Spirou & Fantasio Gesamtausgabe Bd.16: 1992 – 1999 (Tome & Janry)

spirou und fantasio gesamtausgabe 16

Verlag: Carlsen; (Januar 2023)
Gebundene Ausgabe: 224 Seiten; 34 €
ISBN-13: 978-3-551-71636-1

Genre: Humor/ Abenteuer


Klappentext

Nach vierzehn Alben und siebzehn Jahren, in denen sie die Leserschaft durch die Welt von Spirou und Fantasio führten, treffen Tome und Janry die Entscheidung, das Zepter weiterzureichen.
Sie haben die Serie nicht nur weiterentwickelt, sondern sie auch zu einem der Verlagserfolge der 1990er-Jahre gemacht. Dies gelang ihnen, indem sie moderne Abenteuer schufen, ohne die über fünfzigjährige Tradition von Spirou und Fantasio zu negieren. Sie betrachteten es als Notwendigkeit, die Serie, die im Begriff war einzuschlafen, immer wieder wachzurütteln. Mit dem Album „Jagd auf Spirou“ gelang ihnen das ein letztes Mal bravourös.


Rezension

Tome und Janry hörten nach siebzehn Jahren 1999 mit der Arbeit an Spirou und Fantasio auf. Ursachen dafür gab es ein paar. Da war Der kleine Spirou, den sie kreiert und etabliert hatten und der mittlerweile der Hauptserie den Rang abgelaufen hatte, eine gewisse Müdigkeit und das Gefühl eingeengt zu sein und dann das von ihnen verfasst letzte Album Jagd auf Spirou, das ein Neuanfang sein sollte und aus all ihren Alben herausragt. Früher umstritten, ist dieses Album im Nachhinein betrachtet vielleicht eines der Wichtigsten.
Bevor dieses Album erschien, kamen aber noch zwei andere. Ein Dorf sieht schwarz und Mafia, Mädchen und Moneten.

Ein Dorf sieht schwarz

Spirou und Fantasio machen beim Grafen in Rummelsdorf Urlaub. Die Ruhe wird aber bald gestört, als der Graf ein Päckchen von einem Freund bekommt, in dem sich ein neuer seltsamer Pilz befindet. Dessen Eigenschaften wirbeln das Dorf kräftig durcheinander. Denn durch ein Experiment des Grafen, haben einige Dorfbewohner plötzlich eine schwarze Hautfarbe und das Chaos bricht aus. Vor allem da sich auch noch ein alter Bekannter im Dorf aufhält.
Tomes Plan sah zunächst vor, eine Geschichte über Rassismus und die Apartheid zu schreiben. Bei einem Aufenthalt in Südafrika stellte er aber schnell fest, dass die Situation dort schlimmer war, als er sich hatte vorstellen können und er sich nicht in der Lage sah, daraus ein humorvolles Abenteuer zu machen. Stattdessen beschloss er vor der eigenen Haustür zu kehren und so schrieb er eine Geschichte in der Spirou und seine Freunde im verschlafenen Nest Rummelsdorf die Hautfarbe wechseln und so selbst Vorurteile und Ungerechtigkeiten erfahren müssen. Gerade gegen Ende ist Ein Dorf sieht schwarz eine bitterböse Karikatur. Tome und Janry kommentieren in diesem Album unser Selbstverständnis und entlarven sehr gut die Überheblichkeit, die entsteht, wenn man sich mit einem Thema nicht auseinandersetzen muss und trotzdem etwas dazu sagen will. Dennoch ist Ein Dorf sieht schwarz nicht schwer oder humorlos. Tome schafft es, dass seine Geschichte zu einem gewissen, angemessenen Maße leichtfüßig daherkommt und extrem lustig ist. Und wenn jemanden das Lachen im Halse stecken bleibt, dürfte er sein Ziel erreicht haben.

Mafia, Mädchen und Moneten

Vito Cortizone hat in New York Probleme. Die Mafia gerät immer mehr in Bedrängnis, denn die Triaden haben eine neue Geheimwaffe – Lotusblüte, eine wunderschöne Frau, die jeden Mann bezirzen kann und so immer wieder Vito seine Leute abspenstig macht oder beeinflusst.
Eine Lösung muss schnell her und Vito hat eine geniale Idee. Er will Spirou engagieren, notfalls gegen seinen Willen. Denn Spirou ist ein bekannter Junggeselle, der bisher jeder Frau widerstanden hat.
Der Originaltitel macht das Thema dieses Spirou-Abenteuers noch deutlicher, Luna Fatale. Bis dahin war Spirou eigentlich eine asexuelle Figur, in den Alben kamen sogar nur selten Frauen vor. Tome und Janry hatten allerdings bereits bei Der Kleine Spirou die Möglichkeit genutzt, etwas freizügiger zu agieren und wollten dies nun auch in der Hauptserie und so muss sich Spirou diverser Frauen erwehren und dies ist wirklich urkomisch. Auch der Rest des Abenteuers rund um die Mafia und die Tiraden hat Hand und Fuß und ist ebenso lustig. Mafia, Mädchen und Moneten ist vielleicht inhaltlich etwas dünner als sein direkter Vorgänger, dafür aber auch leichter und echt lustig.

