Blacksad – Die gesammelten Fälle (Juan Diaz Canales, Juanjo Guarnido)

Blacksad

Verlag: Carlsen; (Februar 2023)
Gebundene Ausgabe: 308 Seiten; 50 €
ISBN-13: 978-3-551-74574-3

Genre: Hardboiled/ Krimi


Rezension

John Blacksad ist Privatschnüffler im New York der 40er/50er Jahre. Der lakonisch, zynisch und scheinbar desillusionierte Kriegsveteran stolpert immer wieder in neue Fälle rein und bekommt im Verlauf seiner Ermittlungen mehr als einmal erhebliche Schwierigkeiten. Dabei legt er sich mit allem und jedem an. Egal, ob Polizisten, Rassisten, Geschäftsleute, Spione oder einfache Verbrecher. Sie alle sind vor ihm nicht sicher. An seiner Seite stehen dabei Weekly, ein Sensationsreporter, und der Polizist Smirnov, der ihm mehr als einmal dazu benutzt Gerechtigkeit zu erlangen, wo das Recht versagt. Das bedeutet auch, dass er wegsieht, falls sein Freund Blacksad gegen das Gesetz handelt.

Mit John Blacksad schicken Juan Diaz Canales und Juanjo Guarnido einen Privatschnüffler ins Rennen, der quasi ein Destillat des Hardboiled und Noir-Genres ist. Und was für eins!
Mit Blacksads lakonisch-zynischer und trotzdem empathischer Art, seinem moralischen Kompass und seiner Fähigkeit einzustecken und auszuteilen, ist er praktisch der Archetyp des hartgesottenen Detektivs. Humphrey Bogart und Co. lassen grüßen. Und wie die großen Vorbilder hat John Blacksad es mit den dreckigsten Verbrechen und den Abgründen der menschlichen Seele zu tun. Praktisch niemand ist in seiner Welt unschuldig. An seiner Seite stehen mit Weekly und Smirnov dann zwei Charaktere, die ebenso von den Seiten eines Romans von Raymond Chandler oder Dashiell Hammetts entsprungen sein könnten.
Blacksads Abenteuer sind dementsprechend sehr düster und hart. Die Aspekte des Hardboiled-Genres destillieren Autor und Zeichner bereits im ersten Album Irgendwo zwischen den Schatten zu einer perfekten Erzählung. Und obwohl auch die weiteren Alben über Blacksad außergewöhnlich gut sind, ist es doch dieses Album, dass eben alles perfekt auf den Punkt bringt. Besser geht es eigentlich nicht mehr. Es ist einfach brillant, wie Canales und Guarnido hier erzählen, die Charaktere gestalten und Atmosphäre und Rhythmus erzeugen, so dass alles ideal aufeinander abgestimmt ist. Canales und Guarnido verbinden Charaktereigenschaften mit dem Aussehen der Charaktere und können so Charakterzüge deutlicher hervortreten lassen oder auch konterkarieren. Sie arbeiten die Natur der Protagonisten und ihre Situation sehr gut heraus.

Dennoch sind wie erwähnt, auch die weiteren Fälle sehr lesenswert und Blacksad – Die gesammelten Fälle bietet in seiner Neuauflage die Gelegenheit dazu. Neben den fünf Alben sind dann auch zwei Kurzgeschichten enthalten, in denen Autor und Zeichner Blacksads Charakter etwas weiter ausgestalten. Dazu kommen noch Skizzen und Entwürfe der Charaktere.

Irgendwo zwischen den Schatten

Blacksads ehemalige Geliebte, die Schauspielerin Natalia, eine Katze, wurde ermordet. Smirnov erhofft sich Hinweise von Blacksad. Der hat Natalia schon sehr lange nicht mehr gesehen. Trotzdem beginnt John Blacksad zu ermitteln und stellt schnell fest, dass es gefährlich ist, Fragen zu stellen. Denn die Spuren führen in Kreise mit politischen Verbindungen. Am Ende sieht selbst Smirnov keine andere Möglichkeit als Blacksad freie Hand zu lassen und ihm Rückendeckung zu geben - auch wenn es bedeutet, ein Verbrechen zu vertuschen.
Was für ein Auftakt in die Reihe! Jedes Panel, jede Seite atmet die Atmosphäre des Hardboiled-Genres. Die Stadt ist hier dreckig und verkommen und der Fall extrem spannend. Besser geht es einfach nicht!

