tredition (2023)
Taschenbuch, 200 Seiten, 12,00 EUR
ISBN: 978-3-347-83952-6
Genre: Urban Fantasy
Klappentext
Josina leidet weiter unter der Horror-Kombination aus Burn-out und Liebeskummer. Während sie tagsüber versucht, Remy aus dem Kopf zu bekommen und sich für das Liebesglück ihrer besten Freundin zu freuen, ist sie nur nachts in ihren Träumen stark und tatkräftig. Als Schwarze Träumerin setzt sie in der germanischen Asenwelt alles daran, den EINEN zu retten. Doch die Gemeinschaft ihrer Gefährten ist zerschlagen, und ein dämonischer Pakt bedroht die WELT. Nacht für Nacht begreift Josina besser, wie eng ihre Träume mit der Realität verknüpft sind. Und wie sehr ihre eigene Welt bedroht ist vom Untergang Asenwelt ...
In „Die Schwarze Träumerin“ begann Josinas Reise in die WELT der Asen. Hier in „Nicht schon wieder Ragnarök“ findet die Geschichte ihr Ende.
Rezension
"Nicht schon wieder Ragnarök" führt die Ereignisse aus "Die Schwarze Träumerin" nahtlos fort, entsprechend macht es keinen Sinn, dieses Buch zu lesen, wenn man den ersten Band der Dilogie nicht gelesen hat. Wer dies nocht nicht getan hat, sei darauf hingewiesen, dass diese Rezension zwangsweise Spoiler für "Die Schwarze Träumerin" enthält.
Josina haben ihr Burnout und Liebeskummer aus der Hölle stark zugesetzt. Noch dazu musste sie sich in ihren Träumen machtgierigen Asen entgegenstellen. Gemeinsam mit dem Feuerriesen Surt und seinen Gefährt*innen hat sie für eine neue Welt gekämpft. Doch dann wurden sie verraten und Surt in den "Gap Gunninga" gestürzt, ohne zuvor die Seele des Urriesen Ymir zurückholen zu können. Surt ist jedoch nicht tot. Er fällt lange Zeit, wobei Josina ihm Gesellschaft leistet, während sie träumt. Ihre Bindung zueinander wird stärker, doch dann verschwindet Surt plötzlich. Was Josina nicht weiß: Er betritt ihre Welt, im Körper eines anderen, mit dem Josina sich anfreundet. Während Josina in ihren Träumen nach Surt sucht und nicht ahnt, dass er längst bei ihr ist, erwartet ihre beste Freundin Kamille ein Dämonenbaby, das wahnsinnig schnell in ihrem Bauch heranwächst ...
Bereits in "Die Schwarze Träumerin" ging vieles zu schnell, vor allem im letzten Romandrittel, und in "Nicht schon wieder Ragnarök" setzt sich dies fort. Patricia Eckermann führt eine Reihe neuer, spannender Figuren ein, für deren Vorstellung und Entwicklung jedoch kaum Zeit bleibt. Da wäre vor allem Armin, der unter Panikattacken leidet und den Surts Anwesenheit in seinem Geist stark verunsichert. Armin freundet sich mit Josina an und die beiden spüren eine besondere Verbindung, doch das geht alles so schnell, dass man die intensive freundschaftliche Nähe kaum nachvollziehen kann. Der Berserker, ein Eisriese und Surts Vetter, erhält Unterstützung von der Kriegerin Thökk, einer taffen Frau, die die Richtung vorgibt und dem Berserker neuen Mut verleiht. Und in die er sich verliebt. Doch auch für diese Romanze bleibt zu wenig Zeit und so sympathisch Thökk ist und so gut sie sich in die Gruppe fügt, man hat kaum Gelegenheit, sie wirklich kennen zu lernen. Etwas besser ist es mit Shane, Kamilles Freund, der nach langer Abwesenheit zurückgekehrt ist - und der in Wahrheit ein Dämon ist, der Josina nun zur Seite steht.
