Plastikefeu hält sich gut (Tristan Lánstad)

epubli / Selfpublishing (2023)
Taschenbuch, 308 Seiten, 15,99 EUR
ISBN: 978-3757536237

Genre:  queere Romance


Klappentext

Kevin „Kay“ Holzmanns Job als Personenschützer ist durch die Corona-Pandemie nicht einfacher geworden. Dass ausgerechnet der lokal bekannte Virologe Marian Engel ihn anheuern will, erscheint Kay wie ein Glückstreffer. Der mutmaßliche Stalker, der Engel verfolgt, scheint mehr ein Ärgernis als eine akute Bedrohung zu sein. Ein einfacher Job, reichliche Bezahlung – was könnte Kay mehr wollen?

Wäre da nicht die Sympathie, die sich zwischen den zwei Männern entwickelt und ihre berufliche Beziehung in Gefahr bringt. Bald schon fällt es Kay schwer, seine Gefühle für Marian zu verbergen. Aber wie soll er mit ihnen umgehen, wenn sich Marians Verfolger als weniger harmlos herausstellen, als sie beide angenommen haben…?


Rezension

Kay hat sich als Personenschützer selbstständig gemacht und der Auftrag des aus dem Fernsehen bekannten Virologen Marian Engel kommt ihm gerade recht. Der erste Eindruck seines neuen Auftraggebers ist positiv, er ist freundlich, aufmerksam und weiß genau, was er braucht. Und er ist ziemlich attraktiv. Eigentlich hätten hier bei Kay die Alarmglocken schrillen sollen, doch er braucht den Auftrag und stundenweise Personenschutz bei Terminen klingt nach einem gut planbaren Job. Marian erhält schon längere Zeit Drohbriefe von Coronaleugnern, hat ihnen jedoch nicht viel Bedeutung beigemessen. Doch der Ton der Briefe wurde zunehmend bedrohlicher und sie enthielten immer mehr Details, so, als würde ihn jemand verfolgen. Schließlich rüttelte mitten in der Nacht jemand an seiner Tür. Kay nimmt Marians Fall ernst, doch er ahnt nicht, wie dramatisch sich die Situation entwickeln wird - und dass seine Gefühle die Zusammenarbeit bald unmöglich machen ...

"Plastikefeu hält sich gut" ist eine queere Romanze mit einem sich langsam zuspitzenden Thrillerplot und Themenschwerpunkten auf der Corona-Pandemie und BDSM. Der Klappentext macht deutlich, was die Leser*innen erwarten dürfen, und so ist natürlich abzusehen, dass sich die Protagonisten früher oder später annähern. Interessant ist der Weg dorthin und der ist für Kay ein Drahtseilakt, denn einerseits fühlt er sich von Marian angezogen und andererseits will er die berufliche Distanz wahren. Als selbstständiger Personenschützer muss er auf seinen Ruf achten und das Verführen von Kunden würde sich schlecht darauf auswirken. Zudem ist er unsicher, ob seine Gefühle erwidert werden. Marian scheint mit ihm zu flirten, doch Kay fragt sich stets, ob er da nicht zu viel hineininterpretiert. Da er auf die berufliche Distanz achtet, stößt er Marian immer wieder unabsichtlich weg, und man möchte sich zwischenzeitlich die Haare raufen, weil die beiden nicht zu erkennen scheinen, was da zwischen ihnen ist. 

Kay ist ein großer, breiter Kerl, der auf seine Umgebung und Mitmenschen achtet. Er ist bisexuell, sehr sensibel und ihm fällt wahnsinnig viel auf, während er neben Marian durch die Straßen geht. Seine Sensibilität hat er sich für seinen Beruf zu Nutze gemacht. Vor allem erkennt Kay schnell, was andere gerade brauchen. Nur bei seinen eigenen Gefühlen herrscht Chaos, weil ihm einerseits schnell klar ist, dass er sich in Marian verknallt hat, es aber andererseits nicht wahrhaben will. Rat sucht er bei seinen beiden besten und ebenfalls queeren Freund*innen. Zusammen sind die drei sehr amüsant und es ist schön zu lesen, wie respektvoll sie miteinander umgehen und dass sie ihre Macken akzeptieren. Bei Marian lernt man nur einen engeren Freund kennen. Ansonsten lebt er relativ zurückgezogen in seiner schicken Wohnung voller Pflanzen. Marian ist trans und pansexuell, hat eine unglückliche Beziehung hinter sich, will darüber aber nicht sprechen. Zudem belasten ihn die Drohbriefe zunehmend. Dennoch erkennt man ebenso schnell seinen durchaus selbstbewussten, aufgeräumten und fürsorglichen Charakter.

