Kalubs End - Outlaws in Space (Elea Brandt)

 

Plan 9 (März 2023)
Taschenbuch, 473 Seiten, 16,00 EUR
ISBN: 978-3-948700-81-2

Genre: Space Western / Space Opera


Klappentext

Verfolgungsjagden im All, aufregende Coups und knallharte Verhandlungen – für Ex-Schmuggler Leyo gehört dieses Leben der Vergangenheit an. Seiner Familie zuliebe verdingt er sich auf dem heruntergekommenen Planeten Ranun als Barmann und träumt von der guten alten Zeit. Doch dann geht ein allerletzter Coup sagenhaft schief und auf einmal stecken Leyo und seine Familie mitten in einem Machtkampf um Politik und Ressourcen, bei dem nicht weniger auf dem Spiel steht als die Rettung ihres Planeten.


Rezension

Kalubs End ist ein heruntergekommenes Kaff am Ende der Welt beziehungsweise des ausgebeuteten Planeten Ranun. Einst brachte der Vicariumabbau Wohlstand, doch die Minen sind erschöpft und es wäre Wahnsinn, in tieferen Schichten zu bohren. Der Raubbau hat das Klima von Ranun verändert, es ist zu warm und zu trocken und auf den kargen Feldern rund um Kalubs End wächst zu wenig. Trotzdem haben sich Leyo und seine beiden Partnerpersonen ein bescheidenes Leben dort aufgebaut, weil Amjan als Distriktverwalter eingesetzt wurde. Nun ist ihre gemeinsame Frau Liska schwanger und Leyo hat dem turbulenten und oft gefährlichen Schmugglerdasein abgeschworen. Er arbeitet in einer Bar, schlägt sich mit Betrunkenen herum und langweilt sich dabei zu Tode. Entsprechend leicht lässt er sich für einen letzten, sehr lukrativen Auftrag ködern und tappt in eine Falle. Um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, soll er für einen Verbrecherboss arbeiten. Währenddessen entdeckt Amjan, dass sich in der stillgelegten Vicariummine etwas tut ...

"Kalubs End" ist der erste Band des Space Western "Outlaws in Space" und spielt überwiegend auf dem heruntergewirtschafteten Planeten Ranun. Der Vicariumabbau hat zu einer Klimaveränderung geführt, wobei Parallelen zum Klimawandel auf der Erde offensichtlich sind. Auch hier interessieren sich die, die die aus Vicarium gewonnene Energie nutzen, kaum für die verheerenden Folgen des Abbaus. Zu viele mächtige Menschen verdienen zu viel Geld mit dem Rohstoff, als dass sie ihr Handeln überdenken würden, und dem Rest ist es schlicht egal, solange es nicht um den eigenen Planeten geht. Umweltministerin Erim Sariz will den Vicariumabbau und die damit einhergehende Zerstörung der Umwelt beenden und setzt auf Solartechnologie, doch die engagierte und idealistische junge Frau muss schmerzhaft erfahren, mit welch unfairen und schmutzigen Methoden in der Politik gekämpft wird. So befindet sie sich mitten in einer Krise, als ihre jüngere Schwester Trish bei ihr aufschlägt und mit ihrer jugendlichen Rebellion Chaos verbreitet. Trish leidet noch mehr als Erim unter den hohen Erwartungen ihrer mächtigen Eltern und will die Schule abbrechen. Erim hat weder Zeit noch Nerven für Trish und will sie wegschicken, doch schließlich erkennt sie deren große Not.

Auch Leyo verbreitet Chaos und hält seine kleine Familie auf Trab. Er hätte Karriere bei den alliierten intergalaktischen Streitkräften machen können, doch sein ADHS ist inkompatibel mit den dortigen Strukturen. Als talentierter und risikofreudiger junger Mann war er der perfekte Schmuggler, doch die Langeweile in Kalubs End hat ihn einrosten lassen und so fällt er erschreckend leicht auf einen ominösen Auftrag herein. In der ersten Romanhälfte lässt sich schwer nachvollziehen, warum er sich für Liska und Amjan zusammenreißen und im heruntergekommenen Kalubs End leben will. Die Handlung konzentriert sich zunächst stark auf Leyo, während Liska und Amjan blass bleiben. Man lernt die beiden erst später näher kennen und schätzen und kann dann auch Leyos enge Bindung zu ihnen nachvollziehen. Liska hätte eine großartige Ingeneurin werden können, wenn sie die finanziellen Mittel für eine Ausbildung gehabt hätte. Stattdessen hat sie Geld mit illegalen Rennen verdient und schraubt nun in ihrer kleinen Werkstatt herum. Sie ist so lebhaft wie Leyo, wähend Amjan der Ruhepol in der Dreierbeziehung ist. Amjan ist nicht-binär, nutzt die Pronomen ser/sem, und arbeitet für ALIS. Ser sieht durchaus den schlechten Zustand von Ranun und dass der Planet der Regierung egal ist, doch ein Teil von ihm glaubt immer noch daran, dass es bei ALIS auch gute Leute gibt. Wenn Leyo und Liska die Nerven durchgehen, bewahrt Amjan (zumindest äußerlich) Ruhe. Zudem hat ser ein unfassbar gutes Gespür dafür, was Leyo und Liska gerade brauchen.