Josinas Love Interest Remy verblasst dagegen zur unliebsamen Nebenfigur. Auch er spielt eine Rolle im Fantasyteil und wird zu einem Gegenspieler, doch der Weg dahin ist holprig und unglaubwürdig. Patricia Eckermann hat dieses dünne Buch mit Handlung regelrecht vollgestopft, es passiert wahnsinnig viel und vieles davon außerhalb der Romanhandlung zwischen den Kapiteln, sodass man zwar versteht, was gerade passiert, aber emotional nicht mitkommt. Da sind zu viele Figuren auf zu wenigen Seiten unterwegs, die meisten davon durchaus interessant und sympathisch, aber sie haben keinen Raum, sich zu entwickeln und zu überraschen. Auch die Rückkehr des Verräters zur Held*innengruppe wird zu knapp geschildert und die anderen Figuren begnügen sich damit, dass es die Prophezeiung so will. In der realen Welt findet die Autorin hingegen phantastische Gründe für das seltsam distanzierte Verhalten von Remy, die ebenfalls kaum überzeugen. Da wurde für den gewünschten Verlauf der Handlung einiges zurechtgebogen und für die phantastischen Elemente teils pseudowissenschaftliche Erklärungen herangezogen, die sich nicht gut in die Geschichte fügen.
Wie auch im ersten Band ist eine große Stärke des Romans der respektvolle und unterstützende Umgang vieler Figuren miteinander. Josina hat mit Kamille eine wirklich supergute Freundin an ihrer Seite und Shane fügt sich in diese Freundschaft wunderbar ein. Josinas Befürchtungen, durch das Baby an Bedeutung zu verlieren, bestätigt sich nicht, im Gegenteil. Die Freundinnen wachsen stärker zusammen, auch, weil Kamille jetzt durch Shane selbst ein Teil der phantastischen Ereignisse ist. Man wundert sich ein wenig, wie selbstverständlich Kamille akzeptiert, dass ihr Freund ein Dämon ist, aber hier akzeptieren nahezu alle Figuren das Phantastische schnell. Einzig Armin hadert mit Surt in seinem Kopf, doch dafür, dass er unter Panikattacken leidet, kommt er dann doch erstaunlich gut mit der Situation klar. Positiv fällt auch Armins Liebe zu seiner besten Freundin, einer trans Frau, auf - nur bleibt auch für diese Beziehung kaum Zeit. Josina hat zusätzlich in Surts Welt eine Gruppe von Gefährt*innen, denen sie vertrauen kann und mit denen sie sich stark fühlt.
Das Finale gestaltet sich ähnlich wie im ersten Band sehr turbulent, wobei die Leser*innen dieses Mal auch Action in der für sie realen Welt erleben. Schauplatz ist wieder der Kölner Dom, der Ursprung zahlreicher Erdbeben in den vergangenen Wochen war - spürbare Auswirkungen der dramatischen Zuspitzung in der Anderswelt. Auch wenn der Titel "Nicht schon wieder Ragnarök" lautet, bekommt man den Mond Ragnarök nicht mehr zu Gesicht. Im zweiten Band erfährt man noch weniger als im ersten über die nordische Fantasywelt, es gibt nur wenige Schauplätze, die wie blasse Kulissen wirken. Für die, die sich in der nordischen Mythologie etwas auskennen, werden die Erwähnungen bestimmter Namen und Ortnamen reichen, um sich ein Bild zu machen. Für alle anderen könnte es hingegen schwer werden, sich die Welt der Eis- und Feuerriesen vorzustellen.
Fazit
"Nicht schon wieder Ragnarök" erzählt die Geschichte aus "Die Schwarze Träumerin" nahtlos weiter und dieses Mal geht alles noch schneller, während gleich mehrere neue und spannende Figuren hinzukommen. Patricia Eckermann hat viele coole Ideen für ihre nordische Fantasywelt, die mit unserer verbunden ist, doch in der Kürze können sich diese kaum entfalten.
Pro & Contra
+ originelle Interpretation nordischer Mythen
+ spannende neue Nebenfiguren
+ Shane und Kamille sind ein süßes Paar
+ Josina überzeugt nach wie vor als taffe, angeschlagene Protagonistin
+ Josina überwindet ihren Burnout und findet Kraft bei ihren Freund*innen
+ unterhaltsam und empowernd geschrieben
- zu hohes Erzähltempo und schwaches Worldbuildung
- zu viel passiert außerhalb der Romanhandlung / Handlung teils zurechtgebogen
- neue Figuren haben kaum Raum, sich zu entfalten
- eindimensionale Antagonisten
Wertung:
Handlung: 2,5/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5