Rostige Herzen Bd.1 – Debry, Cyrano und ich (Munuera, Beka)

rostige herzen 1

Verlag: Carlsen; (Mai 2023)
Gebundene Ausgabe: 72 Seiten; 18 €
ISBN-13: 978-3-551-79997-5

Genre: Steampunk


Klappentext

„Komm, Isea, folge mir! Wenn man traurig ist, muss man die Schönheit der Welt betrachten...“

In einer retrofuturistischen Welt dienen Roboter den Menschen.
Doch Isea hat zu ihrem Kindermädchenroboter Debry eine bessere Beziehung als zu ihrer eigenen, gefühlskalten Mutter.
Als Debry plötzlich verschwindet, bricht für das Mädchen eine Welt zusammen. Isea begibt sich auf eine fieberhafte Suche nach ihrem Mutterersatz, auf der sie die gewohnten Machtverhältnisse zwischen Menschen und Robotern hinterfragt und feststellt: Künstliche Intelligenz und Liebe schließen sich nicht aus.


Rezension

Iseas Mutter ist herrschsüchtig und kaltherzig, für ihre Tochter hat sie kein freundliches Wort übrig und am Liebsten beschäftigt sie sich auch nicht mit ihr. Dafür hat sie schließlich Debry, ihr treues Roboterkindermädchen und -haushälterin. Dementsprechend baut Isea eine tiefgehende Beziehung zu Debry auf, die immer mehr zu einem Mutterersatz für das Mädchen wird. Zudem hat sie in Tal eine gute Freundin gefunden, die ihr durch so manch schwierige Situation Zuhause hilft. Unter anderem hat sie ihr einen Film über Cyrano de Bergerac empfohlen. Als Debry verschwindet, erfährt Isea, dass ihre Mutter sie entlassen hat. Verzweifelt bricht Isea auf, um Debry zu suchen. Dabei begleitet sie Tilio und gemeinsam suchen sie den Ort Tulpa, in dem die Roboter frei leben können. Aber die Reise den Fluss entlang ist lang und ihre Mutter hat einen ganz besonderen Grund Isea einzufangen.

Was für eine märchenhafte, herzerwärmende Geschichte ist Rostige Herzen doch. Munuera und seine Partner, das Autorenduo Beka liefern hier eine Geschichte ab, die eine unglaubliche Tiefe besitzt und wichtige Fragen stellt und dabei noch die Klassiker der Literatur in Wort und Bild zitiert.
Und dabei entführen sie den Leser in eine auf den ersten Blick etwas seltsame Welt. Denn hier vermischen sich die Südstaaten der USA des 19. Jahrhunderts mit der Moderne. Es gibt Kutschen die von Robotern gelenkt werden, Schiefertafeln in der Schule, die Mode der Zeit, aber eben auch Projektionsbildschirme für Filme, die heute nicht existieren. Die Mixtur aus nostalgischen und futuristischen Ansätzen bringt eine sehr spezielle Steampunk-Atmosphäre hervor, die unglaublich gut zur Geschichte passt. Denn Munuera und Beka haben sich dazu entschieden Rostige Herzen eben einen der großen Klassiker der Literatur anzulehnen, zumindest in seiner Struktur. Die Geschichte ähnelt vom Reiseverlauf und manchen Charaktereigenschaften der Protagonisten an Mark Twains Huckleberry Finn. In beiden Geschichten flieht die Hauptfigur vor einem Elternteil und hat einen treuen Begleiter an seiner Seite, mit dem sie den Fluss befährt. Dabei trifft sie auf Rassismus und Sklaverei, bei Rostige Herzen in einer speziellen Form, und ihre Reise endet schließlich auf eine ganz bestimmte Art und Weise.
Aber Munuera und Beka kann man dennoch natürlich keine Einfallslosigkeit vorwerfen, sie nehmen das Beste Twains und nutzen dies um ihre eigene Geschichte zu erzählen und die ist mindestens genauso faszinierend, emotional und tragisch. Iseas und Debrys Beziehung ist äußerst liebevoll und so werfen die Autoren die Frage auf, ob Roboter auch etwas für Menschen empfinden können, wenn sie so hoch entwickelt sind wie Debry. Daraus ergeben sich natürlich weitere Fragen und diese werden in diesem ersten Teil von Rostige Herzen zumindest auch angerissen. Zudem lernt Isea noch vielmehr über das Leben. Sie erkennt, dass nicht alle Menschen gleich sind und man Hilfe an unerwarteten Orten finden kann, aber ebenso auch, wie grausam der Mensch sein kann. Rostige Herzen hat also sehr viel zu bieten und dennoch wirkt der Comic nicht belehrend, sondern er erzählt ein großes Abenteuer. Wer nur ein solches sucht, wird hier fündig, aber Rostige Herzen ist eben auch noch so viel mehr.

Damit Rostige Herzen so gut wirkt, wie es der Comic tut, braucht es aber auch jemanden, der genau weiß, wie solch eine Geschichte mit so vielen verschiedenen Elementen inszeniert werden muss. Und da ist Munuera praktisch unschlagbar. In die lange Reihe seiner visuell beeindruckenden Arbeiten reiht sich Rostige Herzen nahtlos ein. Scheinbar mühelos bringt er hier eine Welt aufs Papier, die eigentlich widersprüchlicher nicht sein könnte und dennoch wirkt sie vollkommen real und natürlich. Keins der modernen anachronistischen Elemente wirkt jemals störend. Ganz im Gegenteil fügt sich alles ein und hilft dabei die Geschichte auf genau die Art zu erzählen, wie sie erzählt werden muss. Für die Geschichte über die Suche eines Roboters nach Freiheit gibt es keinen besseren Hintergrund und diesen setzt Munuera optisch brillant um.


Fazit

Jose Luis Munuera ist eine Bank wenn es um phantastische, emotionale Geschichten mit märchenhaftem Einschlag geht. Egal ob Fraternity, Zauber, Das Zeichen des Mondes oder Die Campbells, immer setzt er die Geschichte in wunderschönen Bildern um. Das gilt auch für Rostige Herzen, umso mehr, da er wie bei Die Campbells zusammen mit Beka auch noch für die Geschichte verantwortlich ist. Und die ist ebenfalls richtig gut und tiefsinnig.


Pro & Contra

+ emotional und einfühlsam
+ starke Charaktere
+ spannendes Abenteuer

Bewertung: sterne5

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5