Jagd auf Spirou

Fantasio geht auf Reisen und deswegen springt Spirou für ihn ein, als sich Steffani meldet. Es geht um ein Labor, in dem merkwürdige Dinge vor sich gehen. Spirou willigt ein, dort verdeckt zu ermitteln. Er gibt sich als Probant für neue Medikamente aus. So weit so gut. Doch dann wacht er nachts im strömenden Regen auf der Straße auf. Was passiert ist, weiß er nicht so recht. Seine Erinnerungen sind bruchstückhaft. Das ist jedoch nicht das Schlimmste. Dubiose Gestalten und schließlich sogar die Polizei machen Jagd auf ihn und sie schießen, um zu töten.
Jagd auf Spirou ist ein mutiges Album, welches seiner Zeit voraus war. Tome und Janry wollten alles überholte, was Spirou unattraktiv auf neue Leser wirken lassen könnte, abwerfen und durch etwas frisches ersetzen. Und das gelingt ihnen furios. Angefangen beim realistischeren Ansatz bei den Zeichnungen, über die rasante Inszenierung, der wirklich tödlichen Gefahr, bis hin zum kaum vorhandenen Humor und dem interessanten Thema, welches nach wie vor aktuell ist. Denn die Frage, was einen Menschen oder besser ein Lebewesen ausmacht, wird immer zu den großen Fragen gehören. Nicht umsonst lautet der Originaltitel übersetzt „Die Maschine, die träumt“. Eine Anspielung, die auf einen wichtigen Roman Philip K. Dicks verweist. Und wie der Film, der auf dem Roman basierte, kommt auch Jagd auf Spirou erst verspätet zu ehren. Bei Erscheinen wurde er nicht so gut aufgenommen. Jagd auf Spirou ist ein furioser Thriller, bei dem der Leser lange Zeit genau wie Spirou im Dunkeln tappt.

Zorglub à Cuba/ Spirou in Kuba

Nach Jagd auf Spirou machten sich Tome und Janry an die Arbeit für ein weiteres Abenteuer des Pagen. Leider brachen sie es nach acht Seiten ab und danach waren sie für die Hauptserie von Spirou und Fantasio nicht mehr tätig. Und das ist wirklich zu bedauern. Diese acht Seiten zeigen den Auftakt eines Abenteuers, welches unheimlich gut hätte werden können, wenn die weiteren Seiten das Niveau gehalten hätten. Zeichner und Autor widmen sich einem ähnlichen Thema wie Matrix und das zu einem Zeitpunkt, als der Film noch gar nicht in den Kinos war. Sie bleiben also thematisch dem Vorgänger treu. Es ist erneut ein Science Fiction-Abenteuer, welches interessante Fragen stellt. Gleichzeitig bringen sie mit Zyklotrop einen alten Gegner zurück und drehen den radikalen Wandel, den sie in Jagd auf Spirou durchführten, etwas zurück. Die Zeichnungen werden wieder stilisierter und es gibt auch Anzeichen, dass wieder etwas mehr Humor einzieht. Spirou in Kuba hätte ihr bestes Album werden können, so weit dies bis hierhin abzusehen ist.

Der redaktionelle Teil im letzten Band der Gesamtausgabe mit Geschichten aus der Feder von Tome und Janry ist wie gewohnt umfangreich ausgefallen und spart dabei zum Glück nicht die Schwierigkeiten aus, unter denen sie teilweise entstanden.


Fazit

Bei ihren letzten Alben für Spirou trumpfen Tome und Janry noch einmal auf. Ein Dorf sieht schwarz ist leider heute noch aktuell, ebenso aktuell ist das hochspannende Jagd auf Spirou. Und der Humor kommt dann auch nicht zu kurz. Alles in allem ist dieser Band ein gelungener Abschied von diesem Team, bevor dann mit dem 17. Band der Gesamtausgabe das nächste Team antritt. Dies hat aber große Fußstapfen auszufüllen.


Pro & Contra

+ wichtige Themen
+ sehr lustig, wenn möglich
+ Jagd auf Spirou ist ein erstklassiger Thriller
+ sehr gut zusammengestellter redaktioneller Teil

Bewertung: sterne4.5

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Humor: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


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