Im Anhang hätte sich dies eindeutig besser gemacht und hätte den Lesefluss nicht gestört.
Ebenso gibt es immer wieder abgesetzte Einschübe, die manchmal etwas stören und Anmerkungen von Christopher Tolkien oder J.R.R. Tolkien zum Text beinhalten.
Zudem gibt es eine große Masse an Anmerkungen, durch die mit Zahlen im Text verwiesen wird und die im Anhang gesammelt sind. Diese sind nicht immer wesentlich, zeigen aber, wie akribisch die Tolkiens und Brian Sibley gewesen sind.
Verdelt wird der Band jedoch durch Alan Lees Kunst. Die hochwertigen Farbtafeln sind wie immer ein Genuss und seine Bleistiftvignetten bereichern das Buch ungemein. Sie besitzen eine Ausdruckskraft, die dem Text, da er mehr an einen Sachtext erinnert, häufig fehlt. Alan Lee zeigt hier mal wieder seine Liebe zu Tolkiens Werk.
Außerdem beinhaltet das Buch eine herausnehmbare Faltkarte von Mittelerde auf der auch Umbar abgebildet ist, ein Lesebändchen, das sich in diesem Fall als äußerst praktisch erweist und auf dem vordern und hinteren Vorsatz wurden die Karten von Númenor und Mittelerde abgedruckt.
Ganz besonders sollen aber auch die Kapitel zu The Lost Road, einem Roman, den J.R.R. Tolkien bereits vor Der Herr der Ringe teilweise verfasste und in dem es auch um Atlantis (Númenor) gehen sollte, erwähnt werden. Denn sie geben einen interessanten Einblick in Tolkiens Arbeitsweise und Absichten in Bezug auf den Rest seines Werkes.
Fazit
Wer einen Roman sucht, wird hier nicht fündig, dafür ist der Text zu sachlich geschrieben. Wer aber gebündelt die Geschichte Númenors lesen möchte, sollte zugreifen. Der Untergang von Númenor wurde mit kleineren Schwächen von Brian Sibley sehr gut zusammengestellt und bietet Tolkienfans nicht nur durch die Karten und erst recht durch Alan Lees Zeichnungen, sondern auch durch den gebündelten Überblick über die Geschichte Númenors einen Mehrwert.
Pro & Contra
+ die Geschichte Númenors liegt in einem Buch vor
+ viele Anmerkungen
+ Kapitel von The Lost Road
0 mehr für Tolkienfans als für Neuleser oder Ringe der Macht-Fans
0 Lesefluss wird immer wieder durch Einschübe unterbrochen
Bewertungen:
Charaktere: 4/5
Handlung: 4/5
Lesespaß: 4/5
Zeichnungen: 5/5
Preis/Leistung: 4/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln von J.R.R. Tolkien:
Rezension zu Die Legende von Sigurd und Gudrún
Rezension zu Das große Hobbit Buch mit Anmerkungen von Douglas A. Anderson
Rezension zu Der Herr der Ringe mit Illustrationen von Alan Lee
Rezension zu Der Hobbit mit Illustrationen von Alan Lee
Literatopia-Links zu weiteren Titeln zu Der Hobbit: