Liebe Leser*innen,
und schon ist er wieder vorbei, der Buchmesse Convent, das phantastische Familientreffen, zu dem man mich vor sieben Jahren noch überreden musste - weil ich noch nicht wirklich Teil dieser Familie war. Unsere damalige Redaktion war auf der Frankfurter Buchmesse vertreten, ich war dort mit meinen Kolleginnen unterwegs, die kein Interesse am BuCon hatten. Phantastische Bekanntschaften haben mich immer wieder gebeten, doch mal auf dem BuCon vorbeizuschauen, also bin ich 2016 das erste Mal nach Dreieich inklusive Problemen bei der Anfahrt. Es hat mir dann überraschend gut gefallen, auch wenn ich mich bei meinen Bekanntschaften verkrochen habe. Der große Saal war gerade einmal bis zur Hälfte mit Ständen gefühlt und alles war sehr übersichtlich. Nicht alle der Verlage, die damals einen Stand hatten, gibt es heute noch ... 2019 war der BuCon dann schon deutlich größer, es gab viele neue Stände, ich kannte mehr Leute und war auf der legendären Lesung aus "Wasteland" von Judith und Christian Vogt, die mit James A. Sullivan zusammen eine brutal unterhaltsame Szene mit einem Kampf auf einem Schaufelradbagger vorgetragen hatten. Diesen BuCon habe ich mit Eva Bergschneider darüber gesprochen, dass wir diese Lesung hätten aufzeichnen müssen, verdammt!
Nach der Coronapause war der BuCon letztes Jahr schon eine richtige Kleinverlagsmesse mit einem umfangreichen und tollen Programm - es war fast schon zu viel. Und, naja, dieses Jahr war es tatsächlich zu viel von allem - zu viele Menschen, zu viele Panels und Lesungen, zu viele Stände im großen Saal und im Foyer. Nachmittags postete das BuCon-Team auf Instagram, dass Lena Falkenhagen die 1000ste Besucherin an diesem Tag war, Besucherrekord! Das ist toll und ich freue mich für all die, die einen Stand hatten und die gut verkauft haben. Zumindest habe ich von vielen gehört, dass sie sehr zufrieden sind oder auch, dass es "phantastisch lief". Allerdings wurde mir auch erzählt, dass manche fast gar nichts verkauft hätten. Ich wollte eigentlich an viel mehr Ständen vorbeischauen, wollte viel mehr Leuten Hallo sagen, aber es hat nur für zwei schnelle Runden durch den großen Saal gereicht. Dazwischen Panels und Lesungen - und Luft schnappen! Ich war tatsächlich sehr viel draußen, was dank mildem Wetter auch angenehm war, und habe mit Leuten gequatscht, die ich schon länger kenne oder das erste Mal live gesehen habe. Das ist auch das, was den BuCon für mich ausmacht: Leute treffen, die man sonst nur online sieht, mal in Ruhe quatschen, herumhören, was sich in der Szene so tut, wo die Schuhe drücken und was andere gerade begeistert.
Mein Tag begann mit dem Anblick einer langen Schlange, die auf Einlass wartete, was ich so auf dem BuCon noch nicht gesehen habe. Dank guter Organisation ging es zügig voran und drinnen hat mich die Masse an Menschen und Ständen erschlagen. Wow! Letztes Jahr gab es auch viele Stände, aber nicht ganz so viele und vor allem nicht so viele Besucher*innen, die dazwischen herumwuselten. Ich schob mich zwischen den Massen schnell zum Gemeinschaftsstand des Eridanus Verlags und des Weltenportals durch, um Christoph Grimm zu begrüßen - okay, sind wir ehrlich, ich wollte das "Die Prinzessinnen"-Sonderheft von Christian Endres, das es auf der FBM gab, abstauben (die Weltenportalcrew hatte ein paar Exemplare mitgebracht). Und natürlich Christoph Grimm begrüßen! ;) Eigentlich wollte ich auch ein bisschen mit ihm quatschen, aber ich kam den ganzen Tag nicht mehr wirklich dazu, habe aber immerhin abends noch bei ihm "Stille zwischen den Sternen" von Sven Haupt ergattert (dessen jüngste Bücher mich sehr begeistert haben).
Zweite Tat des Tages: Ab zum Amrûn-Verlag und die 11te Ausgabe der Queer*Welten schnappen, dann weiter zum Piper-Verlagspanel, von dem ich mir mehr Ausblick auf 2024 erhofft hatte. Aber es ging überwiegend um das aktuelle Herbstprogramm und Eva Bergschneider, die ich dort zu treffen gehofft hatte, war nicht da. Die Verlagsmitarbeiterin, mit der ich mich treffen wollte, habe ich auch verpasst, aber dafür nach dem Panel Eva draußen gefunden, ebenso N. Jakob und Jol Rosenberg, die sich von dem Trubel drinnen etwas erholten. Nach einem netten Gespräch ging es weiter zum Weltenbau-Panel mit James A. Sullivan, Anika Beer und Leni Wambach. Die drei haben jeweils aus ihren Büchern gelesen, es wurden ein paar Fragen von der Piperlektorin gestellt und dann war das Panel auch schon viel zu schnell vorbei. Immerhin hatten sie eine Stunde, aber mit drei Autor*innen war auch diese etwas knapp. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Aussage von James A. Sullivan, dass seine "Chroniken von Beskadur" nicht wie allzu oft auf eine glorreiche und reine Vergangenheit schauen, die wiederhergestellt werden soll, sondern sich auf eine gute Zukunft richten. Die Vergangenheit hier ist dunkel und leidvoll, doch die Elfen haben eine neue Heimat gefunden und nun geht es darum, in dieser Heimat eine lebenswerte, bessere Zukunft zu schaffen. Das beschreibt die Fantasy-Dilogie wirklich gut.
Danach gab es wieder etwas frische Luft und schon ging es weiter zur Lesung von Aiki Mira aus "Neongrau - Game Over im Neurosubstrat" und "Neurobiest". Aikis Lesung war sehr atmosphärisch, was natürlich an den großartigen Texten lag, aber auch an der Art, wie diese vorgetragen wurden. Ich kannte beide Bücher bereits und dennoch haben mich die Szenen nochmals richtig in den Bann gezogen. Die Lesung war auch sehr gut besucht - und wir wurden quasi nach den 30 min rausgeworfen, weil die nächsten in den Raum wollten. Das gehört natürlich zu einer guten Organisation, dass darauf geachtet wird, dass niemand überzieht und alles durcheinander kommt, aber 30 min sind doch recht knapp für Lesung plus Fragen. Letztere bleiben da auf der Strecke. Abends war ich noch bei der Lesung von Iva Moor aus "Die Alchemie des Träumens" und da blieb für Fragen leider keine Zeit mehr, da die Autorin sich mit der Zeit etwas verschätzt hatte. Man hätte ihr aber gerne noch länger zugehört.
Relativ spontan ging ich zur Buchvorstellung von "Königsgift" - ein Gemeinschaftswerk von zehn Autor*innen, von denen sechs auf dem BuCon waren. Und da Swantje Niemann und Alessandra Reß auch da waren, habe ich reingeschaut. Momentan lese ich sehr wenig Fantasy, entsprechend ist das Interesse am Buch bei mir nicht so groß, aber das Panel war dennoch sehr spannend, da man sechs verschiedene Blickwinkel auf das Projekt hatte. Die Idee zum Buch stammt von Bernhard Stäber, der früher "Das Geheimnis der orangefarbenen Katze" gelesen hat - ein Roman von 10 Autoren. So etwas wollte er auch schreiben, allerdings mit fünf Autoren und fünf Autorinnen, die jeweils ein Kapitel des Buches schreiben. Jedes Kapitel bietet besondere Herausforderungen, es muss alles am Ende ein stimmiges Bild ergeben. Am schwersten hatte es Theresa Hannig, die das letzte Kapitel geschrieben hat und alle Handlungsfäden zu einem sinnvollen Ganzen verknüpfen musste. Eine Aufgabe, für die es erst keine Lösung zu geben schien, ehe die "Magie des Schreibens" alles in die richtigen Bahnen gelenkt hat und Theresa am Ende doch großen Spaß hatte. "Königsgift" ist letztlich eine Geschichte über das Geschichtenerzählen geworden und es war eine große Freude, den sechs Autor*innen zuzuhören!
Am Nachmittag begab ich mit Eva Bergschneider auf Nahrungssuche und auf dem Weg zu den Pommes sind wir immer wieder steckengeblieben, weil wir Bekannte getroffen haben. Irgendwann haben wir es dann doch zu den Pommes inklusive überteuerten Getränken (Veranstaltung halt ...) geschafft und ich habe beim Mampfen netten Gesprächen gelauscht und spannende Infos aufgeschnappt, die ich noch nicht herumtratschen will. Sehr genossen habe ich auch das Gespräch mit Markus Mäurer und molosovsky, den ich leider am Abend wegen einer Lesung stehen lassen musste, obwohl wir gerade über Jugenddystopien diskutiert haben. Ich glaube, wir hätten uns noch stundenlang unterhalten können, aber dafür war dieser BuCon nicht gemacht. Ich habe einige Leute, die ich sehen wollte, nicht gesehen (Yvonne Tunnat, Ingrid Pointecker und Sandra Thoms zum Beispiel :( ), obwohl sie da waren. Aufgrund der Größe des Cons sind Parallelwelten entstanden, mehrere unterschiedliche Familien, die an einem Ort aneinander vorbei wuseln und wenig von den anderen mitbekommen. Das ist einerseits schön, dass der BuCon inzwischen mehr Menschen erreicht, dass viele Verlage und Selfpublisher*innen eigene Stände betreiben. Ich freue mich über die Vielfalt, aber finde, dass das BuCon-Team sich mit der Frage beschäftigen sollte, wie es weitergehen soll. Das Bürgerhaus in Dreieich wird noch mehr Besucher*innen schwer verkraften. Wenn es zum Beispiel nächstes Jahr regnen sollte, platzt die Bude. Und auch das Programm ist zu straff. Es ist an der Zeit, sich neue Konzepte zu überlegen, den BuCon auszuweiten, räumlich und zeitlich. Ich denke, dem BuCon-Team wird etwas einfallen, denn wie gesagt: Auch wenn alles zu viel war, war die Organisation aus meiner Sicht gelungen. Dennoch stößt der BuCon in dieser Form an Grenzen.
Der Tag endete für mich mit einem unerwarteten Wiedersehen mit Henning Mützlitz, den ich irgendwie den ganzen Tag verpasst und Jahre nicht gesehen habe. Wir standen im Foyer und haben noch etwas geplaudert, wobei wir mitbekommen haben, dass beim Lesewuth-Panel niemand mehr war. Viele waren schon auf dem Heimweg, viele schon beim Essen (ich habe immer wieder gehört, dass Tische für 18:30 / 19:00 Uhr reserviert sind) und der Rest war beim sehr gut besuchten Perry-Rhodan-Panel. Das ist bitter für die, die einen so späten Veranstaltungsslot bekommen. Es ist einerseits schön, dass man Autor*innen und Verlagen noch die Gelegenheit geben will, aber es macht nach 19:00 Uhr wenig Sinn. Besser wäre eine gemeinsame Abschlussveranstaltung, vielleicht eine Diskussionsrunde oder die Preisverleihung des BuCon-Ehrenpreises. Die fand dieses Mal sehr unglamourös zwischen Panels statt. Da Andreas Brandhorst nicht da war, hat man seinen Preis der Piperlektorin schnell in die Hand gedrückt.
Als Zugabe gab es für mich die unterhaltsame Heimfahrt mit Klaus Frick, der mich wieder einmal sicher nach Karlsruhe zurückgebracht hat. Wir haben noch ein wenig über Science-Fiction-Klassiker und deutschsprachige Autor*innen gesprochen - und über alles mögliche. Dabei habe ich gemerkt, dass er einfach schon soooo viel mehr als ich gelesen hat und wir haben festgestellt, dass unsere Lebenszeit nicht reichen wird, um wirklich alle Bücher zu lesen, die wir lesen wollen. Und da sind die, von denen wir nichts wissen, noch gar nichts eingerechnet. Einerseits ist es schön, dass es so viel Lesestoff gibt, aber andererseits auch schade, wie viel man verpasst. Und so war es auch auf diesem BuCon, es gab viel Auswahl, wahnsinnig viele tolle Menschen, viele spannende Lesungen - und so viel, das man verpasst hat.
Wenn ihr euch fragt, wer auf den Fotos ist: Von oben nach unten seht ihr Leni Wambach und Anika Beer beim Piper-Weltenbau-Panel, darunter Aiki Mira beim Lesen, Iva Moor, die sichtlich Spaß hat, und Alessandra Reß mit Fabienne Siegmund. So, und jetzt teile ich noch ein paar Fotos auf Instagram und begebe ich mich auf die Suche nach anderen BuCon-Berichten :) ... viele von Euch haben sicher einen ganz anderen Tag erlebt als ich. Bis hoffentlich nächstes Jahr!
- Judith