Im Kern geht es in "Kalubs End" vor allem um familiäre und freundschaftliche Beziehungen - und um Solidarität. Kalubs End ist zwar ein richtiges Drecksloch mit jeder Menge Probleme, aber im Ernstfall halten die Bewohner zusammen und kümmern sich umeinander, insbesondere während des dramatischen Finales. Leyo und seine Partnerpersonen sind hier verwurzelt, Liskas Eltern leben dort, ebenso Leyos Ex-Frau und sein Teenagersohn Sami. Die Handlung konzentriert sich stark auf den respektvollen Umgang miteinander, wobei nicht immer alles glatt läuft und auch mal gestritten wird. Nicht jeder reagiert immer richtig, doch die meisten Figuren reflektieren ihre Handlungen und bemühen sich, ihre Fehler zu korrigieren. Daneben gibt es unter den Antagonisten ein paar recht eindimensionale Charaktere, die nur ihren eigenen Profit im Sinn haben und sogar ihre eigenen Kinder und Enkel in Gefahr bringen. Manche überraschen jedoch auch und zeigen, dass sie mehr können, als Unruhe stiften. Thematisiert werden auch Erims Probleme mit ihrem Gewicht, worunter ihr Selbstbewusstsein leidet. 

Die Science-Fiction-Elemente in "Kalubs End" wirken, als wären verschiedene populäre SF-Serien und -Filme vermischt worden. Auf die futuristischen Technologien wird kaum näher eingegangen, es gibt Raumschiffe und Sprungtore - und unterschiedliche Alienspezies, die als Parahumanoide bezeichnet werden. Diese sieht man gelegentlich im Hintergrund, während sich die Handlung auf Menschen konzentriert. Vielleicht wird man im zweiten Band "Phönix" mehr Parahumanoide sehen, doch hier in "Kalubs End" sind es zu wenige, um eine wirklich vielseitige intergalaktische Gesellschaft zu zeigen. Insgesamt wirken die SF-Elemente nicht ganz stimmig und es fehlt an kreativen Details, die die Zukunft lebendig zeichnen. Der Alltag der Figuren ist zu nah an unserer Realität, sodass sich viele Szenen nicht wie SF anfühlen, abgesehen von stimmungsvollen Besuchen auf einem Raumschifffriedhof oder einer turbulenten Verfolgungsjagd im All. Die "Outlaws" sind zudem relativ zahm - ja, sie brechen Gesetze, aber Leyo stellt sich dabei anfangs unglaubwürdig ungeschickt an und später sind er und auch Liska einfach viel zu nett. "Kalubs End" dürfte so manchen Leser*innen zu soft sein, andere werden genau das schätzen. Dennoch: Dafür, dass Ranun so ein heruntergekommener Planet ist, mangelt es an Dreck. 


Fazit

"Kalubs End" ist ein unterhaltsamer Space Western, der den Fokus auf zwischenmenschliche Beziehungen und insbesondere den respektvollen Umgang innerhalb der (Wahl-)Familie legt. Dazu gibt es Kapitalismuskritik und Parallelen zum Klimawandel, die manchmal zu plakativ sind, aber gut demonstrieren, wie menschliche Gier und Ignoranz zu Umweltkatastrophen führen. Der Auftakt der "Outlaws in Space" ist insgesamt zu zahm, liefert jedoch ein hochdramatisches, cineastisches Finale und verspricht Spannung für den zweiten Band. 


Pro & Contra

+ unterhaltsamer Space Western mit Umweltthemen
+ Leyo ist ein echter Sympathieträger
+ thematisiert unterschiedlichste zwischenmenschliche Probleme und zeigt oft respektvolle Lösungen
+ Amjan und Liska zeigen in der zweiten Romanhälfte, was in ihnen steckt
+ diverser Figurencast 
+ Zusammenhalt und Solidarität in Kalubs End
+ cooles, stimmungsvolles Cover

- Liska und Amjan sind anfangs zu blass
- in groben Zügen vorhersehbar / teils zu plakativ
- zu wenig SF-Elemente / Parahumanoide spielen kaum eine Rolle

Wertungsterne3.5

Handlung: 3/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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Tags: Elea Brandt, Space Western, SF-Autorinnen, Climate Fiction, Heist, queere Figuren, deutschsprachige SF, Found Family, trans Figuren