Arctic Nation

Ein Mädchen verschwindet in einem heruntergekommenen Viertel und seine Lehrerin engagiert John Blacksad, um sie zu finden. Der stößt während seiner Ermittlungen nicht nur auf den Reporter Weekly, der schon bald sein Freund ist, sondern auch auf die rassistische Gruppierung Arctic Nation, deren Anführer und zunächst auf eine Mauer des Schweigens. Zunächst scheint es „nur“ um Rassenhass zu gehen, aber dahinter stößt John Blacksad auf eine Familientragödie.
Das Thema Rassismus wird hier gut umgesetzt und dient trotzdem nur dazu, um eine tragische Familiengeschichte zu erzählen, die ein mehr als bitteres Ende besitzt. Weekly ist zum ersten Mal an der Seite von Blacksad und erweist sich sofort als wertvolle Ergänzung. Auch Arctic Nation ist unheimlich gut erzählt und wäre nicht Irgendwo zwischen den Schatten, müsste man die Geschichte als perfekt bezeichnen.

Rote Seele

Es ist die Zeit der McCarthy-Ära und das Klima ist in den USA vergiftet. Blacksad trifft auf eine Gruppierung von kritischen Wissenschaftlern und Künstlern, die vom erzkonversativen Senator Gallo verfolgt werden. John Blacksad verliebt sich in die Schriftstellerin Alma. Darüber hinaus muss er feststellen, dass sein alter Freund Professor Liebber einst der NSDAP angehörte und nun Geheimnisse an die Sowjets verraten will.
Spionage, alte Freunde, die nicht die sind, die sie scheinen, und eine Frau, der Blacksad verfällt. In Rote Seele kommt Blacksad kaum zur Ruhe. Die Atmosphäre der McCarthy-Ära wird gut eingefangen, aber vor allem das tragische Ende bleibt im Gedächtnis. Rote Seele ist nicht ganz so stark wie seine Vorgänger, jedoch immer noch sehr gut.

Die Stille der Hölle

In der schwülen Hitze und den Blues-Clubs New Orleans versucht John Blacksad einen Musiker, einem drogenabhängigen, behinderten Hund, zu finden, der wie kein anderer Klavier spielen kann. Blacksad und Weekly stoßen auf allerlei zwielichtige Gestalten, nicht zuletzt den Sohn ihres Auftraggebers, dem Musikproduzenten Faust.
Blacksad taucht in die Musikszene New Orleans ein und aus den Bildern fließt der Blues.

Amarillo

Pleite wie er ist, nimmt John Blacksad den Auftrag an, ein Auto für seinen Besitzer quer durch die USA zu fahren. Als es ihm gestohlen wird, rutscht er in einen Mordfall hinein. Als einer der beiden Diebe, den anderen erschießt und in dem Auto deponiert, bekommt Blacksad Ärger mit zwei Polizisten, die ihn von einem früheren Fall kennen. Zusätzlich trifft er auf einen schmierigen Anwalt und muss bei seiner Schwester in New Mexico vorbeischauen.
Blacksads Roadtrip ist genauso spannend, wie seine anderen Fällen, auch wenn er dieses Mal vor noch schwereren moralischen Entscheidungen steht als je zuvor. Die Nebencharaktere spielen eine wichtige Rolle und geben Einblicke in eine ganz eigene Welt und Gesellschaft.

Juan Diaz Canales liefert die Vorlage mit seinen Geschichten und wie er sie schreibt und Juanjo Guarnido verwandelt Blacksad endgültig in einen Volltreffer. Was er hier auf die Seiten zaubert, ist einfach unfassbar gut. Jeder Strich, jede Linie sitzt perfekt. Er gestaltet das USA der 40er/50er bis ins kleinste Detail genau und erschafft so eine Atmosphäre für Blacksads Fälle, die ihres gleichen sucht. Zudem weiß er mit Licht und Schatten und Perspektiven umzugehen und kann so den Krimis in entscheidenden Momenten, die richtige Wirkung verleihen. Dazu trägt auch die Entscheidung bei, alle handelnden Personen als Tiere darzustellen. Dadurch gelingt es Juanjo Guarnido, deren Wesen auf den Punkt einzufangen. Er überlässt nichts dem Zufall, selbst die Farbgestaltung ist auf jeden einzelnen Fall absolut perfekt abgestimmt. Blacksad ist zeichnerisch nichts anderes als ein Meisterwerk und wird es auch in kommenden Jahren bleiben. Nicht umsonst ist die Reihe über John Blacksad bereits ein moderner Klassiker, und das vollkommen zurecht.


Fazit

Blacksad ist eine Ausnahmeerscheinung. Vom ersten Buchstaben bis zum letzten Strich passt hier alles zusammen. John Blacksad ist einer der härtesten und besten Ermittler und seine Fälle hochspannend und mit interessanten Themen. Um es auf den Punkt zu bringen: Kaufen, lesen und genießen!


Pro & Contra

+ Inhalt und Zeichnungen verschmelzen zu einem perfekten Hardboiledkrimi
+ interessante Charaktere und Themen
+ hart und dreckig
+ zeichnerische und erzählerische Gestaltung

Bewertung: sterne5

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5