Auf der Erotikebene ist BDSM ein wichtiges Thema. Kay fällt schnell auf, das Marian weiß, was er will und seine Wünsche manchmal auffallend deutlich zum Ausdruck bringt - was Kay ziemlich anmacht. Auch als er zufällig erfährt, auf was Marian steht, ist er mehr interessiert, als er von sich selbst gedacht hätte. Die Leserschaft kommt schließlich in den Genuss heißer Sexszenen mit Dominanz, Schmerzen und vor allem Konsens. Es ist erfrischend zu lesen, wie gut die beiden Männer miteinander kommunizieren und dass es keineswegs unsexy ist, wenn man nachfragt, ob alles okay ist. Auch beschreibt der Autor den Sex mit einem trans Mann sensibel, offen und verdammt heiß, die Szenen machen einfach Spaß. Auch der Humor kommt nicht zu kurz, denn gerade Kay reagiert zunehmend ungeschickt, als er sich seiner Gefühle bewusst wird. Ungeschickt in der Kommunikation und ungeschickt in Marians Wohnung, wo ihm mehrere Pflanzen zum Opfer fallen. Eine versuchte Wiedergutmachung wird zum Lacher des Romans.

Die Romanhandlung spielt während einer schwierigen Phase in der Corona-Pandemie, als sich immer größere Infektionswellen aufbauen, die Menschen aber zunehmend pandemiemüde sind und Verschwörungstheorien um sich greifen. Tristan Lánstad schildert den Pandemiealltag überwiegend aus Sicht von Menschen, die das Virus ernst und Rücksicht aufeinander nehmen. Für Kay ist das Masketragen selbstverständlich und er zeigt Marian bereitwillig seine aktuellen Tests. Auch im Freundes- und Bekanntenkreis der beiden gibt es überwiegend rücksichtsvolle Menschen, die den Infektionsschutz ernst nehmen. Das ist angenehm zu lesen, vor allem, weil alles beiläufig geschildert wird, die Schutzmaßnahmen sind schlicht Alltag. Natürlich gibt auch Nebenfiguren, bei denen die Maske unter der Nase hängt oder die die Gefährlichkeit des Virus in Frage stellen. Und es sind Coronaleugner, die Marian das Leben zur Hölle machen - wobei der Autor hier noch so manche Überraschung parat hat und das Freund-Fein-Schema aufbricht.

Der Thrillerplot baut sich langsam auf und kann anfangs dadurch überzeugen, dass er erschreckend realistisch wirkt. Doch je mehr er sich zuspitzt, umso mehr greift der Autor auf Klischees zurück und die sich entfaltende Romantik wird jäh unterbrochen. Es bleibt einfach zu wenig Zeit, um die dramatischen Ereignisse und Verbrechen richtig aufzuarbeiten.  Die Motivation des Antagonstin ist Neid und Gier und er ist recht platt geraten. Doch am Ende überrascht Tristan Lánstad mit einer Wendung, die sich zwar leise angekündigt hat und dennoch unerwartet kommt. So bekommt der Thrillerplot noch eine angenehme Komplexität, dennoch bleibt das letzte Drittel für eine Romance zu gehetzt und dramatisch.  


Fazit

"Plastikefeu hält sich gut" ist eine herzerwärmende, humorvolle und sexy Romance mit zwei hinreißenden queeren Männern. Vor allem Kay schließt man mit seiner sensiblen und aufrichtigen Art schnell ins Herz. Tristan Lánstad unterhält seine Leserschaft bestens und die tolle Figurendynamik sowie Star-Trek-Anspielungen machen so manches Klischee im Thrillerplot wett.


Pro & Contra

+ supersympathischer Protagonist im Gefühlschaos
+ Love Interest mit vielschichtiger Persönlichkeit
+ wholesome, humorvoll und sexy geschrieben
+ anfangs erschreckend realistischer Thrillerplot mit Drohkulisse
+ Kays beste Freund*innen
+ heiße Sexszenen mit Schmerz und Konsens
+ offene und respektvolle Kommunikation der Protagonisten
+ tolles Cover, das Lust auf den Roman macht

- zu wenig Raum für den zunehmend klischeebehafteten Thrillerplot
- die Annäherung braucht etwas zu lange

Wertung: sterne4

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


Interview mit Tristan Lánstad (2023)

Tags: queere Figuren, Corona, BDSM, trans Figuren, Romance, Bodyguard-Romance