Die Totenkopfrepublik (Vincent Brugeas, Ronan Toulhoat)

Totenkopfrepublik

Verlag: Splitter; (Januar 2023)
Gebundene Ausgabe: Seiten; 35 €
ISBN-13: 978-3-96792-373-5

Genre: Abenteuer/ Piraten


Klappentext

Lieber frei mit der Schlinge um den Hals sterben
als mit Ketten an den Händen leben.


Rezension

1718. Das goldene Zeitalter der Piraterie steht kurz vor seinem Ende. Kapitän Sylla und seine Mannschaft wissen dies natürlich nicht, aber bald werden sie zu gnadenlos Gejagten. Zuvor kapern sie allerdings noch ein Schiff und dort treffen sie auf Sklaven, die mit ihrer Königin aus Afrika in die Neue Welt gebracht werden sollten. Auch diese schließen sich Sylla an und die kleine Flotte der Piraten wird um ein Schiff erweitert. Zunächst sieht es aber noch gut für die Piraten aus. Bis Nassau fällt und sie einen neuen Unterschlupf brauchen. Den scheinen sie an der Küste Afrikas zu finden, wo sie eine neue, gerechte Gesellschaft aufbauen wollen. Doch dieser Traum könnte eine Nummer zu groß sein.

Piraten gab es seit der Antike und auch heute noch treiben sie auf den Meeren ihr Unwesen. Die Goldene Zeit der Piraterie war anfangs des 18. Jahrhunderts, als es sogar eine Republik der Piraten, deren Hauptsitz Nassau auf New Providence war, gab. Diese Zeit hat das Bild der Piraterie in der Wahrnehmung der Masse geprägt und beeinflusst. Egal ob es die romantische Vorstellung, wie bei Fluch der Karibik oder die Die Schatzinsel, ist, oder eine dämonische in anderen Filmen und Büchern.
Und in genau dieser Zeit lassen Vincent Brugeas und Ronan Toulhoat ihren Comic Die Totenkopfrepublik spielen. Und entgegen der Erwartungen ist dieser nicht einfach nur ein Spiel mit Klischees oder ein großes Abenteuer. Beides kommt selbstverständlich nicht zu kurz, jedoch setzen sie sich ebenso mit aktuellen Themen auseinander und stellen die Piraten als das dar, was sie zumindest zum Teil wohl auch waren. Nämlich als einfache Arbeiter, die gegen das System, welches sie ausbeutet, ankämpfen. Und damit standen und stehen sie auch für jeden, der sich dem Raubtierkapitalismus entgegenstellt. Diese Botschaft tritt immer wieder klar hervor. Allerdings werden die Piraten in Die Totekopfrepublik nicht alle positiv und mit den gleichen Werten versehen gezeigt. Gemein ist dem Großteil, dass sie ihre persönliche Freiheit lieben, worin sie sich dann jedoch unterscheiden, ist ihre Einstellung gegenüber der Sklaverei und dem System, das dahinter steht. Maryam ist hier ein gutes Beispiel, die, sobald sie sich von ihren Fesseln befreit hat, ebenso nach Macht und Geld giert, wie ihre vorherigen Peiniger. Sie wurde von dem System korrumpiert. Wobei bei ihr auch eine große Portion Rachedurst hinzukommt, der fast noch eine größere Rolle spielt. Die Charaktere werden sehr ausdifferenziert und komplex gestaltet. Keiner ist hier nur gut oder nur böse. Kapitän Sylla ist im Prinzip ein charismatischer Hochstapler und Menschenfänger, der Marquis wohlüberlegt und zurückhaltend, jedoch ein fürchterlicher Kämpfer und der Erzähler Olivier de Vannes vielleicht der fähigste und gleichzeitig unsicherste und friedliebenste der Charaktere. Jede wichtige Figur hat viele Facetten und bietet Autor und Zeichner die Möglichkeit ein interessantes Beziehungsgeflecht aufzubauen, aus dem so mancher Konflikt auch an Bord entsteht. Und auch wenn die positiven Eindrücke über Piraten am Ende überwiegen, so werden dann ebenso die Schattenseiten der Piraterie schonungslos dargestellt. Gut und Böse liegen dann eben doch nahe beieinander.
Und auf diese Weise verknüpft Die Totenkopfrepublik eine Abenteuergeschichte, mit tieferliegenden Themen, wie die Frage nach der Faszination für Piraten, der Darstellung ihrer Gesellschaft und aktuellen Themen, wie einem liberalen Kapitalismus. Und statt dabei in Klischees zu verfallen, langweilig und trocken zu werden, liest sich Die Totenkopfrepublik so weg. Die Geschichte von Kapitän Sylla, Maryam und Olivier ist einfach packend.

Ronan Toulhoats Zeichnungen sind bunt und ungeheuer kraftvoll. Die Hauptfiguren setzt er jeden auf eine eigene Art und Weise in Szene, so dass deren Charakter auf den ersten Blick erkennbar ist. Die Schlachtszenen besitzen eine große Wucht, die ohne Worte auskommt. Seine Bilder beeindrucken und fesseln. Und da ist es dann auch nicht wichtig, dass nichts alles bis ins Detail vorlagengetreu abgebildet wird. Er will gar nicht Schiffe oder Dinge bis ins Letzte genau zeichnen, sondern sie mit seiner Art bestmöglich mit der Handlung verknüpfen und damit Wort und Bild zu einer Einheit werden lassen. Und das gelingt ihm vollkommen.

Abgerundet wird Die Totenkopfrepublik durch ein Vorwort und ein Nachwort. Im Vorwort gehen die Autoren Vincent Brugeas und Ronan Toulhoat darauf ein, wie sie selbst die Piraten der Zeit sehen und warum sie aus ihrer Sicht immer noch so faszinieren und wichtig sind. Sie schlagen dabei eine Brücke zur heutigen Zeit, die nicht von der Hand zu weisen ist und dabei auch ein Aufruf dazu ist, sich gewisser Dinge in unserer Gesellschaft bewusst zu werden.
Das Nachwort von Fadi El Hage gibt eine kurze historische Einordnung von Die Totenkopfrepublik und den Grundlagen der Geschichte. Darüber hinaus geht es in El Hages Beitrag ebenso darum, warum Piraten immer aktuell bleiben und was sie in der kollektiven Wahrnehmung so anziehend macht und machte.
Sowohl Vor- als auch Nachwort sind lesenswert und setzen den Comic ins richtige Licht.


Fazit

Die Totenkopfrepublik ist ein Comic, der einerseits einen Blick darauf wirft, warum Piraten so einnehmend sind und gleichzeitig aktuelle Entwicklungen mithilfe des Blickes zurück kritisiert und Piraten menschlich zeigt und nicht glorifiziert. Dies ist nicht nur ein oberflächlicher Abenteuercomic, sondern er regt ebenso zum Nachdenken an.


Pro & Contra

+ guter Abenteuercomic mit Subtext
+ differenziert erzählt
+ zeigt die hellen und die dunklen Seiten der Piraterie
+ kraftvolle Bilder
+ Art der Erzählung mit einrahmenden Logbucheinträgen

Bewertung: sterne4.5

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Vincent Brugeas und Ronan Toulhoat:

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